Wolfgang Amadeus Mozart

Konzert für Flöte und Orchester Nr. 2 D-Dur KV 314

Sätze

  • Allegro aperto

  • Andante ma non troppo

  • Allegro

Dauer

19 Min.

Entstehung

1778

Wolfgang Amadeus Mozart Beziehung zur Flöte war – um einer oft kolportierten Mär ihren kleinen Auftritt zu geben – von Herausforderungen geprägt. Just im Zusammenhang mit der Entstehung einiger Flötenwerke, darunter auch das heute aufgeführte KV 314, ließ sich Mozart in einem Brief an seinen Vater am 14. Februar 1778 zu jenen Worten hinreißen, die wohl der Ursprung für dieses Gerücht sein dürften: «Ich habe hier keine ruhige Stunde […] Zu allen Zeiten ist man auch nicht aufgelegt zum Arbeiten. Hinschmieren könnte ich freylich den ganzen Tag fort; aber so eine Sach kommt in die Welt hinaus und da will ich halt, daß ich mich nicht schämen darf, wenn mein Name darauf steht. Dann bin ich auch, wie Sie wissen, gleich stuff [Anm.: widerwillig], wenn ich immer für ein Instrument (das ich nicht leiden kann) schreiben soll.» In der Tat, so äußerte sich der 21-jährige Wolfgang über die Flöte. Und doch: Eine seiner berühmtesten Opern trug später den Titel «Zauberflöte» und maß der magischen Wirkung von Flötentönen überirdische Kräfte bei. Und Mozart schrieb in zahlreichen späten Werken (besonders in den letzten Klavierkonzerten) unglaublich schöne Solostellen für die Flöte – es ist erlaubt anzunehmen, dass sich seine Meinung über das Instrument im Lauf der Jahre änderte.

Doch zurück in die späten 1770er-Jahre, als Mozart noch in Salzburg beheimatet war und daran arbeitete, sich in Europa als Komponist vorzustellen und Kontakte zu knüpfen. Wir befinden uns in Mannheim, wo Mozart als Gast im Haus des bekannten Komponisten und Flötisten der berühmten Mannheimer Hofkapelle Johann Baptist Wendling logierte. Im Haus der Wendlings hatte Mozart die Bekanntschaft mit einem begüterten und musikbegeisterten Niederländer namens Ferdinand Dejean gemacht. Der hatte einige Jahre als Arzt der Vereinigten Ostindischen Kompanie in Batavia (Indonesien) verbracht, was ihm bei Mozart den Spitznamen «Indianer» einbrachte. Als weitgereister Musikfreund war Dejean zwar zu einigem Vermögen gekommen, seine virtuosen Fertigkeiten auf der Flöte waren jedoch bescheiden; womöglich schrieb Mozart auch deshalb nur mit wenig Lust an den Werken, die Dejean bei ihm in Auftrag gab.

Der Auftrag umfasste «3 kleine, leichte und kurze Concertln und ein Paar quattro auf die flötte», wie Mozart an Vater Leopold schrieb. Für den Auftrag wurden 200 Gulden als Honorar vereinbart. Weil Mozart aber nur zwei Konzerte (KV 313 und 314) sowie ein Quartett (KV 285) liefern konnte, erhielt er lediglich 96 Gulden. Und damit war es der Abstriche noch nicht genug: Eines der beiden Flötenkonzerte für Dejean war bereits ein Jahr zuvor in einer anderen Tonart, an einem anderen Ort, für einen anderen Solisten und obendrein für ein anderes Soloinstrument entstanden. Der Steckbrief lautet: Konzert für Oboe und Orchester C-Dur (KV 314), entstanden im Frühjahr oder Sommer 1777 für den neuen Oboisten der Salzburger Hofkapelle Giuseppe Ferlendis. Das Oboenkonzert führte Mozart im Gepäck mit sich, als er im Herbst nach Mannheim reiste. In einem Brief an Leopold Mozart schrieb Wolfgang über einen Musiker der Hofkapelle «… dessen Nammen ich nicht mehr weis, welcher aber recht gut bläst, und einen hübschen feinen ton hat. Ich habe ihm ein Praesent mit dem Hautbois Concert gemacht. Es wird im zimmer bey Cannabich abgeschrieben.» Später erinnerte sich Mozart wieder des Namens und rühmte in weiteren Briefen die Fähigkeiten Friedrich Ramms, der das Konzert allein bis Ende 1777 mehr als fünf mal spielte. Als kurz darauf der bereits vorgestellte Ferdinand Dejean seine Flötenwerke bei Mozart in Auftrag gab und die Zeit offenbar knapp wurde, ging Mozart also ein kleines Risiko ein, indem er das in Mannheim wahrscheinlich gut bekannte Oboenkonzert in nur minimal veränderter Form als Flötenkonzert lieferte. An dieser Stelle soll angemerkt sein, dass die Wiederverwendung von Kompositionen für andere Zwecke zu Mozarts Zeit eine übliche Praxis darstellte. Nachdem der Komponist am 15. Februar 1778 mit den Kollegen und Wendling nach Paris abreisen wollte, dürfte er unter großem Zeitdruck gehandelt haben und so lässt sich annehmen, dass Mozart das originale Flötenkonzert in G-Dur (KV 313) zuerst schrieb und, der Not gehorchend, noch vor der Abreise sein Oboenkonzert (um einen Ganzton nach oben transponiert) als zweites Flötenkonzert an Dejean lieferte.

In seinem Konzert für Flöte und Orchester D-Dur KV 314 greift Mozart auf einige bewährte Stilmittel zurück, die er bereits in anderen Instrumentalkonzerten angewandt hatte: Sangliche, einprägsame Themen und ein reizvolles Wechselspiel zwischen groß angelegten Tuttistellen und kammermusikalisch angelegten Stellen charakterisieren das Werk. Die Verwendung des bereits ein Jahr zuvor entstandenen Oboenkonzerts als buchstäbliche Blaupause war, wie bereits erwähnt, zu Mozarts Zeit ganz üblich. Zu bedenken ist auch, dass der individuelle Komponierstil für einzelne Instrumente damals noch nicht in vollem Umfang ausgereift war. Instrumentalkonzerte für Blasinstrumente waren sich in ihrer Konzeption grundsätzlich oft ähnlich und damit leichter austauschbar. Der Solopart des Holzblasinstruments schimmert auch insofern noch durch die Partitur des Konzerts KV 314, als die Flöte ihre hohe Lage nie ausnützt und stets im Tonumfang der Oboe bleibt.

Der erste Satz (Allegro aperto) eröffnet mit einer für die frühe Klassik typischen, anmutigen Einleitung. Durch Synkopen und Sekundvorhalte erhält die Musik eine drängende Kraft. Mit einem elegant-verspielten Thema eröffnet die Flöte das solistische Geschehen, das Seitenthema findet sich später wieder in der Klaviersonate C-Dur KV 545. Mit einer prägnanten Trillerfigur und einer absteigenden Dreiklangsbrechung stellt Mozart ein weiteres Thema für den Solopart vor, das im Wechselspiel mit Soloinstrumenten des Orchesters fortgesponnen wird. Die Durchführung ist kurz angelegt und bringt den Kopfsatz zu einem stimmigen Abschluss.

Erzählend und sanglich ist der langsame Satz (Andante ma non troppo) angelegt. Getragen erklingt das Hauptthema, bewegter das Thema des Seitensatzes. Nach alter Setzweise lässt Mozart im Trio nur die beiden Violinen die Flöte begleiten.Als Arie «Welche Wonne, welche Lust herrscht nunmehr in meiner Brust» des Blondchens in der «Entführung aus dem Serail» wurde das Thema des Rondo-Hauptsatzes (Allegro) später bekannt, wodurch das Flötenkonzert von der Atmosphäre in die Nähe des Singspiels und der Opera buffa rückt. Die ausgelassene Bewegung des Themas im 2/4-Takt erklingt auch in den Couplets: ein charmantes musikalisches Spiel, in dem Mozart auch Anklänge an das Hauptthema des Kopfsatzes versteckt.

© NÖ Tonkünstler Betriebsges.m.b.H. | Alexander Moore

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