Archiv: Sommernachtsgala

Grafenegg Wolkenturm Wolkenturm

Interpreten

  • Rachel Willis-Sørensen, Sopran
  • Benjamin Bruns, Tenor
  • Rudolf Buchbinder, Klavier
  • Yutaka Sado, Dirigent

Programm

Carl Maria von Weber
«Durch die Wälder, durch die Auen» Arie des Max aus der Oper «Der Freischütz»
Carl Maria von Weber
«Wie nahte mir der Schlummer» Rezitativ und Arie der Agathe aus der Oper «Der Freischütz»
Richard Wagner
«Willst jenes Tag's» Cavatine des Erik aus der Oper «Der fliegende Holländer»
Giuseppe Verdi
«Tacea la notte placida» Szene und Arie der Leonora aus der Oper «Il Trovatore»
George Gershwin
Franz Lehár
«Freunde, das Leben ist lebenswert» Lied des Octavio aus der Operette «Giuditta»
Franz Lehár
«Lippen schweigen» Duett Hanna - Danilo aus der Operette «Die Lustige Witwe»
Igor Strawinski
Suite aus dem Ballett «Der Feuervogel» (Fassung 1919), Finale

Eine Institution wird 15: Die Sommernachtsgala gibt seit eineinhalb Jahrzehnten den Auftakt zur Sommersaison am Wolkenturm und ist dank der Fernsehbilder, die um die Welt gehen, auch ein mediales Aushängeschild Grafeneggs. Für die Jubiläumsgala hat Rudolf Buchbinder die südafrikanische Sopranistin Golda Schultz und den deutschen Tenor Benjamin Bruns eingeladen – und wird auch persönlich mit ihnen musizieren. Mitgestaltet wird das märchenhafte Konzertereignis vom Tonkünstler-Orchester unter seinem Chefdirigenten Yutaka Sado.

Die Sopranistin Golda Schultz musste ihre Teilnahme an diesem Konzert aus gesundheitlichen Gründen absagen. Dankenswerterweise erklärte sich Rachel Willis-Sørensen bereit, ihren Part kurzfristig zu übernehmen.

Im Sinne der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes endet die Sommernachtsgala heuer nicht mit einem Feuerwerk. Stattdessen wurde erstmals ein bildender Künstler eingeladen, das Konzertereignis zu illuminieren: Marcus Neustetter und sein Partner OMAi projizieren ihre «Lichtpartitur» auf den Wolkenturm.

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Engelbert Humperdinck

Vorspiel zum Märchenspiel «Hänsel und Gretel»

Dauer

8 Min.

Engelbert Humperdinck hätte sich wohl selbst nicht träumen lassen, dass er dereinst als Komponist gleich mehrerer Märchenopern in die Musikgeschichte eingehen würde, als er mit 25 Jahren als Kompositionsstudent in München seinem Tagebuch anvertraute: «Abends im bett las ich einige Grimm’sche märchen, von denen ich mich sehr angeregt fühlte, so dass die arbeitende phantasie mich lange nicht zur ruhe kommen ließ. Alte Paderborner erinnerungen wurden wach [Anm.: Humperdinck war dort zur Schule gegangen], das stetig wiederkehrende thema von dem schönen Königssohn und der noch schöneren königstochter gemahnte an die glücklichen unschuldsvollen zeiten der ersten liebe.» In der Tat sollte Humperdinck auch die Königskinder auf die Musiktheaterbühne bringen, wobei deren zweite Fassung gar an der Metropolitan Opera New York ihre Uraufführung erlebte, außerdem Dornröschen sowie in Form von Lieder- oder Singspielen Schneewittchen und Die sieben Geißlein – nicht zu vergessen seinen größten und bis heute andauernden Erfolg mit der Oper «Hänsel und Gretel», die Kinder und Erwachsene gleichermaßen begeistert.

«Es war einmal ein armer Holzhauer, der lebte mit seiner Frau und zwei Kindern in einer dürftigen Waldhütte»: So beginnt das Märchen, und zwar nicht in der von den Gebrüdern Grimm aufgezeichneten und in den 1810er-Jahren erstmals gedruckten Fassung, sondern in jener Version, die Ludwig Bechstein 1845 in seinem «Deutschen Märchenbuch» veröffentlicht hat. Diese im 19. Jahrhundert zunächst weiter verbreitete Variante liegt auch Humperdincks Vertonung zugrunde – wobei die Entstehungsgeschichte mehrere Schritte umfasst. «Hatten die Brüder Grimm Volksmärchen als Inbegriff und Urgestalt der Poesie empfunden, und versuchten sie, die Texte im authentischen Wortlaut, phonographisch getreu aufzuzeichnen, so stand für Bechstein, der sich weniger um den Erhalt der schlichten Volkssprache bemühte, die plakative, drastische Schilderung im Vordergrund; sein subjektiv geprägter Stil tendiert zu theatraler Übertreibung. Einer Bühnenbearbeitung schien diese Version deshalb eher entgegenzukommen als die stille Erzählweise der Brüder Grimm mit ihrem leisen, anheimelnd-bezaubernden Tonfall» (Julia Liebscher). Als Humperdincks Schwester Adelheid Wette ein Märchenspiel schrieb, das ihre Kinder zum Geburtstag ihres Mannes aufführen sollten, hatte sie die Handlung freilich von einigen brutalen Motiven befreit oder diese gemildert. Humperdinck komponierte im Mai 1890 vier zweistimmige Lieder zu den Texten und versah diese als getreuer Wagnerianer in Anspielung auf den salbungsvollen Untertitel «Bühnenweihfestspiel» des «Parsifal» mit der ironischen Bezeichnung «Kinderstuben-Weihfestspiel». Wegen des großen Erfolges in der Familie aber wurde das Werkchen zum Singspiel ausgebaut, wobei Humperdincks Vater und Schwager Wette auch ihre Beiträge in dramaturgischer und textlicher Hinsicht leisteten. Im Dezember 1890 schließlich fiel der Entschluss, eine vollgültige Oper daraus zu machen – wobei der Komponist zunächst über die damit verbundenen Mühen klagte: «Dieser ewige Dialog, der eigentlich für kleine Kinder berechnet ist, die keine langen Geschichten hersagen können, ist sehr undankbar für die musikalische Behandlung. Das gibt lauter Miniatur- und Ziselierarbeit, bei welcher kein gesunder musikalischer Gedanke aufkommen kann.» Doch schließlich ist ihm das unmöglich Erscheinende gelungen – und zwar gerade durch die spezielle Verbindung von überschaubarem Liedchen und durchkomponierter Großform nach Wagner’schem Vorbild, durch dessen ausgefeilte Leitmotivtechnik eines vollen Orchesters und bezauberndem Volkston.

Das Vorspiel nimmt einige der wichtigsten und prächtigsten Melodien der Oper vorweg. Das beginnt gleich mit dem «Abendsegen», den Hörner und Fagotte in weihevollem Ton anstimmen: In der Oper wachen vierzehn Schutzengel über die im Wald schlafenden Kinder. Humperdinck begnügt sich aber nicht mit einer bloßen Aneinanderreihung einiger Hits, sondern präsentiert die Motive in kunstvoller symphonischer Verarbeitung und vielfältigen Kombinationen, wobei der choralartige «Abendsegen» die Grundlage des Ganzen bildet.

Die Uraufführung am Weimarer Hoftheater am 23. Dezember 1893 dirigierte kein Geringerer als Richard Strauss, der Humperdinck später in einem Brief höchste Anerkennung zollte: «Welch herzerfrischender Humor, welch köstliche naive Melodik, welche Kunst und Feinheit in der Behandlung des Orchesters, welche Vollendung in der Gestaltung des Ganzen.»

© NÖ Tonkünstler Betriebsges.m.b.H. | Walter Weidringer

Robert Schumann

Konzert für Klavier und Orchester a-Moll op. 54, 1. Satz

Sätze

  • Allegro affettuoso

Dauer

15 Min.

Entstehung

1841/43/45
George Gershwin

Cuban Overture

Dauer

10 Min.

Entstehung

1932

George Gershwin hatte eigentlich den Namen Jakob und war ein Sohn eines russischen Einwandererehepaares. Der Vater trug noch den Familiennamen Gershovitz, als er Ende des 19. Jahrhunderts, aus St. Petersburg kommend, in New York amerikanischen Boden betrat. Einer der Vorfahren Gershwins war Rabbiner. Jakob, der von allen George gerufen wurde, flitzte als Kind mit Rollschuhen durch die Straßen von New York. Es waren die fahrbaren Untersätze, die ihn zur Musik trugen. Bei einem Ausflug in die 125th Street in Harlem entdeckte der sechsjährige Bub einen Musikautomaten, der nach Einwurf einer Münze beliebte Musikstücke wiedergab. Das erste, was George Gershwin zu hören bekam, war die populäre «Melodie in F» des russischen Komponisten und Pianisten Anton Rubinstein. Die russische Kantilene weckte die musikalische Empfindung des New Yorker Knaben mit russischen Vorfahren. Er begann wie selbstverständlich auf dem von der Mutter angeschafften Klavier zu spielen, erhielt eine klassische Ausbildung am Klavier durch einen Musiker namens Charles Hambitzer, hörte berühmten Pianisten wie Leopold Godowsky in Konzerten zu, entwickelte aber gleichzeitig eine Leidenschaft für kurze, eingängige Melodien wie jene von Rubinstein und begann als 15-Jähriger, Songs nach dem Vorbild von Irving Berlin und Jerome Kern zu schreiben.

In die musikalische Lehre ging George Gershwin an keinem Konservatorium, sondern in der legendären Tin Pan Alley zwischen Broad-way und 5th Avenue in Manhattan. Er heuerte bei einem der vielen dort ansässigen Musikverlage als so genannter Song Plugger an. Ein harter Job – der Song Plugger musste die neuesten Schlager auf dem Klavier Interessenten (Sängern, Instrumentalisten, Kapellmeistern) vortragen, damit diese die Noten kauften und die Rechte zum Vortrag erwarben. George Gershwin war gewissermaßen eine lebendige Music Box, der Melodien von Berlin, Kern, Sousa und Hammerstein aus dem Handgelenk schüttelte und dabei das Gespür für den wirkungsvollen Aufbau und Verlauf einer Melodie bekam. Der junge Mann knüpfte Kontakte mit Komponisten und mit aufstrebenden darstellenden Künstlern wie dem Geschwisterpaar Fred und Adele Astaire.

Ein Song machte den jungen Gershwin über Nacht in ganz Amerika und auch in Großbritannien berühmt: «Swanee», verbreitet vom bekanntesten Broadway-Showman, Al Jolson. Gershwin war damals 21 und bereits mit dem Musical «La La Lucille» auf dem Broadway gelandet. Rund 25 weitere Musicals ließ er in den nächsten 15 Jahren folgen, darunter «Lady, Be Good», «Show Girl», «Girl Crazy» oder «Strike Up The Band». In den Orchesterensembles wirkten herausragende Musiker wie der Klarinettist Benny Goodman, der Posaunist Glenn Miller und der Schlagzeuger Gene Krupa mit. Die Musicals gerieten in Vergessenheit, Songs daraus überlebten und wurden zum Teil zu Jazz-Standards.

Die Musikgeschichte aber wirbelte Gershwin gehörig auf, indem er seine kompositorische Begabung bald auch dem klassischen musikalischen Formenkanon angedeihen ließ. Im Februar 1924 kündigte der «King of Jazz», wie der Bandleader Paul Whiteman genannt wurde, für einen Abend unter dem Titel «Was ist amerikanische Musik?» in der Aeolian Hall in New York eine Komposition des 26-jährigen Gershwin für Jazzband und Piano an. Gershwin, ein begnadeter Rag-Pianist, der leidenschaftlich gerne bei Partys am Klavier improvisierte, spielte nun seine «Rhapsody in Blue» vor einem überaus prominenten Publikum, darunter die Komponisten Sergej Rachmaninow und Ernest Bloch, der Geiger Fritz Kreisler und die Dirigenten Willem Mengelberg, Leopold Stokowski und Walter Damrosch. Die Uraufführung der Rhapsodie, die der Arrangeur der Whiteman-Band, Ferde Grofé, für ein 23 Personen starkes Orchester instrumentierte, geriet zur Sensation. Amerika, dessen Konzertleben hauptsächlich von europäischen Interpreten und Werken geprägt war, feierte in Gershwin ein junges «amerikanisches Originalgenie».

Intuitiv bewegte sich Gershwin fürderhin mit sicherer Hand durch die Genres der Konzertmusik. Der «Rhapsody in Blue» ließ er innerhalb weniger Jahre Orchesterstücke wie «An American in Paris» und die «Cuban Overture» sowie weitere Werke für Klavier und Orchester, das Concerto in F, die «Second Rhapsody» und die «I got rhythm»-Variationen folgen. Sein Ruhm als Komponist verbreitete sich rasant. Auch in der alten Welt brachte man dem jungen Amerikaner Anerkennung entgegen, wie er bei Reisen durch Europa in Paris, London, aber auch in Berlin und Wien feststellen konnte. Es kam zu Begegnungen mit Franz Lehár, Emmerich Kálmán, Kurt Weill, Alban Berg, Maurice Ravel, Igor Strawinski, Francis Poulenc, Darius Milhaud, Arthur Honegger und Sergej Prokofjew.

Gershwin sog begierig musikalische Eindrücke aus Europa auf. Er hörte Streichquartettmusik von Schönberg und Berg, erlebte in Wien Kreneks Oper «Jonny spielt auf» – und wollte Unterricht bei Ravel, Strawinski und Nadja Boulanger nehmen, da er das Gefühl hatte, noch keine «seriöse» musikalische Ausbildung erfahren zu haben. Ravels Reaktion, dass es ein «erstklassiger Gershwin» doch nicht nötig habe, ein «zweitklassiger Ravel» werden zu wollen, ist symptomatisch für den Respekt, mit dem man dem unverwechselbaren musikalischen Stil Gershwins begegnete.

Als Gershwin im Februar 1932 bei einem Urlaub in Kuba Volksmusik mit dem Einsatz typischer Perkussionsinstrumente hörte, wurde er zur Komposition eines Orchesterstückes angeregt. Er bezog Bongos, Maracas (Rasseln), Guiro (eine Art Ratsche) und Claves (zwei aufeinander geschlagene Holzstöcke) in das neue Werk ein, das auf dem Rhythmus der Rumba basiert und ursprünglich auch den Namen des Tanzes als Titel tragen sollte, dann aber in «Cuban Overture» umbenannt wurde. Laut einer Angabe Gershwins auf der Titelseite der Partitur sollen die Musiker mit den genannten Perkussionsinstrumenten vor dem Orchester Aufstellung nehmen – er wollte damit noch akustische Vorteile erzielt wissen, aber auch die Besonderheit der Instrumente optisch herausstellen.

Heftig bewegte Rahmenteile mit demselben thematischen, im ersten Abschnitt polyphon aufgefächerten und im dritten Abschnitt wirkungsvoll verdichteten musikalischen Material umgeben einen ruhigeren Mittelteil, in dem ein Kanon ausgebreitet wird. Polytonale Behandlung der Melodik und vertrackte rhythmische Passagen weisen die «Cuban Overture» als sehr fortschrittliche Komposition aus. Sie reißt aber unmittelbar mit und erweist sich wahrhaft als das, was Gershwin mit ihr verwirklichen wollte: das «Wesen des kubanischen Tanzes zu verkörpern». Die Uraufführung fand noch im Sommer 1932 bei einem Open-air-Konzert im Lewisohn-Stadion von New York vor fast 18.000 Zuhörern statt. Gershwin zog die Massen an. Ein Popstar.

© NÖ Tonkünstler Betriebsges.m.b.H. | Rainer Lepuschitz

Franz Lehár

«Meine Lippen, sie küssen so heiß» Lied der Giuditta aus der Operette «Giuditta»

Dauer

4 Min.

Mit seinem letzten Bühnenwerk «Giuditta» gelang Franz Lehár, was er schon als junger Komponist angestrebt hatte: Sie wurde am 20. Jänner 1934 in der Wiener Staatsoper uraufgeführt. Direktor Clemens Krauss wollte dies zwar verhindern, doch benötigte die Staatsoper dringend Geld, also einen musikalischen Erfolg. Und dieser wurde ihr durch die «Giuditta» auch beschert, die bei der Premiere die bisher höchsten Einnahmen einspielte.

Das Libretto zu dieser «Musikalischen Komödie» – wie Lehár sie selbst nannte – in fünf Bildern stammte von Paul Knepler und Fritz Löhner-Beda. Die männliche Hauptrolle sang der von Lehár so geschätzte Richard Tauber. Die Geschichte ist in Südeuropa und Nordafrika der Gegenwart angesiedelt: Der junge Offizier Octavio verliebt sich in die schöne Giuditta und ihre wunderbare Stimme. Als er den Befehl zur Abreise nach Nordafrika erhält, verlässt Giuditta ihren alternden Ehemann Manuele und begleitet ihn. In Afrika verleben die beiden eine glückliche Zeit, doch als Octavio an die Front muss, kann ihn Giuditta nicht zur Fahnenflucht verleiten; er verlässt seine Geliebte. Diese wird Tänzerin in einem Nachtlokal und führt nun ein ungezügeltes Leben. Octavio gibt aus Sehnsucht seine Offizierslaufbahn auf und sucht Giuditta, die aber mittlerweile zahllose Männerbekanntschaften unterhält Octavio kann sie nicht mehr zurückgewinnen. Er kehrt nach Europa zurück und wird Pianist in einer Bar. Durch Zufall kommt Giuditta nach einigen Jahren dorthin und singt das bekannte Walzerlied «Meine Lippen, sie küssen so heiß». Ihre alte Liebe zu Octavio entflammt wieder, doch will dieser nun nichts mehr von ihr wissen.

Lehár bemühte sich zwar um eine «besonders sorgfältige Instrumentierung, wie sie das reiche, so wundervolle Orchester der Staatsoper auch verlangt», ebenso lag ihm «die wirkungsvolle Behandlung der Singstimmen und Gewähltheit der Thematik» am Herzen. Die große Popularität vieler seiner anderen Werke konnte die «Giuditta» letztendlich aber nicht erlangen.

© NÖ Tonkünstler Betriebsgesellschaft m.b.H. | Eva Maria Hois

Johann Strauss

Rosen aus dem Süden, Walzer op. 388 nach Motiven aus der Operette «Das Spitzentuch der Königin»

Dauer

9 Min.

Am 1. Oktober 1880 fand im Theater an der Wien die Premiere der Operette «Das Spitzentuch der Königin» statt. Das Libretto von Heinrich Bohrmann erwies sich als untauglich für die Bühne, dem Werk war daher nicht der erwartete Erfolg beschieden. Johann Strauß hatte bei der Wahl seiner Librettisten selten eine gute Hand, daher gerieten viele seiner Operetten schnell in Vergessenheit. Strauß hatte es sich aber zur Angewohnheit gemacht, einzelne Nummern seiner Bühnenwerke für den Konzertsaal zu bearbeiten, so auch Melodien aus «Das Spitzentuch der Königin». Bereits vier Tage nach der Uraufführung kündigte der Verleger Cranz mit dem ersten «Spitzentuch-Potpourri» einen der bekanntesten und beliebtesten Strauß-Walzer an: «Rosen aus dem Süden». Die erste Melodie entstammte dem so genannten «Trüffel-Couplet», eine weitere der Romanze «Wo die wilde Rose blüht», auf die sich auch der Titel des Walzers bezieht. Das Wort «Süden» war wohl eine Huldigung an den Widmungsträger König Humbert I. von Italien.

Das Wiener Publikum war immer besonders an Strauß interessiert, schlechte Libretti minderten die Begeisterung nicht. So schrieb das «Fremdenblatt» über die Premiere: «Es war ein bewegter Abend. Das Haus bis zum Giebel gefüllt, galt es doch, ein Werk unseres Strauß zu hören, denn Strauß genießt das immer seltener werdende Prädikat , was soviel wie die dritte Steigerungsstufe für einen Künstler bedeutet. 1. Stufe = Herr Strauß,  2. Stufe = Strauß, 3. Stufe = unser Strauß!» So ist die Operette «Das Spitzentuch der Königin» nur auf den ersten Blick in Vergessenheit geraten, im Walzer «Rosen aus dem Süden» wurde sie zu einem der bekanntesten Werke des Walzerkönigs.

© Marie-Therese Arnbom | Tonkünstler