Archiv: Grieg & Sibelius

Baden Congress Center Festsaal Congress Center

Interpreten

  • Joachim Murnig, Marimba
  • Martijn Dendievel, Dirigent

Programm

Tonkünstler-Schlagzeuger Joachim Murnig als Solist im ersten Marimba-Konzert des Dänen Anders Koppel, einem Gründungsmitglied der Rockgruppe «The Savage Rose»: Bei diesem Konzert unter Leitung des 1995 geborenen Belgiers Martijn Dendievel, der im Oktober 2021 den Deutschen Dirigentenwettbewerb für sich entscheiden konnte, ist ganz offensichtlich mit einigen musikalischen Überraschungen zu rechnen. Die erste Symphonie von Jean Sibelius ist auch eine solche: nah am Vorbild Tschaikowskis und doch schon von ganz eigenem Profil. Altbekannt, aber immer wieder betörend, entfalten sich dafür eingangs Edvard Griegs Schauspielmusikklänge zu «Peer Gynt».

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Edvard Grieg

Peer-Gynt-Suite Nr. 1 op. 46

Sätze

  • Morgenstimmung, Allegretto pastorale

  • Ases Tod, Andante doloroso

  • Anitras Tanz, Tempo di Mazurka

  • In der Halle des Bergkönigs

Dauer

15 Min.

Es ist eine bunte, abenteuerliche und märchenhafte Welt, in die Henrik Ibsen seine Leserschaft mit dem Drama «Peer Gynt» entführt. Zunächst als «Lesedrama» konzipiert, schildert «Peer Gynt» die Lebensgeschichte eines fantasiebegabten Bauernsohns, der der Enge seiner Herkunft zu entkommen trachtet, sich in Liebes- und Entführungsabenteuer stürzt, dann aber in die Welt zieht und in Marokko durch Sklavenhandel reich wird. Betrügereien seiner Geschäftspartner versetzen ihn bald wieder in die Armut; alt und mittellos kehrt Peer Gynt in seine Heimat zurück, wo er aber durch die Liebe seiner Jugendfreundin Solvejg, die ihm durch all die Jahre die Treue gehalten hat, aufgefangen wird.

Ibsens «Peer Gynt» erweist sich als sehr erfolgreich, und so beschließt der Dichter, das Werk als Bühnendrama auszuführen und es auch mit Musik zu versehen, was im Theater dieser Zeit durchaus üblich ist. Seine Wahl fällt auf Edvard Grieg, der sich in der Musikwelt bereits einen Namen gemacht hat, und Ibsen schlägt ihm in einem ausführlichen Brief vom 23. Jänner 1875 nicht nur vor, die Musik zu «Peer Gynt» zu komponieren, sondern hat bereits sehr genaue Vorstellungen, an welchen Stellen Musik welcher Art erklingen solle. Grieg nimmt den Vorschlag sofort an, und so entsteht eine umfangreiche Bühnenmusik von insgesamt 26 Nummern; in dieser Mischung von Theaterspiel und Musik wird «Peer Gynt» am 24. Februar 1876 in Christiania – heute Oslo – uraufgeführt.

Grieg zweifelt allerdings an der Aussicht auf eine europaweite Verbreitung des gemeinsamen Werks, und daher beschließt er 1888, einzelne Sätze aus dem dramatischen Kontext zu lösen und zu einer Orchestersuite zusammenzustellen. Mit Bedacht wählt er besonders «griffige», vom Publikum akklamierte Nummern: Auf die «Morgenstimmung», die wohl zum populärsten Werk Griegs überhaupt geworden ist, folgen «Ases Tod», «Anitras Tanz» und «In der Halle des Bergkönigs». Diese Abfolge hat mit der Position der Nummern in der ursprünglichen Schauspielmusik nichts zu tun; so erklingt etwa die «Morgenstimmung» im Drama erst im Schlussteil, der die Läuterung des alt gewordenen Peer Gynt thematisiert. Grieg lässt sich bei der Konzeption der Suite offensichtlich bloß vom Prinzip der musikalischen Dramaturgie leiten, und der Erfolg gibt ihm recht.

Die Morgenstimmung beginnt mit einer wiegenden, zart bewegten Melodie in der Flöte, die von der Oboe abgelöst wird – wir erleben einen frühen Morgen mit Vogelgesang, und in der sich steigernden Entwicklung beherrschen immer mehr Licht und Sonne das Geschehen: Die Melodie wird vom Streicherchor übernommen, die Klangintensität nimmt stetig zu. Auf die Höhepunkte im Glanz des vollen Orchesters folgt ein Abebben, das jedoch nichts Resignatives an sich hat; eher symbolisiert die wiederkehrende Flötenmelodie des Beginns ein Verharren in der Stimmung von Beglückung und Hoffnung.

In Ases Tod tritt Peer Gynt an das Sterbelager seiner Mutter Ase und versucht, sie mit fantasievollen Berichten abzulenken; die Mutter hört glücklich lächelnd zu, schläft ein und hat einen sanften Tod. Eine langgezogene, aufsteigende Melodie verkörpert die melancholische, aber nicht tragische Stimmung dieser Szene, und sehr eindrucksvoll weiß Grieg das «Hinüberdämmern» der alten Frau zu zeichnen: Die Melodie erklingt in ihrer Umkehrung; sie sinkt nun hinab und wird so zum musikalischen Gleichnis für das Verlöschen eines Lebens.

Anitras Tanz steht für eine der afrikanischen Episoden im bewegten Leben des Peer Gynt: Anitra, die schöne Tochter eines arabischen Fürsten, versucht, ihn mit einem aufreizenden Tanz zu verführen. Ein tänzerisch bewegtes Thema beherrscht mit zahlreichen Wiederholungen und Umformungen die Szene; raffinierte Klangmischungen und häufiges Pizzicato der Streicher stehen im Dienst eines «orientalischen» Kolorits, das den Verführungskünsten der schönen Tänzerin den spezifischen Reiz gibt.

Die Episode In der Halle des Bergkönigs, die Grieg an den Schluss der Suite stellt, ist als stetes, großes Crescendo angelegt. Peer gerät – in einer traumhaften Fantasie – in das Reich des «Bergkönigs» und wird von dessen Trollen gepeinigt und verfolgt. Ein markantes Marschthema erscheint zunächst leise in den Bässen, wird von anderen Instrumentengruppen übernommen und steigert sich zu wildem Taumel. Entfesselter «Lärm» mit Pauken und Becken markiert schließlich das «Zusammenkrachen» des Berges, der die Trolle unter sich begräbt – ein schaurig-fantastischer, gleichwohl wirkungsvoller Abschluss der farbenreichen Szenenfolge.

© Niederösterreichische Tonkünstler Betriebsgesellschaft m.b.H. | Thomas Leibnitz

Anders Koppel

Concerto Nr. 1 für Marimba und Orchester

Dauer

18 Min.

Entstehung

1995/rev.2015

Im umfangreichen schöpferischen OEuvre des Dänen Anders Koppel nimmt das Schlagzeug eine hervorstechende Rolle ein. Viele Stücke entstanden für das seit mehr als drei Jahrzehnten aktive Safri Duo seiner beiden Landsleute Uffe Savery und Morten Friis, so etwa die «Toccata» für Vibraphon und Marimba, «Headlines» für zwei Schlagzeuger und Orchester sowie «Double Happiness» für zwei Schlagzeuger. Besonders nahe steht dem Komponisten die Marimba – auch: das Marimbaphon.

Das dem Xylophon und dem Vibraphon verwandte Instrument weist in der außereuropäischen Volksmusik eine jahrhundertealte Tradition auf und gelangte im Lauf des 20. Jahrhunderts allmählich auch in den Bereich unserer Konzertmusik, in der es aufgrund seiner klanglichen und rhythmischen Möglichkeiten vielfach solistisch bedacht wurde und wird. Im Spätsommer 1995 stand es im Zentrum der «International Percussion Competition Luxembourg». Für diesen Anlass komponierte Koppel, der auch Mitglied der Wettbewerbs-Jury war, zu Beginn jenes Jahres das erste seiner Instrumentalkonzerte in dieser Besetzung, dem er mit jeweils wenigen Jahren Abstand drei weitere folgen ließ, sodass er zu den bekanntesten Komponisten für dieses Instrument gezählt werden darf.

Das heute erklingende erste Marimba-Konzert erlangte mit seinem verspielten und melodisch eingängigen Ansatz sowie seinem virtuosen Anspruch rasch international Popularität; es taucht immer wieder in Konzertprogrammen in aller Welt und auf Tonträgern auf. Öffentlich dürfte es bislang rund 300-mal erklungen sein. Zudem stellt es ein beliebtes Unterrichtswerk für fortgeschrittene Schlagzeugstudierende dar. Formal ist es in klassischer Dreisätzigkeit gehalten und folgt damit gewohnten Mustern. Die Tonsprache vermeidet alle Anleihen bei einer experimentellen Moderne, sondern bedient sich zeitlos wirkender, streckenweise auch frei gehaltener Tonalität. In eher dunkel anmutendem Charakter und mit drängender Geste beginnt der erste Satz, Allegro, in dem die Marimba einleitend das rhythmisch akzentuierte Hauptmotiv vorstellt, aus dem heraus der Verlauf entwickelt wird, wobei heftige Zusammenballungen mit sanfteren Abschnitten abwechseln.

Durchgehend verträumte, notturnoartige Stimmung verströmt in der Folge der mit Adagio bezeichnete Mittelsatz, in dem das Orchester teils irisierende Farbigkeit beisteuert, die an den französischen Impressionismus des frühen 20. Jahrhunderts denken lässt, während das Soloinstrument einerseits motorisch die Bewegung voranzutreiben scheint, andererseits aber auch in besonders zarter Spielweise zu lyrischem Ausdruck findet. Als direktes Vis-a-vis fungiert für Momente von berückender Schönheit die sehnsuchtsvolle Solovioline, die einen eigenen Weg zu suchen scheint und ihren Gesang dabei in die höchste Lage führt.

Verspielt, tänzerisch, heiter: Vollkommene Unbeschwertheit kennzeichnet das Finale, ein Andante. Es hat in etwa die Länge der ersten beiden Sätze zusammengenommen, womit sein Gewicht innerhalb des Stücks schon rein äußerlich klar definiert ist. Hier wird das Wechselspiel zwischen Solist und Orchester noch einmal voll ausgekostet und ein konzertierender Wettstreit entfesselt, der die Marimba in virtuoser Brillanz zur Geltung kommen lässt und ihr letztlich die Dominanz gegenüber dem großen Klangkörper zuweist, was nicht zuletzt durch die breit angelegte, kunstvolle Kadenz unterstrichen wird, die Koppel 1999 auf Wunsch des deutschen Schlagzeugers Peter Sadlo hinzukomponierte. 2015 unterzog der Komponist das Werk einer Revision, deren Notentext die Basis für aktuelle Aufführungen darstellt.

© Niederösterreichische Tonkünstler Betriebsgesellschaft m.b.H. | Christian Heindl

Jean Sibelius

Symphonie Nr. 1 e-Moll op. 39

Sätze

  • Andante ma non troppo - Allegro energico

  • Andante ma non troppo lento

  • Scherzo. Allegro

  • Finale. Quasi una fantasia

Dauer

40 Min.

Jean Sibelius war gegen Ende des 19. Jahrhunderts längst zu einem prominenten musikalischen Vertreter seiner finnischen Heimat avanciert. Nach Studienjahren in Wien und Berlin Anfang der 1890er Jahre war er nach Helsinki zurückgekehrt und wurde mit seiner «Kullervo»-Symphonie (1892) quasi über Nacht berühmt. Von da an sah man in Sibelius den großen Repräsentanten finnischer Tonkunst. Neue Werke wurden mit großer Neugier erwartet und mit Wohlwollen oder zumindest kritischem Ansporn aufgenommen. In den folgenden Jahren schrieb Sibelius Stücke mit Bezug zu Finnland und seiner Landschaft oder Werke, die thematisch aus dem Nationalepos «Kalevala» schöpften. Damit bediente der Komponist ein natürliches Bedürfnis der Finnen, zu dieser Zeit offiziell noch Untertanen des ungeliebten russischen Zaren, ein kulturelles Profil zu gewinnen und sich vor den Augen der Welt als lebensfähige Nation zu präsentieren. Dieser Wunsch sollte erst mehr als 20 Jahre später in Erfüllung gehen, die Anfänge dieser Bewegung fallen jedoch in die letzten Jahre des ausgehenden 19. Jahrhunderts.

Diese Jahre waren es auch, die Sibelius einen Stempel aufdrückten, den er niemals wirklich loswerden sollte. Sich selbst sah er als kosmopolitisch an, gewandt in mehreren Sprachen (Finnisch war für den Schwedischstämmigen damals übrigens noch nicht selbstverständlich) und trittsicher auf dem Parkett des internationalen Musiklebens. Das einzige, was ihm aus seiner Sicht noch fehlte, war eine Gangart, ein Gefäß, in das er seine schöpferische Kraft gießen könnte. Sibelius hatte noch nicht endgültig die Gebiete abgesteckt, in die er sich kompositorisch weiter vertiefen wollte. Er befand sich damit in einer ähnlichen Situation wie Richard Strauss, der ebenso ein ausgewiesener Orchesterkomponist war und sich letztlich für das Musikdrama und die musikalische Komödie entschied. Jean Sibelius wählte dagegen die symphonische Form als seinen Hauptweg – zwei große Erfolge, die erwähnte «Kullervo»-Symphonie und die «Lemminkäinen»-Suite, hatte er schon erzielt. Nun galt es, sich in diese Richtung weiter zu vertiefen. Die Symphonie versprach sowohl in ihrer Universalität als auch in ihrer Länder übergreifenden Tradition eine Image-Korrektur für Sibelius. Mit einem Werk dieser Gattung, so hoffte er, könnte er sich mit einem Schlag befreien und sich als Symphoniker etablieren.

Sibelius begann mit der Arbeit im Frühjahr 1898, als er in Begleitung seiner Frau Aino nach Berlin reiste, um dort seinen Freund und Förderer Adolf Paul zu treffen. Mit ihm reiste er weiter nach Leipzig, um sich beim Verlag Breitkopf & Härtel vorzustellen, der sich bereits im Zuge dieses Besuchs die Rechte an einigen Werken erwarb. Nach der Rückkehr nach Helsinki kam Sibelius nicht recht mit der Arbeit voran. Schwelende politische Unruhen im Land und die sich für ihn abzeichnende Rolle des musikalischen Vorreiters im finnischen Widerstand forderten von Sibelius Kraft und Aufmerksamkeit. Hinzu kam, dass sich die Ablenkungen der Hauptstadt Helsinki unvorteilhaft auf seine Produktivität auswirkten. Im Spätsommer zog er sich  aufs Land zurück und konzentrierte sich ganz auf die Arbeit an seiner Symphonie. Manchen Ablenkungen konnte der Komponist widerstehen – so entschuldigte er sich beispielsweise bei seinem guten Freund Ferrucio Busoni, der im September in Helsinki konzertierte – aber letztlich zerrten doch zu viele Kräfte an ihm, als dass er sich der Welt ganz entziehen hätte können. Nach dem Jahreswechsel zog Sibelius mit seiner Familie aufs Land, eine Vorstation zum wenige Jahre später errichteten eigenen Haus, in dem er den Rest seines Lebens verbringen sollte. Endlich, im Frühjahr 1899, konnte er die Arbeit an der ersten Symphonie abschließen, die er am 26. April mit großem Erfolg im Rahmen eines Konzerts uraufführte. Der Konzertabend war geprägt vom Drang des finnischen Publikums, sich bei den Vertretern des zaristischen Russland bemerkbar zu machen und unverhohlene Unabhängigkeitstendenzen zu zeigen. Die erste Symphonie, zentraler Bestandteil des Programms, ging fast ein wenig unter neben den anderen Werken, die sich leichter politisch deuten und instrumentalisieren ließen. Jean Sibelius aber hielt an seinem Plan fest und sah das Werk als weiteren Baustein seiner Karriere als Symphoniker an.

Der erste Satz wird von einem traurigen Klarinettensolo eingeleitet, das sich wie eine schwächlich flackernde Kerzenflamme über das leise Grollen der Pauke hebt. Das Hauptthema – ein Bündel kräftiger Lichtstrahlen – durchbricht den Nebel der melancholischen Stille und erhellt den Tonraum. Ein typisches Prinzip der Melodienbildung von Sibelius ist deutlich hörbar: Das lange Aushalten einer Note, die in einer kurzen Triolenfigur abschwingt, wirkt wie die Entladung einer übermäßigen, aufgestauten Kraft. Der Einfluss von Tschaikowski ist nicht von der Hand zu weisen, ja, man könnte meinen, dass der Kopfsatz der ersten Symphonie eine Sibeliussche Nachempfindung der Symphonie «Pathétique» ist. Aus diesen Jahren ist auch ein Satz von Sibelius über Tschaikowski überliefert, der zulässt, die beiden Komponisten direkt in Beziehung zueinander zu stellen: «Ich weiß schon, dass ich mit dem Mann einiges gemeinsam habe – aber man kann eben nichts dafür.» Das Nebenthema ist, wie oft bei Sibelius, dynamisch deutlich vom Hauptthema abgesetzt, melodisch jedoch ähnlich. In kräftigen Klangfarben ziehen emotionsgeladene Ausbrüche und verträumte Momente am Zuhörer vorüber. Die Durchführung und die Reprise sind miteinander verschmolzen, worin sich ein weiteres Merkmal von Sibelius’ Stil ausmacht.

Der zweite Satz setzt mit einem sanften Pulsieren schaukelnder Bewegungen ein, die bald von einem Fugenthema durchbrochen werden. Das Fugato benützt Sibelius, um die Dramatik weiter zuzuspitzen, bevor sich das Feld für ein bukolisches Zwischenspiel auftut. Es folgt eine weitere dramatische Sequenz, die zurück zu einem Fugato-Teil führt, diesmal jedoch mit unbändiger, fast chaotischer Kraft. Der Satz verklingt mit jenem sanften Pulsieren, mit dem er begann.

Das Scherzo wartet mit einer thematisch-stilistischen Verbeugung vor Anton Bruckner auf, abermals aber in Sibelius’ eigener Manier. Das eigenwillige Thema bedient die drehfreudige Grundstimmung des Satzes und hat gleichzeitig genügend Profil, um zahllose melodische Fortspinnungen anzukurbeln, in denen Sibelius eine Reihe von originellen Einfällen verarbeitet.

Das Finale (Quasi una fantasia) beginnt mit der gleichen melancholisch gefärbten Melodie, die von der Soloklarinette zu Beginn der Symphonie vorgetragen wurde. Mit leidenschaftlichem Pathos leitet das wuchtige Hauptthema zu einer Abschiedsmelodie über, die sich in wogendem Fluss dahinzieht. Aufbrausende Passagen verdichten in Abwechslung mit wehmütigen Reminiszenzen den Satz zu einem groß angelegten Crescendo, das durch unterschiedliche Orchestrierungen und Schichtungen weiter unterstützt wird. Der Schluss der Symphonie ist ein tragischer Ausruf, der in zwei resignierten Pizzicato-Akkorden verhallt.

Der Erfolg der Symphonie verhalf Sibelius dazu, sich im Ausland besser zu präsentieren. Er dirigierte das Werk viele Male mit großem Erfolg, unter anderem auch bei der Weltausstellung in Paris 1900, bei der sich Finnland mit einem eigenen Pavillon vorstellte. Über eine Aufführung des Werks in Berlin kurze Zeit später schrieb er: «Mein Stück hatte einen großartigen, ganz unbeschreiblichen Erfolg. (...) Habe so viele Zelebritäten getroffen, die ganz begeistert waren. Bestimmt wird man mich im kommenden Winter an vielen Orten aufführen.» Nicht nur im folgenden Winter 1900/01, sondern auch heute gehört die erste Symphonie von Jean Sibelius zu seinen populärsten und am häufigsten aufgeführten Werken.

© NÖ Tonkünstler Betriebsgesellschaft m.b.H. | Alexander Moore