Archiv: Erklärt. Erlebt! | Lieben Sie Brahms

Wien Musikverein Großer Saal Musikverein | Großer Saal

Interpreten

  • Albert Hosp, Moderation
  • Robert Trevino, Dirigent

Programm

Als Johannes Brahms im Jahr 1873 seine «Variationen über ein Thema von Joseph Haydn» komponierte, war er sich der Urheberschaft des «Chorale St. Antoni» sicher. Dieses zauberhafte Choralthema aus Haydns Divertimento B-Dur für acht Bläser hatte Johannes Brahms drei Jahre zuvor im Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien aufgestöbert. Wie man heute weiß, stammt es höchstwahrscheinlich von einem Schüler Haydns. Fest steht, dass die acht Orchestervariationen von Brahms mit einer grandiosen Passacaglia am Schluss auch dem kammermusikalischen Original zu größter Berühmtheit verhalfen. Ergänzt werden die Variationen von drei Bestsellern: Seine «Ungarischen Tänze», ursprünglich für Klavier zu vier Händen gedacht, brachten Brahms den Durchbruch als Komponist.

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Johannes Brahms

Variationen über ein Thema von Joseph Haydn B-Dur op. 56a

Sätze

  • Thema. Chorale St.Antoni. Andante

  • Variation I. Poco più animato

  • Variation II. Più vivace

  • Variation III. Con moto

  • Variation IV. Andante con moto

  • Variation V. Vivace

  • Variation VI. Vivace

  • Variation VII. Grazioso

  • Variation VIII. Presto non troppo

  • Finale. Andante

Dauer

17 Min.

Johannes Brahms besaß eine bedeutende Autografensammlung, in der sich auch Musik von Joseph Haydn – die «Sonnenquartette» – befand. Das Thema für seine «Variationen über ein Thema von Joseph Haydn» op. 56a fand Brahms allerdings im Wiener Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in einer Haydn-Ausgabe von sechs Divertimenti für 2 Oboen, 3 Fagotte, 2 Hörner und Serpent. Diese Divertimenti trugen auch die volkstümlichere Bezeichnung «Feld-Parthie». Aus der letzten «Parthie» stach Brahms ein «Chorale St. Antoni» mit einer faszinierenden unregelmäßigen Periodik der Melodie – die in fünf statt vier Takten verläuft – hervor.

Rückblickend erscheint es kurios, dass der sorgfältige musikalische Philologe und versierte Musikhistoriker Brahms (der auch von Werken der Vergangenheit Editionen von Verlagen betreute) ausgerechnet ein Thema erwischte, das möglicherweise gar nicht von Haydn stammt. Denn für die Musikwissenschaft ist mittlerweile Haydns Autorschaft dieser «Feldparthie» zweifelhaft. Und selbst dann, wenn Haydn der Komponist wäre, hieße das nicht gleichzeitig, dass er auch das Thema des Chorals erfunden hätte. Viel eher ist wahrscheinlich, dass diese Melodie in der «Feldparthie» zitiert wurde und auf ein Wallfahrtslied zurückgeht.

In jedem Fall komponierte also Brahms Variationen über ein Thema, das auch Joseph Haydn verwendete. Und unzweifelhaft ist auch, dass Brahms’ Komposition gewordener Ausdruck seiner Bewunderung für Haydns Epoche ein Meisterwerk erbrachte, in dem die Proportionen von Instrumentation, Form und Themenverarbeitung geradezu ideal gelangen. Brahms, der sich unter dem übermächtig erscheinenden Eindruck von Beethovens Symphonien in jener Zeit noch immer scheute, Symphonien zu komponieren, verschuf sich mit den «Haydn-Variationen» Sicherheit auf dem Terrain von symphonischer Orchestermusik. Gleichzeitig begründete er eine neue Form, die Orchester-Variationen, die dann besonders in Werken Max Regers, Edward Elgars und Arnold Schönbergs Fortsetzungen fanden.

Brahms stellt das Thema faktisch in der originalen Bläserbesetzung (nur das Serpent ersetzte er durch ein Kontrafagott) vor. In allen acht Variationen behält er die Grundstimmung in B bei, manchmal allerdings nach Moll abgedunkelt. Auch die Periodik des Originals verändert Brahms weitgehend nicht, dafür untersucht und verändert er gründlich die harmonischen und rhythmischen Charakteristika des Themas.

Zudem baute er das Werk in einem wirkungsvollen kleinsymphonischen Plan auf. Dieser enthält kraftvolle Orchestersätze (1. Variation mit dem für Brahms so typischen, weit ausschwingenden Streichersatz, 6. Variation mit Jagd-Charakter), scherzohafte Teile (2. Variation, 5. Variation mit bizarren Figurationen, 8. Variation mit schattenhaft vorbeihuschenden Bewegungen), lyrisch-versponnene Abschnitte (3. Variation, 4. Variation im Stile einer Prozession, 7. Variation mit pastoraler Betonung des sakralen Charakters des Themas) und gipfelt im Finale in einer stolzen Passacaglia, die zur Apotheose des Themas führt.

Der Weg zur Symphonie war frei – und im Finale seiner 4. und letzten Symphonie kehrte Brahms viele Jahre später zur Form der Passacaglia zurück.

© Rainer Lepuschitz | NÖ Tonkünstler Betriebsges.m.b.H.

Johannes Brahms

Ungarischer Tanz Nr. 1 g-Moll

Sätze

  • Allegro molto

Dauer

7 Min.
Johannes Brahms

Ungarischer Tanz Nr. 5 g-Moll (Instrumentierung: Albert Parlow)

Sätze

  • Allegro

Dauer

2 Min.