Archiv: Bartók, Beethoven | Andrés Orozco-Estrada

Grafenegg Wolkenturm Wolkenturm

Interpreten

  • Michelle DeYoung, Mezzosopran
  • Gábor Bretz, Bass
  • Thomas Quasthoff, Sprecher
  • Andrés Orozco-Estrada, Dirigent

Programm

Béla Bartók
«A kékszakállú herceg vára» | «Herzog Blaubarts Burg» Oper in einem Akt op. 11
- Pause -
Ludwig van Beethoven


Sieben verschlossene Türen, ein zweifelnder Mann und eine neugierige Frau: Das ist die Konstellation eines musikalischen Psychokrimis. Béla Bartóks «Herzog Blaubarts Burg» ist ein spannungsgeladener Operneinakter und eine Studie über Vertrauen, Neugier und Liebe. Der ungarische Bass Gábor Bretz und die amerikanische Mezzosopranistin Michelle DeYoung werden hinter den Türen geheimnisvollen Schmuck finden, endlose Landschaften und am Ende die absolute Desillusionierung. Thomas Quasthoff tritt als Sprecher auf, und der gefeierte Dirigent Andrés Orozco-Estrada kehrt ans Pult der Tonkünstler zurück, um das Schicksal anschließend mit den pochenden Schlägen von Beethovens 5. Symphonie zu besiegeln.

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Ludwig van Beethoven

Symphonie Nr. 5 c-Moll op. 67

Sätze

  • Allegro con brio

  • Andante con moto

  • Allegro

Dauer

36 Min.

Entstehung

1803/04-08

Ludwig van Beethoven schuf mit den drei aufeinanderfolgenden Achtelnoten und der anschließenden halben Note um eine große Terz tiefer das wohl markanteste Motiv der klassischen Musik. «So pocht das Schicksal an die Pforte.» Diese Worte zum Motiv wurden Beethoven von seinem Vertrauten Anton Schindler in den Mund gelegt. Deshalb bekam die Symphonie Nr. 5 c-moll op. 67 den hochtrabenden Beinamen «Schicksalssymphonie». Bohrend, hartnäckig, unerbittlich zieht sich dieses «Klopf-Motiv» in verschiedenen Ausprägungen durch die Symphonie. Deutlich ist jedem Takt des Werkes das Ringen um die Exis­tenz anzuhören, das Ankämpfen gegen Leid, Schmerz, Schrecken und Unterdrückung. Geradlinig, unverhüllt, ja geradezu plakativ wie sonst nie formulierte hier Beethoven musikalisch seine Botschaft.

Die Symphonie c-moll, deren erste Skizzen bis ins Jahr 1803, als Beethoven noch an der «Eroica» arbeitete, zurückreichen und die in den Jahren 1806 bis 1808 teilweise parallel zur «Pastorale» ausgearbeitet wurde, bildet das Zentrum in einer Schaffensperiode Beethovens, in der er mit den Ideen der französischen Revolution beschäftigt war und den gewachsenen Befreiungskampf des Bürgertums gegen ständestaatliche Ungleichgewichte künstlerisch mitfocht. (Dabei geriet bekanntlich der ursprünglich bewunderte Feldherr Napoleon, nachdem er sich zum Kaiser ausgerufen hatte, in die Zornesmühle des Komponisten, der die Widmung der «Eroica» an den Franzosen widerrief.) Beethoven begeisterte sich über die Wirren der Kriege und Wechselhaftigkeit der täglichen Politik hinaus für ein humanistisches Weltbild und für die Verwirklichung brüderlicher Ideale.

Es ist also eine musikalisch-ideologische Absicht Beethovens gewesen, dass er in die 5. Symphonie – wie in andere Werke auch – offizielle Musikstücke der Französischen Revolution als Zitate aufnahm: Der Siegeshymne von Lacombe entspricht das Hauptthema im Finale der Symphonie, seine Fortführung ähnelt der so genannten «Hymne dithyrambique» von Rouget de l’Isle, in der die «Liberté» besungen wird. Melodisch sind des Weiteren Vorbilder bei dem in Paris wirkenden Italiener Luigi Cherubini und bei dem mit Revolutionsmusiken befassten Franzosen François Gossec auszumachen.

Mit einer Fermate (einem musikalischen Haltezeichen) ist der vierte Ton des «Klopf-Motivs» im ersten Satz (Allegro con brio) versehen. Damit bekommt das Motiv seine eigene Ordnung, wird über den gewohnten Lauf der Dinge hinausgehoben. Um die außerordentliche Bedeutung dieses Vorgangs zu unterstreichen, hat Beethoven den lang anhaltenden Ton beim zweiten Einsatz des Eröffnungsmotivs noch um eine halbe Note verlängert. Normale Zeitabläufe werden dadurch außer Kraft gesetzt. Wenn das Schicksal anklopft, ist «die Zeit gekommen» und dadurch verändern sich die Dinge einschneidend.In einer anderen Passage des ersten Satzes scheint Beethoven die Zeit anzuhalten und eine Melodie überhaupt aus dem existentiellen Ringen heraustreten lassen zu wollen: Das Oboen-Rezitativ am Beginn der Reprise im Adagio-Tempo wird von zwei Fermaten eingerahmt. Beethoven blendet dieses Oboensolo aus dem Geschehen aus. Hier erhebt über die Allgemeinheit hinweg ein einzelnes Individuum, als direkt Betroffener, von Leiden erfüllt seine Stimme. Als Hörer wird man zum Mitbetroffenen.

Dem unerbittlichen c-moll-Kopfsatz folgt ein nach C-Dur aufgehelltes Andante con moto, in dem sich ein zuversichtlich einherschreitendes Thema zwischendurch einem Triumphzug anschließt, sich dann aber wieder der Beschäftigung mit inneren Werten zuwendet. Die Apotheose des Finales klingt in den Forte-Passagen des Orchesters bereits prophetisch an.

Bevor aber der Schlussjubel ungehemmt ausbrechen kann, führt die Musik im Scherzo (Allegro) noch einmal in bedrohliche, düstere, unheimliche Sphären, in denen auch das «Klopf-Motiv» widerhallt. Im Trioteil ergreifen die Bässe und Violoncelli mit einem energischen Thema die Initiative, aber der Durchbruch zum Licht gelingt erst nach einer totalen Zurücknahme der Dynamik, aus der sich eine grandiose Steigerung entwickelt. Ein letztes Mal mahnt sogar in diesem jubelnden Finale (Presto) das «Klopf-Motiv», doch schließlich reiht sich auch das Schicksal in den nicht enden wollenden Triumphzug ein.

© NÖ Tonkünstler Betriebsges.m.b.H. | Rainer Lepuschitz