Ludwig van Beethoven

Symphonie Nr. 8 F-Dur op. 93

Sätze

  • Allegro vivace e con brio

  • Allegretto scherzando

  • Tempo di Menuetto

  • Allegro vivace

Dauer

27 Min.

Entstehung

1812

Die Symphonie Nr. 8 F-Dur op. 93 ist Ludwig van Beethovens kürzeste Symphonie. Nach den Vorstößen in vollkommen neue symphonische Gefilde besonders mit den Symphonien Nr. 3, 5 und 7 erscheint die Achte wie eine Rückbesinnung auf ein klassisches Grundmodell und auf Haydn. Das kompakte Werk ist allerdings hochexplosiv und enthält neuartige Substrate, die für das weitere Gedeihen der Gattung Wirkung zeigten. Viele Skizzen zum ersten Satz weisen auf eine ursprüngliche Konzeption als Klavierkonzert hin. Irgendwann schwenkte Beethoven aber zur Symphonie um, die er hauptsächlich im Sommer und Herbst des Jahres 1812 komponierte. In Linz, wo sich Beethoven in Familienangelegenheiten wegen seines Bruders Johann aufhielt, begann er offenbar mit der Niederschrift der Partitur der weitgehend fertig skizzierten Symphonie. Jedenfalls findet sich auf der Originalhandschrift der Hinweis «Sinfonia Lintz im Monath October 1812».

Keine andere Symphonie Beethovens, ja kaum ein anderes symphonisches Werk beginnt derart unvermittelt, ohne Einleitung und jede Vorbereitung. Das ganze Orchester fällt mit dem Hauptthema in den ersten drei Takten mit der Tür ins Haus. Nach einem kurzen Atemholen in den Holzbläsern und Hörnern breitet sich das Thema mit langgezogenen Punktierten und großen Intervallsprüngen aus. Auch das Seitenthema hat durch seinen synkopischen Anfang etwas Drängendes an sich und mündet nach zahlreichen Sforzato-Akkorden in einer von Punktierten und Oktavsprüngen angetriebenen Schlussgruppe. Nach der siebten Symphonie, in der Beethoven die Kraft des Rhythmischen an sich thematisierte, setzte er sich in der folgenden achten Symphonie mit rhythmischen Phänomenen auseinander. Der erste und der dritte Satz stehen im ungeraden Dreivierteltakt, der zweite und der vierte Satz im geraden Zweiviertel- bzw. Alla-breve-Takt. Das Tänzerische, das in der Siebten zur «Apotheose» (Richard Wagner) wurde, spielt auch in der Achten eine maßgebliche Rolle, wird dabei aber überzeichnet und gerät mitunter zur Parodie.

Der Komponist spielt mit herkömmlichen Hörerwartungen, die er in den vier Sätzen immer wieder mit überraschenden Gegenbewegungen durchkreuzt ? worin er diesbezüglichen Unternehmungen des für ihn beispielhaften Symphonikers Joseph Haydn folgt. Im Kopfsatz, Allegro vivace, wird die Betonung in den Steigerungen des Hauptthemas in der Durchführung und in der Coda auf den zweiten und dritten Taktteil verlagert, womit dem Thema droht, aus der Bahn geworfen zu werden. Am Ende fixiert es Beethoven aber dann durch mehrere simple Dreier-Akkordfolgen im gesicherten Metrum. Im Pianissimo kann sich das Thema aus dem Satz drehen und verschwindet so abrupt, wie es aufgetaucht ist. Für einen langsamen Satz besteht in diesem Werk kein Platz. Im folgenden zweiten Satz, einem Allegretto scherzando, wurde in den gleichbleibenden, im Staccato tickenden Sechzehntel-Noten eine Parodie Ludwig van Beethovens auf das von seinem Zeitgenossen Johann Nepomuk Mälzel erfundene Metronom vermutet, was aber nicht den historischen Fakten entspricht, da das Metronom erst 1815, also mehrere Jahre nach der Komposition der Symphonie, funktionstüchtig war. Beethoven widmet sich in diesem Satz vielmehr allgemein und mit Augenzwinkern dem Taktschlagen in der Musik und den Irritationen durch unerwartete Wendungen. Das metrische Ticken gerät mehrmals aus den Fugen oder mündet in heftigen Schüttelanfällen, verursacht durch Vierundsechzigstel-Noten in den Streichern.

Im dritten, Tempo di Menuetto überschriebenen Satz kehrt Beethoven zum klassischen Menuett zurück, aber nicht etwa, um diesem zu seiner Zeit schon altmodischen Tanz zu huldigen, sondern um sich mit ihm einen Spaß zu erlauben. Damit es nicht aus dem Tritt kommt, muss sich das ergraute Tänzchen ganz stur am Metrum festhalten. Der sichere Grundschritt wird ständig überbetont. Am Ende setzen die Holzbläser aber doch zu früh ein und bringen das Menuett ins Wanken. Der im Trio folgende Ländler kann sich auch nicht ganz ungestört entfalten - permanent versetzen ihn nervöse Achtel-Triolen in den Violoncelli in Unruhe und treiben ihn an. Im Finale, Allegro vivace, treibt Beethoven das Scherzen auf die Spitze. In das auf leisen Sohlen dahinhuschende Hauptthema fährt zwischendurch im Fortissimo das ganze Orchester drein. Das Fagott und die Pauke treten der Masse aber mutig mit behänden Oktavsprüngen entgegen und lösen einen motorischen Wettlauf aus, der in martialischen Episoden und schließlich in einer aberwitzigen Koda mündet. Virtuose Tonskalen, hüpfende Akkorde und vehemente Orchesterschläge gaukeln einen triumphalen Abschluss vor. Die symphonische Wirklichkeit aber ist hier schwarzer Humor.

© Niederösterreichische Tonkünstler Betriebsgesellschaft m.b.H. | Rainer Lepuschitz

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