Archiv: Beethoven und Schubert

St. Pölten Festspielhaus Großer Saal Festspielhaus | Großer Saal

Interpreten

  • Kotaro Fukuma, Klavier
  • Giedre Slekyte, Dirigentin

Programm

Mit dem vierten Klavierkonzert von Ludwig van Beethoven und der sechsten Symphonie von Franz Schubert präsentieren die Tonkünstler ein Programm, das exemplarisch für den Übergang von der klassischen zur romantischen Epoche steht. Schon Robert Schumann erkannte in jenem G-Dur-Konzert «Beethovens vielleicht größtes Klavierkonzert» und sah im zweiten Satz das «groß-geheimnisvolle Adagio». Solist ist der 1982 in Tokio geborene Kotaro Fukuma, erster Preisträger des Internationalen Klavierwettbewerbs in Cleveland. Noch jünger – Jahrgang 1989 – ist die litauische, vom Dirigentenforum des Deutschen Musikrates geförderte Kapellmeisterin Giedrė Šlekytė. In der «kleinen» C-Dur-Sinfonie, komponiert vom 21-jährigen Schubert, lässt sie gemeinsam mit den Tonkünstlern seine Verehrung für Beethoven und Gioachino Rossini anklingen und – bei aller gebotenen Heiterkeit – auch die tragischen Tiefen des reifen Œuvres erahnen.

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Ludwig van Beethoven

Konzert für Klavier und Orchester Nr. 4 G-Dur op. 58

Sätze

  • Allegro moderato

  • Andante con moto

  • Rondo. Vivace

Dauer

34 Min.

Entstehung

1805/06

Das Klavierkonzert Nr. 4 in G-Dur op. 58 von Ludwig van Beethoven entstand in den Jahren 1805 bis 1806. Es wurde im März 1807 in Wien bei einem vom Komponisten veranstalteten Subskriptionskonzert im Palais Lobkowitz mit Beethoven als Solisten aus der Taufe gehoben. Am gleichen Abend erklangen auch erstmals die Coriolan-Ouvertüre und die vierte Symphonie. Die «offizielle» Uraufführung fand am 22. Dezember 1808 im Theater an der Wien statt, ebenfalls mit Beethoven am Klavier. – Gern wird über das vierte Klavierkonzert gesagt, es sei in einer ruhigeren, ja lyrischen Phase Beethovens entstanden, während die beinahe gleichzeitig geschriebene Appassionata sowie die zuvor entstandene Eroica als größere Kraftanstrengung des Komponisten zu lesen seien. Betrachtet man das vierte Klavierkonzert jedoch insgesamt, so stellt sich heraus, dass sich die Bezeichnung «lyrisch» vor allem aus dem Charakter des Kopfsatzes ergibt und damit eine starke Verkürzung, wenn nicht gar ein Klischee darstellt. Fest steht jedenfalls, dass Beethoven sein viertes Klavierkonzert seinem Gönner und langjährigen Klavierschüler Erzherzog Rudolph von Österreich widmete. Fest steht auch, dass Beethoven mit diesem Werk ein gewaltiger Vorstoß im Vergleich zu seinen drei früher entstandenen Klavierkonzerten gelang. Die in der Musikwissenschaft so oft diskutierte Verschmelzung zwischen Symphonie und Klavierkonzert zum sogenannten symphonischen Klavierkonzert findet hier einen Anfang. Vor allem aber war das Konzert ein Befreiungsschlag vom großen Vorbild Mozart, zu dem Beethoven bereits mit dem dritten Klavierkonzert angesetzt hatte.

Dieser Befreiungsschlag setzt gleich mit dem Beginn des Kopfsatzes ein – allerdings nicht als ein Schlag, sondern im Gegenteil: völlig allein und als erster intoniert der Solist in kontemplativer Ruhe das Hauptthema. Die ersten Akkorde erklingen piano und dolce, gewissermaßen in versonnener Stimmung, auf die die Bezeichnung «lyrisch» in der Tat zutrifft. Ein Konzertanfang also, der ohne Beispiel ist: kein lärmendes Orchestertutti, in das der Virtuose triumphal hineindonnert, sondern vielmehr der Beginn eines mit höchster Feinheit konzipierten «Gesprächs» zwischen dem Klavier und den anderen Instrumenten. Bereits hier kann gesagt werden, dass Beethoven in diesem Werk das konzertante Prinzip neu gefasst hat. In den Rahmensätzen des vierten Klavierkonzerts hebt er den Gegensatz von Solo und Tutti auf, vielmehr wächst wie selbstverständlich eines aus dem anderen heraus. Statt eines Gegeneinanders hört man also im ersten Satz ein «Gespräch unter vernünftigen Leuten» im Goethe’schen Sinne.

Erst nach der beschriebenen lyrischen Einleitung setzt das Orchester zur Tutti-Exposition an, wendet das Thema überraschend nach H-Dur, entwickelt es weiter und moduliert es zurück in die Ausgangstonart G-Dur. Das folgende zweite Thema wirkt ein wenig geheimnisvoll und ist von schwebendem Charakter.  Es wird zunächst in a-moll vorgetragen, erklingt anschließend jedoch sieghaft gesteigert in C-Dur. Der Solist kann im Verlauf der Durchführung und der leicht veränderten Reprise seine gesamte Virtuosität darbieten. Doch steht diese nie als Effekt im Vordergrund, sondern ordnet sich völlig in den Gesamtklang ein. Zwei Kadenzen schrieb Beethoven für dieses Konzert: die erste, von Beethoven selbst bevorzugte Kadenz ist themenbezogener und entwickelt ihre Virtuosität bis zum Ende hin. Die zweite, «Triolenkadenz» genannt, wird heute von den meisten Pianisten bevorzugt. Der Kadenz folgt ein letzter lyrischer Teil mit einem Zitat des Hauptthemas, bevor der gewaltige Satz einen glanzvollen Abschluss durch das Orchester findet.

Noch bemerkenswerter als der erste ist sicherlich der zweite Satz, Andante con moto. Er hat zwar die Kürze, aber nicht den Charakter eines Intermezzos; man könnte ihn mit dem Begriff «Dialog», vielleicht auch «ernstes Gespräch» beschreiben. Zwei zu Beginn völlig gegensätzlich erscheinende Partner nähern sich im Satzverlauf einander an; der ursprünglich stärker erscheinende (das Orchester) überlässt am Ende dem introvertierten Klavier das Feld. Schroff beginnt die «Auseinandersetzung» mit einem punktierten Streicher-Unisono, dem das Klavier beinahe choralartig mit melancholisch flehender Kantilene antwortet. Die erneute Entgegnung des Orchesters ist nun noch entschiedener und am Ende beinahe drohend auffahrend, das Klavier hingegen bleibt ganz verhalten und in sich gekehrt. Nun verkürzen sich die Dialogabschnitte deutlich, bis nur noch kurze Auftaktfiguren des Orchesters übrig bleiben, die sich in den Klaviergesang mischen und die Streicher sich ganz ins piano zurückziehen. Übrig bleibt das Klavier, dessen Figurationen in eine quasi improvisierte Kadenz auslaufen. Der Satz ist ohne formales Schema wie eine Opernszene aufgebaut und die poetisierenden Hinweise, es handele sich um eine Darstellung des die Furien besänftigenden Orpheus, sind nicht von der Hand zu weisen.

Waren im Andante alle Bläser ausgespart, so erklingt im Finale nun der festliche Glanz der vollen Orchesterbesetzung (mit Trompeten und Pauken) und bietet dem Solisten reiche Entfaltungsmöglichkeiten seines virtuosen Könnens. Obwohl die Haupttonart dieses Satzes G-Dur ist, steht sein erstes Thema in C-Dur, was im unmittelbaren Anschluss an das vorangegangene e-moll des Andante von pikanter Wirkung ist. Die einzelnen Gruppen sind breit und phantasievoll ausgebaut. Formal ist das Rondo einer Sonatensatzform ohne Durchführung angenähert, da es nur aus der Hauptgruppe sowie einer Zwischengruppe und deren Reprisen gestaltet ist. Zweifellos schlägt Beethoven mit seinem G-Dur-Konzert Brücken zur nachfolgenden Epoche der Romantik. Auch wenn es nicht so populär wurde wie andere Werke des Meisters, beeinflusste es nachfolgende Künstler in bedeutendem Maße: Schumann, Mendelssohn und Chopin sind diesem neuen Stil der atmosphärischen Dichte spürbar verpflichtet. Nicht umsonst nannte Schumann dieses Werk Beethovens «vielleicht größtes Klavierkonzert».

© NÖ Tonkünstler Betriebsgesellschaft m.b.H. | Karin Martensen

Franz Schubert

Symphonie Nr. 6 C-Dur D 589

Sätze

  • Adagio - Allegro

  • Andante

  • Scherzo. Presto - Trio. Più lento

  • Allegro moderato

Dauer

32 Min.

Entstehung

1817/18

Franz Schuberts «Kleine» ist eine «Große». Die Symphonie Nr. 6 C-Dur D 589, die in der Nachwelt den Beinamen «Kleine C-Dur-Symphonie» erhielt, wurde von Schubert selbst als «Große Symphonie in C» tituliert. Schubert war damals 21 Jahre alt, komponierte neben Liedern, Kirchenmusik und Kammermusik auch Orchestermusik, die gelegentlich von Schul- und Liebhaberorchestern aufgeführt wurde. Mit «groß» bezog sich Schubert zum einen auf die  für damalige Verhältnisse umfangreiche Besetzung mit je zwei Flöten, Oboen, Klarinetten, Fagotten, Hörnern und Trompeten sowie Pauken und Streichern, zum anderen auf die intendierte Gestaltung mit einer imposanten langsamen Einleitung und vier ausführlichen  Sätzen, in denen der junge Komponist seine Erfahrungen mit Symphonien von Vorbildern auf seine Weise umzusetzen trachtete. Wenige Jahre später komponierte er eine weitere Symphonie in C-Dur (D 944), nunmehr schon mit dem Anspruch, in der Gattung Symphonie eine gewichtige Alternative zum damaligen Maß aller Dinge, den Werken Ludwig van Beethovens, aufzuzeigen. Dieses tatsächlich grandiose Werk erhielt dann in der Nachwelt den Beinamen «Große C-Dur-Symphonie».Franz Schubert war von früher Jugend an mit symphonischer Musik vertraut. In der familiären Hausmusik mit dem Vater, den Brüdern Ignaz und Ferdinand und Musikern aus dem Freundeskreis der Familie wurde nicht nur Kammermusik gepflegt, sondern auch Symphonisches in Fassungen für kleine Besetzung, meist Doppel-Streichquartett.

Als Schüler des Wiener Stadtkonvikts spielte Schubert ab seinem 14. Lebensjahr im Übungsorchester der Institution als Geiger Symphonien von Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart, Leopold Koželuch, Franz Krommer und Joseph Weigl, gelegentlich auch schon von Beethoven. Als Schubert zum Orchesterwart dieses aus Schülern und Studenten bestehenden Ensembles ernannt wurde, konnte er sich im Notenarchiv zusätzlich zur Aufführungspraxis auch in die Partituren der klassischen Meister vertiefen.Schon bald wollte er auch selber eine Symphonie komponieren, kam aber zunächst nur bis zum 30. Takt eines Satzes in D-Dur. 1813 dann, als er aus dem Konvikt ausschied, um eine Ausbildung an der Lehrerbildungsanstalt zu beginnen, verfasste Schubert seine erste vollständige Symphonie, wiederum in D-Dur. Belege, dass dieser Erstling sowie auch Schuberts 2. Symphonie, die dem Konviktsleiter Innocenz Lang gewidmet ist, vom Orchester des Konvikts aufgeführt wurden, gibt es keine, aber es ist durchaus anzunehmen.

Schubert spielte und komponierte weiterhin symphonische Musik, nunmehr in einem und für ein Liebhaberorchester, das aus dem Schubert’schen Hausmusikkreis hervorgegangen war. Als dieser personell so stark anwuchs, dass im Schulhaus von Schubert Senior im Wiener Stadtteil Liechtenthal der Platz nicht mehr ausreichte, übersiedelten die Musiker zunächst in die Wohnung eines Wiener Geschäftsmannes und spielten dann unter der Leitung des böhmischen Geigers und Hoforchestermusikers Otto Hatwig in dessen Domizilen im Wiener Schottenhof und Gundelhof richtiggehende Orchesterkonzerte für einen privaten Zuhörerkreis. Da wirkten neben Studenten und Freizeitmusikern aus der Akademiker- und Beamtenschicht auch weitere professionelle Musiker aus Wiener Theaterorchestern mit. Mehr als 40 Musiker versammelten sich da mitunter, um die damals gängigen Symphonien, aber auch andere Orchestermusik, etwa Ouvertüren der Italiener Luigi Cherubini, Gaspare Spontini, Gioachino Rossini und des Franzosen Étienne-Nicolas Méhul zu spielen. Als sich Hatwig wegen Krankheit zurückzog, übernahm mit Josef Otter der Konzertmeister der Hofkapelle die Leitung des Orchesters, das nun bis ins Jahr 1820 in den Räumen einer Spedition proben konnte. Danach löste sich das Orchester auf.

Für Aufführungen mit diesem Klangkörper, in dem Schubert jahrelang als Bratschist mitwirkte, komponierte er laut den Erinnerungen seines Förderers und Freundes Leopold von Sonnleithner, einem musikbegeisterten Juristen, «eine liebliche Sinfonie in B-Dur ‹ohne Trompeten und Pauken›, dann eine größere in C-Dur und die bekannte Ouvertüre ‹in italienischem Stil›.» Mit der «lieblichen» ist die fünfte Symphonie gemeint, mit der «größeren» die sechste. Während des damals in Wien grassierenden Rossini-Fiebers, von dem auch Schubert angesteckt wurde, fühlte er sich zur Komposition von insgesamt zwei «Italienischen Ouvertüren» inspiriert, in denen er seine in der Studienzeit, der Orchesterpraxis und durch Besuche von Wiener Aufführungen von Rossini-Opern gemachte Erfahrungen mit dem «italienischen Stil» gekonnt umsetzte. Immerhin war mit Antonio Salieri ein Italiener Schuberts Lehrer, befand sich des Weiteren sicher auch Kammermusik von Luigi Boccherini auf den Pulten der Schubert’schen Hausmusik und kam der junge Musiker dann im Hatwig’schen Privatorchester mit Werken verschiedener italienischer Komponisten in Berührung – also schon einige Zeit vor der Wiener «Rossini-Welle».

Bereits in seiner dritten Symphonie kann man «italienische» Passagen finden, und der in unmittelbarer Nachbarschaft zu den «Italienischen Ouvertüren» entstandenen sechsten Symphonie wurden auch und vor allem im zweiten und vierten Satz Einflüsse italienischer Melodik und Rhythmik attestiert. Von einer Übertragung des Rossini-Stils, wie er damals beim Wiener Musikpublikum en vogue war, auf seine Orchestermusik war Schubert aber weit entfernt. Er machte sich seinen eigenen musikalischen Reim auf den «italienischen Gusto». Und Rossini lauschte er weniger dessen musikalischen Stil als vielmehr so manches instrumentierungstechnische Detail ab. 

Andere mögliche Beeinflussungen und Vorbildwirkungen sind auffälliger in der sechsten Symphonie. Die Gestaltung und Ausformung des Allegro-Hauptthemas des ersten Satzes hat die Musiker des Hatwig’schen Liebhaberorchesters sicherlich an Joseph Haydns «Militär-Symphonie» erinnert. Und im Scherzo treibt Schubert das gleiche Spiel mit metrischen Verschiebungen und unerwarteten Betonungen des vorwärts schnellenden Grundmotivs wie Beethoven im – noch Menuett genannten – dritten Satz seiner ersten Symphonie. Aber Schubert kopierte die Vorbilder nicht etwa, sondern dachte die gemeinsamen musikalischen Ideen dann ganz anders und selbständig weiter. Das Allegro-Hauptthema des ersten Satzes ist mit seiner aparten Holzbläserführung von Flöte und Oboe eine Fortsetzung des in der fünften Symphonie gefundenen und entwickelten individuellen Bläserstils Schuberts. Insofern verdient eine Feststellung in einer Rezension über die erste öffentliche Aufführung der sechsten Symphonie wenige Wochen nach Schuberts Tod in einem Konzert der Gesellschaft der Musikfreunde (deren Mitglied Schubert war) im Wiener Redoutensaal Beachtung. Der Chronist tadelte an der von ihm an sich als «schönes, fleissig gearbeitetes Werk» gelobten Symphonie, «dass das blasende Orchester allzureichlich bedacht ist, wogegen die Streichinstrumente fast im Durchschnitte nur subordinirt erscheinen.»

Für den damals vorherrschenden Zeitgeschmack war das offensichtlich also etwas zu viel des guten Gebläses, aber in der Proportion der Komposition hat hier Schubert vollendete Arbeit geleistet. Die Emanzipation der Bläser geht nie zu Lasten der Gesamtbalance der Instrumentierung, wird vielmehr mit viel Feingespür vollzogen. Nie fällt eine Bläserstimme gar konzertant aus dem Rahmen. Dafür erzielt Schubert wunderbare Klangfarbenmischungen.

Bereits in der langsamen, auf symphonische «Größe» abzielenden Einleitung der Symphonie schlägt Schubert nach vier imposanten Eröffnungstakten des vollen Orchesters Bläserwege ein und lässt Flöte und Klarinette melodisches Material finden. Diese beiden Instrumente gestalten dann auch maßgeblich das Seitenthema des Allegros: Sie spielen zum Tanz auf und setzen somit die schwungvolle Beweglichkeit des Hauptthemas fort. Der symphonischen «Größe» Schuberts ist Heroik oder Pathos ganz fremd. Seine Symphonik entwickelt lust- und liebevoll die Melodik in verschiedenen harmonischen Umfeldern, sie spielt phantasievoll mit den Melodien und Rhythmen, sie umspielt die Themen mit Verzierungen und Figurationen, und sie singt Liedmelodien ohne Worte.

Bei dieser leichtfüßigen, unbeschwerten Art der Komposition fällt es im wahrsten Sinne des Wortes schwer, von Durchführungsarbeit oder Materialverarbeitung, wie sie für Beethoven so signifikant sind, zu sprechen. Auch wenn es manche dramatische Zuspitzung gibt, etwa durch Steigerungen mit Tremolos oder mächtigen, im Unisono geführten Themengestalten, so ist Schubert doch immer auch in der Symphonie ein Epiker. Er erzählt vom Leben in der geselligen Gemeinsamkeit – und in der Einsamkeit. Denn auch in die frohgemute, heitere, helle sechste Symphonie mischen sich manche wehmütige Wendungen und Weisen. Doch in diesem Werk findet die symphonische Hauptfigur immer sehr bald wieder Trost in der kollektiven Unterhaltung.

So wird der erste Satz von einer regelrecht opernhaften Stretta beschlossen. Im Finale deutet Schubert die Tradition vom «Kehraus» vollkommen neu und komponiert ein gemächliches Tänzchen – «Allegro moderato» steht ausdrücklich als Tempoangabe über dem Satz. Wird sie verwirklicht, so ist ein gemütliches Beisammensein zu hören. Dann entsteht eine zauberhafte musikalische Gelassenheit. Nur gelegentlich fahren Fanfaren der Trompeten und wuchtige rhythmische Figuren des vollen Orchesters in diese beschauliche symphonische Zusammenkunft drein. Solche gelegentlichen Kontrastwirkungen hat Schubert auch schon in den zweiten Satz einkomponiert, dessen Romanzenmelodik dann und wann von recht massiven Orchestereinwürfen unterbrochen wird. Aber selbst, wie im Scherzo, wenn das ganze Orchester längere motorische Passagen zu spielen bekommt, verlässt Schubert nie die Schwerelosigkeit eines tagträumerischen Lebens. Er ist oft auf zarten Sohlen unterwegs zur «großen» Symphonik, etwa mit dem empfindsamen «Schreittanz» der Holzbläser im Seitenthema des Finales. Da sind in dieser «kleinen» C-Dur-Symphonie schon musikalische Bewegungen der späteren «großen» C-Dur-Symphonie vorauszuhören. Das war Schuberts Verständnis von «großer Symphonie». Und deshalb hat er das auch so als Titel über dieses Werk gesetzt.

© NÖ Tonkünstler Betriebsges.m.b.H. | Rainer Lepuschitz