Leos Janácek

Suite aus der Oper «Príhody lisky Bystrousky» | «Das schlaue Füchslein»

Sätze

  • Andante

  • Andante

Dauer

16 Min.

Entstehung

1924/1937

Leos Janácek braucht nur wenige Töne und schon hat er uns in seine eigene, unverkennbare Klangwelt entführt. Heute ist das die Welt des Waldes, der Tiere und auch der Menschen: «Príhody lisky Bystrousky», zu Deutsch «Das schlaue Füchslein», ist dennoch kein Märchendrama. Die psychologischen Verwicklungen, die in dieser seiner vorvorletzten Oper parabelartig zwischen Menschen und - sprechenden bzw. singenden - Tieren abgehandelt werden, sind in ihrer Komplexität von Kindern nicht nachzuvollziehen; im Zentrum steht der mystische Kreislauf von Leben und Tod.

Der bedeutende tschechische Dirigent Václav Talich (1883 bis 1961), der Janácek Musik über alles liebte, wollte die einzigartige Atmosphäre dieser Oper auch in den Konzertsaal bringen und hat deshalb 1937 die Musik des ersten Aktes zu einer Orchestersuite umgearbeitet; Talichs Dirigentenkollege Václav Smetácek nahm 1965 eine Revision der Bearbeitung vor. In dieser Fassung erklingt sie auch im heutigen Konzert. Die beiden Sätze der Suite entsprechen den beiden Bildern des Aktes. Das erste Bild behandelt den Wald, die Welt der Tiere und die Natur: Diese wird vom Förster gestört, der die junge Füchsin Schlaukopf fängt. Das zweite Bild spielt im Hof des Försters, wo die längst gezähmte Natur nun auf die ungezähmte trifft: Die gefangene Füchsin zeigt dort dem ansässigen Hofdackel die kalte Schulter, tötet die Hühner - und flieht. Die Musik ist viel stärker mit Lyrismen durchsetzt als in Janáceks anderen Opern. Das ist nicht zuletzt auf seine tiefe Liebe zur Natur zurückzuführen: In seinen Notizbüchern schrieb er etwa den Gesang der Vögel nieder und beobachtete über Jahre hinweg das Leben der Amseln und vieler anderer Lebewesen im Wald und in seinem Garten. Auf das Sujet hatte ihn seine Haushälterin gebracht, die er eines Tages aus der Küche lachen hörte - und zwar über eine Bildergeschichte mit Text in der Zeitung. Janácek war spontan fasziniert und erstellte in der Folge ein Libretto nach der Novelle von Rudolf Tesnohlídek, die der Bildergeschichte zugrunde gelegen hatte: Zehn der dreiundzwanzig Szenen des Buches werden in teils geänderter Reihenfolge in seiner Oper verarbeitet. Janácek vereint in seiner Musik mit klanglich üppig wirkenden, dabei jedoch äußerst ökonomisch eingesetzten Mitteln in oftmals nur wenigen Takten das Mystische mit behaglicher Terzenseligkeit, bringt Unheimliches und Melancholisches zusammen, Trauer und Freude.

Die Geschichte beginnt eines Sommernachmittags im Wald, mitten zwischen Zirpen, Wispern und Raunen. Wir erblicken im Hintergrund eine Dachshöhle samt daraus hervorlugendem Dachs, der eine Pfeife raucht. Fliegen umtanzen ihn - und schon sind wir mitten in der ersten Ballettszene der Oper. Eine blaue Libelle kommt dazu, und nach dem Verschwinden der Insekten und des Dachses betritt der Förster die Szene. Eine Mücke und ein Frosch treten auf, der Frosch landet auf der Nase des Försters - und während das für eine Opernregie enorme Herausforderungen bedeutet, klingt Janáceks Musik mit ihrer Verbindung von mährischen Volksmelodien mit den Naturlauten selbstverständlich und schlüssig. Das reichhaltige Instrumentarium wird dabei sehr plastisch, jedoch nie plakativ eingesetzt. Gleich der Beginn ruft sowohl den Eindruck der von der Wärme flimmernden Luft - durch Klarinetten, Englischhorn, Violen - als auch der herumschwirrenden Insekten - in Oboe und Violinen - hervor. Und dies ist nur ein Beispiel für seine Instrumentierungskunst. Klarheit und Leichtigkeit, aber auch Konturenschärfe waren Janácek wichtig: Alles musste transparent bleiben.

Das zweite Bild und damit der zweite Satz der Suite spielt ein paar Monate später in der Försterei. Die Füchsin Schlaukopf ist in Gefangenschaft herangewachsen, der Zauber des Waldes ist verschwunden, die Musik klingt rauer. Förster und Försterin treten kurz auf, die Füchsin politisiert mit dem Dackel über freie Liebe, der Förstersohn ärgert sie und wird gebissen. Die Szene wandelt sich, es wird Nacht, die Füchsin träumt und wechselt in menschliche Gestalt - und ebenso rasch erhebt sich langsam die Morgendämmerung, der instrumentale Höhepunkt, und sie wird wieder zur Füchsin. Dann stellt die Füchsin den Hühnern eine Falle und zerbeißt sie alle, worauf sie vor dem Zorn der Försterleute flieht - eine Szene, die Janácek hörbar Freude bereitet haben muss, so voller Witz und mit saftigen Akkorden durchsetzt eilt die Musik dem Ende zu.

© Niederösterreichische Tonkünstler Betriebsgesellschaft m.b.H. | Markus Hennerfeind

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