Bruch & Dvorák

Wels Stadttheater Stadttheater

Details und Tickets

  1. Wels Stadttheater Stadttheater

Interpreten

  • Benjamin Herzl, Violine
  • Erina Yashima, Dirigentin

Programm

«In nur 50 Jahren wird sein Glanz als der des überragendsten Komponisten aller Zeiten hell erstrahlen, während man sich meiner hauptsächlich nur wegen meines g-Moll-Violinkonzertes erinnern wird»: Selbstkritisch und streng fiel das Urteil Max Bruchs aus, der immerhin sein famoses Violinkonzert gelten ließ, sich ansonsten jedoch im Schatten von Johannes Brahms sah. Brahms ist überhaupt der unsichtbare – oder besser: unhörbare – Dritte in diesem beziehungsreichen Programm: Denn Antonín Dvořák nahm für seine glänzende sechste Symphonie Maß an Brahms’ Zweiter. Geiger Benjamin Herzl und Dirigentin Erina Yashima plädieren für wenig bekannte Meisterwerke!

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Max Bruch

Konzert für Violine und Orchester Nr. 1 g-Moll op. 26

Sätze

  • Allegro moderato -

  • Adagio

  • Finale. Allegro energico

Dauer

25 Min.

Entstehung

1864-68

Max Bruch wandte sich einmal verzweifelt in einem Brief an seinen Verleger Simrock: «Alle 14 Tage kommt einer der deutschen Geiger und will mir das erste Konzert vorspielen; ich bin schon grob geworden und habe zu ihnen gesagt: »

Das Erste Violinkonzert von Max Bruch: Seit der Uraufführung seiner endgültigen Fassung 1868 durch den damals berühmtesten Geiger, Joseph Joachim, ist es im Repertoire aller bedeutenden Geiger, wegen seiner gelungenen Mischung aus virtuoser Energie und lyrischer Ausdruckskraft bei Musikern wie Publikum bis zum heutigen Tage gleichermaßen geschätzt – und es überstrahlt alles, was dieser Komponist sonst geschaffen hat. In der Blüte seines Lebens einer der erfolgreichsten und meistgespielten seiner Zunft, mit internationalen Aufträgen aus der Alten und Neuen Welt bedacht, geriet Bruch im 20. Jahrhundert zunehmend ins Hintertreffen des musikalischen Bewusstseins, da sein von Mendelssohn und Schumann ausgehender Stil als rückständig erschien und als unverbesserlich konservativ bewertet wurde. Bruch, nur wenig jünger als Brahms, bekannte sich zu diesem und machte aus seiner Ablehnung von Wagner, Liszt und später von Reger und Richard Strauss auch kein Hehl, als er schon Professor für Komposition an der Berliner Hochschule und damit eine Autorität des deutschen Musiklebens war.

Diese eindeutige Haltung hat sicher mit dazu beigetragen, dass die Musik von Bruch, der vereinsamt in der aufkeimenden Moderne Strawinskis und Hindemiths im hohen Alter von 82 Jahren starb, kaum mehr Berücksichtigung fand. Dabei schuf er drei herrliche Symphonien, die eine starke romantische Empfindung mit edler klassizistischer Formung verbinden. Auch die beiden weiteren Violinkonzerte und die Konzertstücke wie die «Schottische Fantasie» (für Violine) und das hebräisch inspirierte «Kol nidrei» (für Violoncello) zeichnen sich durch einen feinen, lichterfüllten Klangsinn, eine ausgeprägte melodische Kraft und eine farbenreiche Harmonik aus.

Das Erste Violinkonzert erscheint als Wurf eines jungen Romantikers, Bruch hat aber sehr lange daran gefeilt und große Schwierigkeiten mit der Form und mit der Gestaltung des Soloparts gehabt, zu der er zahlreiche Geiger, darunter auch Joachim, heranzog. Bruch entwickelte das Werk aus der Idee einer Konzertfantasie heraus, was auch die ineinander übergehenden, sich einander bedingenden drei Sätze anzeigen. Der erste Satz trägt zu Recht den Titel «Vorspiel», vibriert er doch beständig in einer gespannten Erwartungshaltung und verläuft der Solopart oft in präludierenden Bahnen. Die Musik schreitet, von marschartigen Bässen angetrieben, auf den eigentlichen Hauptteil des Werkes zu, der mit dem schönen Melos des langsamen Satzes einsetzt, in dem sich das berührende Thema zu einer eindrucksvollen Folge aus den absteigenden Intervallen der Terz, Quart und Quint steigert. Das mitreißende, magyarisch gefärbte Finalthema – fünf Jahre vor Brahms’ Violinkonzert komponiert (!) und sicher von dem aus Ungarn stammenden Joachim beeinflusst – mündet in einem leidenschaftlichen Motiv, das von einem Oktavsprung imposant eingeleitet wird und den hohen expressiven Gehalt des gesamten Werkes wie in einem Brennspiegel erscheinen lässt.

© NÖ Tonkünstler Betriebsges.m.b.H. | Rainer Lepuschitz

Antonín Dvorák

Symphonie Nr. 6 D-Dur op. 60

Sätze

  • Allegro non tanto

  • Adagio

  • Scherzo (Furiant). Presto - Trio. Poco meno mosso

  • Finale. Allegro con spirito - Presto

Dauer

40 Min.

Entstehung

1880

Der Weg Antonín Dvoráks zum weltweit gefeierten tschechischen Nationalkomponisten war langwierig und schwierig. Seinen frühzeitig gefassten Wunsch, Komponist zu werden, konnte Dvořák nicht sofort durchsetzen. Sein Vater František Dvořák betrieb eine Gaststätte und einen Metzgerladen und bestand darauf, dass sein ältester Sohn ebenfalls Metzger werden müsse. Die Mutter des Komponisten arbeitete bis zu ihrer Verheiratung als Dienstmagd auf dem Lobkowitzschen Schloss. Während seiner Lehrzeit in dem Städtchen Zlonice konnte Dvořák aber immerhin Unterricht in Klavier, Orgel und Musiktheorie nehmen und sein Lehrer Antonín Liehmann war es auch, der den Vater überreden konnte, dass der Junge eine professionelle Musikausbildung erhalten sollte. 1857 begann Dvořák eine Ausbildung an der Orgelschule in Prag. Da dieses Institut auf die Ausbildung kommender Organisten und Kantoren ausgerichtet war, lernte Dvořák dort zwar das unabdingbare Handwerkszeug in harmonischer und kontrapunktischer Satztechnik, Kompositionsunterricht im eigentlichen Sinn gab es dort jedoch nicht. Die eigentliche musikalische Lehrzeit Dvořáks waren daher seine Anfängerjahre im Orchester der Prager Cäcilienvereinigung und die zehnjährige Tätigkeit als Bratscher im Orchester des Interimstheaters in Prag. 1874 begann Dvořák außerdem an einer privaten Musikschule zu unterrichten, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. In dieser ganzen, finanziell sicherlich sehr kargen Zeit war er zwar mit kleineren Komposition an die Öffentlichkeit getreten, doch fanden diese kaum Interesse.

Sein steiler Aufstieg zu Weltruhm begann, als ihm 1875 zum ersten Mal ein Künstlerstipendium verliehen wurde. Mitglied der begutachtenden Kommission war Eduard Hanslick, später auch Johannes Brahms. Dieser verhalf ihm 1877 schließlich zu seinem endgültigen Durchbruch, indem er seinem Verleger Fritz Simrock die Veröffentlichung der Klänge aus Mähren, einer Sammlung von Duetten, empfahl. Simrock war begeistert und bestellte bei Dvořák eine Reihe weiterer Kompositionen, u.a. den Zyklus Slawische Tänze. Gleichzeitig war dies der Beginn einer lebenslangen Freundschaft zwischen Dvořák und Brahms. Letzterer setzte sich ferner dafür ein, dass Dvořáks Werke durch namhafte Interpreten wie Joseph Joachim und Hans von Bülow aufgeführt wurden. Das Interesse für Dvořáks Musik breitete sich in der folgenden Zeit auch im Ausland rasant aus. Er unternahm mehrere überaus erfolgreiche Konzertreisen, wurde zum Kompositi-onslehrer an das Prager Konservatorium berufen und wirkte von 1892 bis 1895 in den USA. Danach kehrte Dvořák an das Prager Konservatorium zurück, dessen Leitung er bis zu seinem Tod innehatte.

Als «Böhmischer Brahms» wurde Antonín Dvořák noch zu Lebzeiten gerühmt. Diesen Ehrentitel hatte ihm die geglückte Verbindung der musikästhetischen Ideale absoluter Musik mit slawischer Folklore in weiten Teilen seines Œuvres eingetragen. Zunächst übten auf Dvořáks symphonische Gestaltung lange Zeit die Werke der großen Meister (Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert, Schumann, Liszt und Wagner) einen dominierenden Einfluss aus. Mit zunehmender Reife entwickelte Dvořák durch die Verbindung dieser Einwirkungen mit Elementen der heimatlichen Volksmusik einen stark profilierten Eigenstil. Auf diese Weise ist er, der nach seinen eigenen Worten zeitlebens «ein schlichter tschechische Musikant» geblieben ist, neben Smetana zum Begründer der national-tschechischen Kunstmusik geworden.Gelegentlich der Aufführung seiner dritten Rhapsodie in Wien (November 1879) war Dvořák mit dem Dirigenten Hans Richter in Kontakt gekommen. Dieser gab ihm die Anregung, für die Wiener Philharmoniker eine Symphonie zu schreiben. Im darauffolgenden Jahr kam Dvořák Richters Wunsch nach und schrieb die Symphonie – seine Sechste – in der Zeit vom 7. August  bis 15. Oktober 1880. Hans Richter, einem der treuesten Vorkämpfer Dvořáks, war das Werk denn auch gewidmet. Richter war tief gerührt und schrieb an den Komponisten: «Mein lieber edler Freund! Von London zurückgekehrt finde ich Ihr herrliches Werk, dessen Widmung mich wahrlich stolz macht. Mit Worten kann ich meinen Dank nicht genügend ausdrücken: eine Aufführung, wie sie dieses edlen Werkes würdig ist, soll ihnen beweisen, dass ich den Wert desselben und die Ehre der Widmung zu schätzen weiß».

Die Symphonie Nr. 6 op. 60 gehört zu den Werken Dvořáks, bei denen die tschechische Folklore am stärksten ausgeprägt erscheint. Die einheitliche Ausstattung mit einer Thematik, die der heimatlichen Volksmusik entwachsen ist, sowie die Bezogenheit mancher Themen aufeinander bewirken trotz der Vielfalt der musikalischen Gedanken die organische Geschlossenheit der Symphonie. Hörbar wird dies bereits im ersten Satz, dessen Hauptthema auf einer böhmischen Volksliedmelodie basiert. In Gestalt eines markanten Quartenmotivs bleibt diese Melodie den ganzen Satz über präsent. Zwei Seitenthemen werden vorgestellt, diese tauchen aber in der Durchführung nicht mehr auf. Stattdessen werden die Überleitungen mit dem Kernthema verwoben. Johannes Brahms und seine Orchesterierungskunst standen hier unüberhörbar Pate. Auch der anschließende zweite Satz, ein Adagio in B-Dur, zitiert das Hauptthema aus dem ersten Satz noch zwei Mal. Gleichzeitig schafft dieser Satz mit seiner gefühlswarmen Melodik einen wirkungsvollen Gegensatz zu den heiter-beschwingten Ecksätzen. Dem Stilcharakter des Slawischen ist am meisten das folgende Scherzo angenähert, das in Form eines temperamentvollen Furiant gestaltet ist. Dieser Furiant, ein böhmischer Nationaltanz in schnellem Tempo, mit scharfen Akzenten und in wechselnder Taktart, gewinnt seinen besonderen Schwung aus der Spannung zwischen Zweier- und Dreier-Rhythmus. Er wird hier zum ersten Mal in einer Symphonie verwandt. Das Finale ist wiederum eng mit Johannes Brahms verwandt, in diesem Falle mit dem letzten Satz aus dessen zweiter Sinfonie D-Dur op. 73. Tempo, Taktart und Tonart dieser beiden Werke stimmen überein, und auch die Hauptthemen dieser Kompositionen haben deutliche Bezüge untereinander.

Die für Dezember 1880 unter Hans Richter in Wien angesetzte Uraufführung fand aufgrund politischer Spannungen nicht statt. Einige Mitglieder der Wiener Philharmoniker lehnten schon nach der ersten Probe die Darbietung des Werks eines Slawen rundheraus ab. Daher erfolgte die Uraufführung am 25. März 1881 durch das Orchester des Tschechischen Nationaltheaters unter der Leitung von Adolf Čech in einem Konzert des Akademischen Lesevereins in Prag. Der Erfolg war so groß, dass der dritte Satz sogar wiederholt werden musste. Hans Richter brachte die Symphonie, ebenfalls unter großem Beifall, schließlich am 15. Mai 1882 in London zur Aufführung, nachdem das Werk dort bereits einige Wochen vorher, am 22. April 1882, unter der Leitung von August Manns im Kristallpalast erklungen war. Auch Dvořák selbst dirigierte die Symphonie später mehrmals in England.

© NÖ Tonkünstler Betriebsgesellschaft m.b.H. | Karin Martensen