Joseph Haydn

Konzert für Violine und Orchester C-Dur Hob. VIIa:1

Sätze

  • Allegro moderato

  • Adagio

  • Finale. Presto

Dauer

28 Min.

Entstehung

1765

Haydns Anstellung als Vizekapellmeister in den Dienst des Fürsten Paul Anton II. Esterházy im Jahr 1761 war Teil einer umfassenden Reorganisation der fürstlichen Hofkapelle. Die musikalischen Aufgaben wurden in zwei Bereiche geteilt: Der Hofkapellmeister Gregor Joseph Werner war für die Kirchenmusik zuständig, während Haydn die Aufgabe hatte, die Instrumentalmusik zu leiten und jene Kompositionen zu liefern, die der Vorliebe des Fürsten für die moderne Instrumentalmusik entsprachen. Als fürstlicher Kapellmeister war Haydn bemüht, die solistischen Fähigkeiten der Musiker des Esterházy´schen Orchesters ins rechte Licht zu rücken. Die besondere Berücksichtigung seiner Solisten beginnt in den drei «Tageszeiten»-Symphonien Hob. I:6-8 und veranlasste Haydn sicher auch zur Komposition der vier Violinkonzerte Hob. VIIa:1-4. Das Konzert in D-Dur Hob. VIIa:2, von dessen Existenz wir nur aus Haydns Entwurf-Katalog wissen, ist verschollen.

Da Haydn seine Konzerte für bestimmte Musiker schrieb, wurden diese Werke zu seinen Lebzeiten nicht gedruckt, was zahlreiche Verluste zur Folge hatte. Das um 1765 entstandene Violinkonzert in C-Dur Hob. VIIa:1 wurde für den Konzertmeister Luigi Tomasini (1741-1808) komponiert, was aus dem Vermerk «fatto per il luigi» in Haydns Entwurf-Katalog hervorgeht. Der aus Pesaro stammende Luigi Tomasini wurde wahrscheinlich schon 1753, anlässlich der Rückkehr von Paul Anton II. von Neapel nach Wien, in den fürstlichen ofstaat aufgenommen. 1759 unternahm Tomasini eine Studienreise nach Venedig, und im folgenden Jahr nahm er wahrscheinlich Unterricht bei keinem Geringerem als Leopold Mozart in Salzburg. Tomasini, der sicher auch Haydns Kompositionsschüler war, schrieb zwei Violinkonzerte, zahlreiche Streichquartette, Violinsonaten und 24 Barytontrios. Tomasini wurde zwar 1790 pensioniert, aber 1794 wieder als Konzertmeister der neu errichteten Esterházy´schen Hofmusik eingestellt. Die Geige, auf der Luigi Tomasini Haydns C-Dur Konzert zum ersten Mal spielte, befand sich noch 1909 im Besitz seines Urenkels Carl Tomasini, der als Violinist der Hofkapelle des Großherzogs von Mecklenburg in Neustrelitz tätig war.

Die Form des Eröffnungssatzes Allegro moderato des Konzerts Hob. VIIa:1, der mit seinen punktierten Rhythmen noch an die Musiksprache des Barocks erinnert und durch seine taktübergreifenden Motive dem Cellokonzert Hob. VIIb:1 eng verwandt ist, entspricht dem Grundmodell des frühklassischen Solokonzerts: Vier Ritornelle umrahmen drei Soli, wobei Haydn aber stets die ihm eigene Experimentierfreude zeigt und dem Solisten ein zweites Thema in der Dominant-Tonart zuweist. Die mit Pizzicato-Achteln der Streicher unterlegte Kantilene des zweiten Satzes - Adagio - ist eine Hommage an alle langsamen Konzertsätze Antonio Vivaldis, wobei Joseph Haydn die erstaunlich wirksame Idee realisiert, den Satz mit einer einfachen F-Dur-Tonleiter beginnen und enden zu lassen. Der Schluss-Satz, ein Presto, ist ein ebenso in Ritornellform stehender Typ des heiteren Kehrausfinales, dessen Läufe, Doppelgriffpassagen, Intervallsprünge und rasche Tonwiederholungen beweisen, dass Haydns Violinkonzert Hob. VIIa:1 für einen Virtuosen komponiert wurde.

Die Gattung des Solokonzerts wurde in Österreich erst relativ spät populär und erlangte nie die Beliebtheit, die sie in Italien und Süddeutschland hatte. Die populärste Gattung der Wiener Instrumentalmusik in der Mitte des 18. Jahrhunderts war die Symphonie, und der dominierende Musikgeschmack führte zu einer unstillbaren Nachfrage nach dieser neuen musikalischen Form. Das Instrumentalkonzert hingegen spielte im Konzertleben der Frühklassik nur eine marginale Rolle, denn seine starr dualistische Struktur, die sich in Italien zum Standard entwickelt hatte, passte nicht recht in die Formenwelt der modernen Instrumentalmusik. Es bedurfte eines kreativen Genius vom Range Joseph Haydns, das Solokonzert zu jener Meisterschaft zu heben, die das Konzertschaffen Mozarts auszeichnen sollte.

© Niederösterreichische Tonkünstler Betriebsgesellschaft m.b.H. | Dr. Michael Lorenz

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