Alberto Ginastera

Tänze aus dem Ballett «Estancia»

Sätze

  • Los trabajadores agrícolas (Die Landarbeiter)

  • Danza del trigo (Wetter-Tanz)

  • Los peones de hacienda (Die Viehtreiber)

  • Danza final (Malambo)

Dauer

12 Min.

Entstehung

1941

Alberto Ginastera, geboren 1916 in Buenos Aires und gestorben 1983 in Genf, gilt nicht von Ungefähr neben dem Brasilianer Heitor Villa-Lobos als der vielleicht bedeutendste und originellste Komponist Südamerikas im 20. Jahrhundert. Als Sohn einer italienischen Mutter und eines katalanischen Vaters bevorzugte der Argen-tinier übrigens zeitlebens die katalanische Aussprache seines Familiennamens (etwa: «Dschinastera» statt des spanischen «Chinastera»). Er studierte am Konservatorium von Buenos Aires, bevor er nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs einige Jahre in den USA verbrachte, wo er in Tanglewood bei Aaron Copland studierte. Nach Buenos Aires zurückgekehrt, machte er sich um das Musikleben seiner Heimat verdient und ging verschiedene Lehrverpflichtungen ein. Schließlich zog es Ginastera aber erneut in die Ferne: 1968 bis 1970 lebte er erneut in den USA, um sich zuletzt in Europa niederzulassen, woher seine Eltern ursprünglich gekommen waren. Sein Schaffen umfasst Werke in allen Gattungen – von drei Opern über Ballette und Orchesterwerke hin zu je zwei Klavier- und Cellokonzerten sowie je einem Konzert für Harfe und Violine, Chorwerken, Liedern, Kammer- und Solomusik für Klavier oder Orgel.

Ginasteras Bekanntheit jenseits eines «klassischen» Kernpublikums verdankt sich der britischen Gruppe Emerson, Lake & Palmer, die ja immer wieder Musik von Johann Sebastian Bach bis Friedrich Gulda für ihre Neuinterpretationen im Sinne des «Progressive Rock» herangezogen haben. Ihre 1973 erstellte Version des Finales aus Ginasteras Erstem Klavierkonzert (1961) stieß auf große Begeisterung beim Komponisten, der sinngemäß meinte, dass niemand bisher den Kern seiner Musik so genau getroffen hätte wie sie.

An seinem eigenen Schaffen nahm Ginastera drei Perioden wahr, die er mit den Schlagworten «Objektiver» und «Subjektiver Nationalismus» sowie «Neo-Expressionismus» bedachte. Etliche seiner bis heute populärsten Werke, etwa auch die heute auf dem Programm stehenden Tänze aus dem Ballett «Estancia», stammen aus der ersten Periode (etwa 1937 bis 1948), in der er die Volksmusik seiner Heimat auf unmittelbare Weise in seine Kompositionen einfließen ließ. Der Ballett-Impresario Lincoln Kirstein hatte 1936 die «American Ballet Caravan» gegründet, um jungen amerikanischen Choreographen Gelegenheit zu geben, den Tanz aus der klassischen russischen Tradition zu befreien und neue Themen und Ausdrucksgebiete zu erobern. Einer der großen Erfolge der Compagnie war 1938 Coplands «Billy the Kid» gewesen, in dem das Leben in der nordamerikanischen Prärie gefeiert wird. Kirstein beauftragte nun anlässlich einer Lateinamerika-Tournee Ginastera mit der Komposition eines Ballett-Einakters in fünf Szenen, der das argentinische Landleben zum Inhalt haben sollte. Die mit einer Choreographie von George Balanchine für New York geplante Uraufführung des noch 1941 entstandenen «Estancia» konnte jedoch vorläufig nicht realisiert werden, weil sich die «American Ballet Caravan» kurz darauf auflöste. So kam es, dass das Werk zunächst in jener Gestalt bekannt wurde, die Sie heute erleben: als Suite für den Konzertsaal. Im Mai 1943 im Teatro Colón in Buenos Aires mit größtem Erfolg uraufgeführt, ebnete die Ginasteras Ruf befestigende Suite den Weg zur ersten Produktion des kompletten Balletts, die 1952 im Teatro Colón stattfand, choreographiert von Michael Borowski und ausgestattet von Dante Ortolani. Das Sujet, nämlich ein einzelner Tag im Leben der Gauchos auf einer Rinder-farm in der Pampa, der Grassteppe zwischen Anden und Atlantik, gab Ginastera Gelegenheit, einer Landschaft seinen musikalischen Tribut zu zollen, die ihn von Kindesbeinen an fasziniert hatte: «Immer wenn ich durch die Pampa gekommen war oder eine Weile in ihr gelebt hatte, fühlte sich mein Geist von wechselnden Eindrücken überflutet, manche fröhlich, manche melancholisch, die einen voller Euphorie, die anderen getränkt mit tiefer Ruhe – alles hervorgerufen durch die grenzenlose Weite des Landes und die Verwandlung, welche es während eines Tages durchmacht.» Die vier Tänze der Suite beschreiben nacheinander die Feldarbeiter, einen Getreidetanz, die Tagelöhner der Hacienda und zum Abschluss den typischen Tanz der Gauchos, den Malambo.

© NÖ Tonkünstler Betriebsges.m.b.H. | Walter Weidringer

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