Richard Strauss

Konzert für Horn und Orchester Nr. 1 Es-Dur op. 11

Sätze

  • Allegro -

  • Andante -

  • Allegro

Dauer

19 Min.

Entstehung

1882/83

Richard Strauss vermittelt heute das Bild eines reifen Künstlers, der sich stets mit Sicherheit und Routine seinen Themen näherte und auch noch so große Würfe einfach aus dem sprichwörtlichen Ärmel schüttelte. Dem «Bürgerschreck im Frack», wie ein Biograf Strauss einmal bezeichnete, steht das Image des lebenserfahrenen Weltbürgers gut zu Gesicht. Dass Richard Strauss auch einmal ein Junger, ein Lernender war, bedarf zwar keines Nachweises – aber angesichts der schieren Zahl an ausgereiften Meisterwerken für die Opernbühne und den Konzertsaal könnte man auf diesen trivialen Umstand mitunter vergessen. Eine nähere Betrachtung des Hornkonzerts Nr. 1, das von allen heute im Konzertsaal gängigen Strauss-Werken zu den frühesten zählt, fördert interessante Erkenntnisse zutage, die den Komponisten in seiner Statur keinesfalls beschädigen. Im Gegenteil, das Konzert ist ein überzeugender Beleg dafür, mit wie viel Fantasie und Könnerschaft der gerade 18-jährige komponierte.

In seinen späteren Jahren erinnerte sich Strauss an seine musikalischen Erlebnisse als kleines Kind: «Von meiner ersten Jugend berichtet meine Mutter, dass ich auf den Klang eines Waldhorns mit Lächeln, auf den Ton einer Geige mit heftigem Weinen reagierte.» Musik umfing den 1864 in München geborenen Richard von Anfang an: Mit viereinhalb Jahren erhielt er Klavierunterricht, mit sechs komponiert er erste Stücke. Besonders vertraut wurde Richard natürlich das Horn; Sein Vater Franz Strauss war seit 1847 Mitglied des Münchner Hofopernorchesters und einer der berühmtesten Hornisten seiner Zeit, geschätzt und gelobt unter anderem von Hans von Bülow und Richard Wagner.

Instrumentalkonzerte spielen in Strauss‘ Œuvre eine untergeordnete Rolle und entstanden nur in den frühen und sehr späten Jahren. Für den 18-jährigen Richard lag es aber auf der Hand, dem Vater und dessen Instrument ein Werk zu widmen. In seiner Version mit Klavierbegleitung ist das Hornkonzert Nr. 1 Es-Dur  «Seinem lieben Vater, Herrn Franz Strauß, Königlich-Bayerischer Kammermusiker» zum 60. Geburtstag gewidmet. Die parallel dazu im Winter 1882/1883 unter der Aufsicht seines Kompositionslehrers entstandene Fassung für Horn und Orchester widmete Richard Strauss einem Kollegen seines Vaters, nämlich Oscar Franz, Solohornist der Königlich-Sächsischen Hofkapelle in Dresden (heute Sächsische Staatskapelle Dresden). Während die Klavierfassung im Frühjahr 1883 (genaues Datum unbekannt) im Rahmen eines Konzerts des Münchner Tonkünstler-Vereins von Richard Strauss am Klavier und dem Hornsolisten Bruno Hoyer uraufgeführt wurde, sollte es noch bist zum am 4. März 1885 dauern, bis die uns heute bekannte Orchesterfassung aus der Taufe gehoben wurde. Im Rahmen eines so genannten Extrakonzerts der Meininger Herzoglichen Hofkapelle unter der Leitung von Hans von Bülow, spielte der Solist Gustav Leinhos den Solopart. Eine Fußnote: Hans von Bülow holte im Oktober des gleichen Jahres den jungen Richard Strauss als Kapellmeister an das Meininger Hoftheater, wo seine Dirigierlaufbahn beginnen sollte.

Richard Strauss besaß auf Grund seiner väterlichen Prägung beste Kenntnisse über die Kunst, das Horn zu spielen und ließ diese in sein erstes Solokonzert für ein Blasinstrument einfließen. Gleichzeitig schuf er damit den wohl kompliziertesten und anspruchsvollsten Hornsatz des 19. Jahrhunderts. Schon der signalartige Anfang, aufgebaut auf Tönen der Naturtonreihe, weist das Werk als horntypisch aus und prägt auch weite Teile der Ecksätze.

Das Konzert für Horn und Orchester Nr. 1 Es-Dur ist dreisätzig aufgebaut und gehorcht in seiner äußeren Erscheinung somit dem klassischen Ideal – Strauss‘ unbändiger Gestaltungswille ließ es aber schon in frühen Jahren nicht zu, sich auf drei in sich geschlossene Sätze zu beschränken. Die Entwicklung seines unverwechselbaren Personalstils nahm schon früh ihren Anfang, was sich unter anderem durch die raschen, fast nahtlosen Übergänge der Sätze ausdrückt.

Ein Orchesterakkord öffnet am Beginn des ersten Satzes (Allegro) die Bühne für das Horn, das sich mit einer energischen Fanfare vorstellt – zwölf Jahre vor Entstehung des «Till Eulenspiegel» erhält das Horn in Strauss‘ Musikwelt seinen ersten kecken Auftritt. Nach einer jugendlichen, an Mendelssohn Bartholdy und Schumann erinnernden Einleitung, präsentiert das Soloinstrument ein für Strauss typisches, sangliches und weit ausschwingendes Thema. Satztechnische Rafinessen und thematische Arbeit treten vor einem frei gestalteten Verlauf zurück: Das Horn kann den Kopfsatz (wie auch alle weiteren Sätze) als blühende Spielwiese nutzen und seine Virtuosität ausleben. Mit einem langsam ausgleitenden Schluss klingt der Übergang zum zweiten Satz fließend. Im Andante wird eine zarte, den Tonumfang voll auskostende Hornkantilene von Soli in der Klarinette und im Fagott eingefasst; im kontrastierenden Mittelteil stützen markante Begleitfiguren das weiche Hornthema.

Das Finale (Rondo. Allegro) zitiert gleich zu Beginn das markante Dreiklangsmotiv der Eröffnung und nimmt als «Jagdstück» rasch die Fährte auf. Im frischen Staccato, kontrastiert durch zarte, lyrische Phrasen, gestaltet Strauss den Schlusssatz kraftvoll und gleichzeitig apart. Ein kurzer Moment des Innehaltens entpuppt sich in den letzten Takten als Anlauf für eine letzte Kür des Horns, das in atemberaubender Geschwindigkeit das Werk «himmelwärts» abschließt. Als Strauss‘ erster Biograf Max Steinitzer das Hornkonzert op. 11 als «formschön», «brillant» und für den Hornisten «mundgerecht» nannte, war das bestimmt nicht übertrieben. Es zählt zu den beeindruckendsten Werken seiner Gattung und machte schon bei seiner Uraufführung dem Publikum Appetit auf mehr Musik von Richard Strauss – ein Glück, dass diese Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern übertroffen wurden.

© NÖ Tonkünstler Betriebsges.m.b.H. | Alexander Moore

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