Béla Bartók

Konzert für zwei Klaviere, Schlagzeug und Orchester

Sätze

  • Assai lento - Allegro molto

  • Lento, ma non troppo

  • Allegro non troppo

Dauer

25 Min.

Entstehung

1940

Die Welt, das Umfeld des Béla Bartók, hatte sich bereits erheblich verändert, als er an seiner «Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug» – der Urform des heute gespielten «Konzerts» – arbeitete. Als Pianist, Volksmusikforscher und Komponist baute er seit Beginn des 20. Jahrhunderts kontinuierlich eine Karriere auf, die ihn weit über die Grenzen Ungarns hinaus in zahlreiche Länder Europas, später auch nach Nordafrika und in die USA führte, sodass er bereits international etabliert war, als die düsteren Entwicklungen der Zwischenkriegszeit auf eine baldige neue Konfrontation zwischen den Nationen hindeutete.

Vor allem war es das auf breiter Linie erfolgte Erstarken des Faschismus, das Bartók mit tiefer Skepsis und Abscheu beobachtete – neben Deutschland vor allem auch in Italien und Österreich. So schreibt er etwa im Mai 1937 in einem Brief an die Schweizer Freundin Anna Müller-Widmann: «[…] Ursprünglich wollten wir nach Italien (Dolomiten) gehn; aber mein Haß gegen Italien ist in der letzten Zeit derart abnormal groß geworden, daß ich einfach mich nicht entschließen kann, das Land zu betreten. Das scheint ein überspannter und übertriebener Standpunkt zu sein: aber wenigstens möchte ich in meinen Ferienwochen nicht fortwährend von der italienischen Aggressivität gereizt werden. Allerdings sagt man, daß Österreich ebenfalls schon vom Nazigift durchtränkt sei, aber vielleicht trägt man das dort nicht so sehr zur Schau.» Auch die markante politische und wirtschaftliche Annäherung seiner ungarischen Heimat an die drei genannten Länder bereitete ihm große Sorgen. Einer der wichtigen Aufführungsplätze für seine Musik war weiterhin die neutrale Schweiz: 1937 feierte die vom Dirigenten Paul Sacher in Auftrag gegebene «Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta» in Basel einen außerordentlichen Erfolg, was als erneuten Auftrag die Komposition der genannten «Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug» nach sich zog, die im Jänner 1938 ebenfalls in Basel Premiere hatte.

Trotz der immer unsicherer werdenden politischen Lage in Europa schwankten Bartók und seine Frau Ditta Pásztory, ob sie die Heimat verlassen sollten. Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und letztlich der Tod von Bartóks Mutter im Dezember 1939 mochten die entscheidenden Motive gewesen sein, den schweren Entschluss zur Emigration zu begünstigen. Aufgrund der positiven Erfahrungen als Konzertpianist auf Tourneen in den Vereinigten Staaten von Amerika erfolgte im Oktober 1940 die endgültige Übersiedlung dorthin. In den USA wurde Bartók durchaus mit Wertschätzung aufgenommen, doch die Auftrittsmöglichkeiten ebenso wie die Resonanz auf seine Konzerte hielten sich in Grenzen, und hohe Krankenhauskosten belasteten zudem die finanzielle Lage. Der Einsatz mehrerer Freunde führte umso mehr zu Auftragskompositionen, sodass letzte Meisterwerke für einige der bedeutendsten Interpreten entstehen konnten, darunter das «Konzert für Orchester», das «Konzert für Viola und Orchester» und die «Sonate für Violine solo». Und es kam zu einer instrumentalen Erweiterung der «Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug» für ein Konzert mit den New Yorker Philharmonikern.

Zu den im ursprünglichen Werk hervorstechendsten Elementen der Motorik und Rhythmik konnte Bartók nun die Farbschattierungen eines Orchesterapparates hinzufügen und damit individuelle Stellen hervorheben und neue Kontraste setzen. Weil dadurch auch das konzertierende Prinzip des Wechselspiels der Instrumente gestärkt wurde, kam es im Titel zur Änderung von einer «Sonate» zu einem «Konzert». Der formale Rahmen folgt der klassischen Anlage, wonach zwei rasche Sätze einen langsameren einschließen. Dem Hauptteil des über weite Strecken urwüchsig und wild anmutenden Stirnsatzes ist eine langsame Einleitung mit der Bezeichnung Assai lento – Allegro molto vorangestellt, die wie ein Sammeln und Aufbauen von Energie anmutet, aus der sich alles weitere Geschehen ableitet. Verhalten, im Pianissimo setzt der mittlere Satz ein, Lento, ma non troppo, der sich als ein Notturno von tiefer Innigkeit entwickelt. Das rasante Finale, Allegro non troppo, schließlich gleicht einem ausgelassenen Tanz und vermittelt eine für Bartóks Werke dieser Zeit ungewöhnliche Fröhlichkeit. In aller Ungezwungenheit wirbelt der Satz den Schlusstakten zu, mit denen das Geschehen plötzlich sanft in doppeltem Pianissimo verebbt.

© Niederösterreichische Tonkünstler Betriebsgesellschaft m.b.H. | Christian Heindl

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