Ferdinand Ries

Konzert für Klavier und Orchester Nr. 5 D-Dur op. 120 «Concerto Pastoral»

Sätze

  • Allegro

  • Andantino

  • Rondo. Allegro

Dauer

28 Min.

Entstehung

1814

Obwohl Ferdinand Ries einer der produktivsten Komponisten des frühen 19. Jahrhunderts war - er hinterließ über 200 Werke, darunter acht Sinfonien und acht Klavierkonzerte -, ist er heute hauptsächlich dadurch bekannt, dass er Schüler Ludwig van Beethovens war. Wie Beethoven wurde Ries in eine Familie von Bonner Hofmusikern hineingeboren. Ries' Vater Franz Anton, ein Geiger im Orchester des Kurfürsten Maximilian, war Beethovens erster Geigenlehrer. Auch Ferdinand Ries wurde von seinem Vater unterrichtet und erhielt daneben noch Cellounterricht von Bernhard Romberg. Im Jahr 1800 ging er nach München, um dort bei Peter von Winter Komposition zu studieren, und 1801 brach er nach Wien auf, um Beethovens Schüler zu werden. Da Beethoven Ries' Vater freundschaftlich verpflichtet war - er hatte die Familie nach dem Tod von Beethovens Mutter finanziell unterstützt -, nahm Beethoven Ries als Schüler auf und ermöglichte ihm, den Unterricht mit Kopier- und Sekretärsarbeiten abzudienen.

Nachdem Ries Wien 1805 verlassen hatte, etablierte er seinen Ruf als reisender Virtuose mit Konzerten in Paris, Kassel, Hamburg, Kopenhagen und Stockholm. Von St. Petersburg reiste er 1812 über Stockholm nach London, wo er im April 1813 eintraf. Zur genauen Entstehungszeit des Klavierkonzerts op. 120 hat die Ries-Forschung bisher keine eindeutigen Erkenntnisse. Während manche Autoren glauben, das Werk sei, auch aufgrund der Widmung an den damaligen Erbprinz Oskar von Schweden, 1812 entstanden, datieren es andere in das Jahr 1814, in die Zeit von Ries' Aufenthalt in London. Der Titel «Concerto Pastoral» stammt von Ries selbst, doch ist dieser Titel wohl hauptsächlich suggestiv gemeint, denn das pastorale Moment spielt in dem Konzert keine dominierende Rolle. Der ländliche Charakter zeigt sich im volksliedhaft-diatonischen Hauptthema des Kopfsatzes, dessen optimistische Naturverbundenheit an Robert Schumanns erste Sinfonie erinnert, und in einem achttaktigen Solo-Hornruf am Ende des zweiten Satzes, der in den dritten Satz überleitet und im Rondo als Reminiszenz in verkürzter Form wiederkehrt. Seine erstaunlich originelle Instrumentation macht den zweiten Satz zu einer Art Klaviertrio mit Horn und Begleitung der tiefen Streicher.

Der pastorale Charakter des Rondothemas führt ganz natürlich zu Horn-Passagen, die mit ihren Jagdmotiven eine brillante Synthese aus Mozarts Hornkonzerten und der Waldesstimmung der deutschen Frühromantik erzeugen. Beethovens Einfluss auf Ries' Konzerte ist ganz offensichtlich, nicht nur in der formalen Struktur, sondern auch in der kraftvollen, heroisch empfundenen Orchestrierung. Wie zahlreiche seiner Zeitgenossen war sich Ries aber bewusst, dass es wenig Sinn hatte, mit der thematisch-formalen Dichte von Beethovens fünftem Klavierkonzert op. 73 konkurrieren zu wollen. Trotz aller melodischen Metamorphosen und der gefälligen motivischen Struktur sind Ries' Konzerte nicht thematisch, sondern virtuos konzipiert. Die Vermeidung dessen, was uns in Beethovens Werk als «thematische Arbeit» begegnet, ist eine der Keimzellen des romantischen Solokonzerts.

Ries' solistische Instrumentation ist mit jener Beethovens nicht zu vergleichen, denn sie verkörpert bereits den «brillanten Stil», der in den Werken von Ignaz Moscheles, Friedrich Kalkbrenner und Franz Liszt das Ideal einer ganzen Epoche werden sollte. Verglichen mit der ausladenden, streng virtuosen und rhapsodischen Kompositionsweise der Klaviervirtuosen des frühen 19. Jahrhunderts erscheint Beethoven - trotz all seiner kreativen Energie - geradezu als Bewahrer eines konservativen Ideals eines konsequenten Dialogs zwischen Solist und Orchester. Bei Beethoven ist die Virtuosität nie Selbstzweck, sondern immer Substanz des musikalischen Gewebes. Ries huldigt schon den Idealen der Zukunft. Große, nur von kurzen Orchester-Ritornellen unterbrochene solistische Flächen werden mit erstaunlichen technischen Schwierigkeiten gefüllt. Es war Ries' Schicksal, zu jener Generation von Virtuosen zu gehören, die erst von Beethoven überstrahlt und dann von Liszt übertroffen wurde.

© Niederösterreichische Tonkünstler Betriebsgesellschaft m.b.H.| Michael Lorenz

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