Pjotr Iljitsch Tschaikowski

Capriccio italien op. 45

Sätze

  • Andante un poco rubato ? Pochissimo più mosso ? Allegro moderato

Dauer

15 Min.

Entstehung

1879/80

Pjotr Iljitsch Tschaikowski zählt zu einer an Größe nicht zu unterschätzenden Gruppe von Komponisten, die uns mit einer vergleichsweise kleinen Auswahl ihres Gesamtwerks bekannt sind -
ein Umstand, der diesen Komponisten nicht immer zum Vorteil gereicht. In unverblümten und treffenden Worten beschrieb es der deutsche Musikwissenschaftler Attila Csampai: «Keinem anderen Komponisten hat die außergewöhnliche Popularität zahlreicher Werke insgesamt so geschadet wie Pjotr Iljitsch Tschaikowski, der [...] den Ruf des pathologischen Romantikers und parfümierten Salonkomponisten bis heute nicht loswerden konnte.»
In der Tat, Tschaikowski ist uns im Konzertsaal durch drei Instrumentalkonzerte, einen kleinen Ausschnitt aus seinem symphonischen Oeuvre und eine Handvoll von Orchesterwerken bestens bekannt. Auf der Opernbühne erfreuen uns Ballettmusiken und zwei Opern («Pique Dame» und «Eugen Onegin»). Die zahllosen Meisterwerke im Bereich der Kammermusik, Lieder, Musik für Soloklavier und eine beachtliche Zahl von hierzulande selten bis nie gespielten Opern und vielen großen Orchesterwerken warten unerklärlicherweise auf ihre Wiederentdeckung.
Das heute gespielte Capriccio italien op. 45 hat in mehrfacher Hinsicht eine Sonderstellung inne. Zum einen gibt es kaum ein Werk aus der Hochromantik, das an Leichtigkeit und unbelasteter Freude diesem Werk ebenbürtig wäre. Zum anderen reflektiert die Musik in keinem Takt die persönlichen Lebensumstände des Komponisten zur Zeit der Entstehung. Die späten 1870er Jahre waren für Tschaikowski keine leichte Zeit. Nach einer tiefen persönlichen Krise, die in einer überstürzt eingegangenen und kurz darauf gescheiterten Ehe mündete, suchte der Komponist Zerstreuung und Inspiration auf Reisen. Neben Aufenthalten in Frankreich und in der Schweiz stand auch Italien auf dem Reiseplan. Den Winter 1879/80 verbrachte Tschaikowski in Rom, wo er sein zweites Klavierkonzert instrumentierte. Hier entstand auch das Capriccio italien, zweifellos eine der berühmtesten Musik-Postkarte der Geschichte.
Das Stück beginnt mit einer Signalfanfare, die Tschaikowski nach eigenen Angaben regelmäßig aus einer nahegelegenen Kaserne hörte. In den Streichern erklingt eine etwas pathetisch anmutende, langsame Melodie, die von grollenden Bläserakkorden begleitet wird. Rasch entwickelt sich das Geschehen zu einem ersten Höhepunkt - immer noch lässt uns der Komponist im Glauben, es handle sich um etwas sehr Ernstes. Erst jetzt blitzen zwei Oboen mit dem italienischen Gassenhauer (das Wort Schlager wäre nicht verkehrt) «Babbo non vuole, mamma nemmeno, come faremo a fare all'amor» hervor. «Das Mädchen mit den blonden Zöpfen» (so in der Übersetzung) war eine damals ungeheuer populäre Melodie, die Tschaikowski lustvoll in sein Capriccio packte und damit der sangesfreudigen Lebenslust der Italiener seine Reverenz erwies. Die Melodie ist unschuldig, ausgelassen und hat beinahe etwas «Beschwipstes» an sich - ein idealer Ausgangspunkt für kompositorische Spielereien, die in einem Capriccio perfekt aufgehoben sind. Tschaikowski versteht es meisterhaft wie kein Zweiter, zwischen augenzwinkerndem Ernst und jubelnder Freude zu changieren und führt das Capriccio nach einer Reihe vergnüglicher Ausflüge zu einem fulminanten Abschluss in den «Heimathafen» zurück. Am 6. Dezember 1880 wurde das Capriccio italien in Moskau unter der Leitung von Nikolai Rubinstein mit großem Erfolg uraufgeführt und hat sich seither einen verdienten Platz in den Konzertprogrammen bewahrt.

© Niederösterreichische Tonkünstler Betriebsgesellschaft m.b.H. | Alexander Moore

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