Archiv: Alice Sara Ott und Krzysztof Urbanski

Grafenegg Wolkenturm Wolkenturm

Interpreten

  • Alice Sara Ott, Klavier
  • Krzysztof Urbanski, Dirigent

Programm

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Wolfgang Amadeus Mozart

Konzert für Klavier und Orchester C-Dur KV 415

Sätze

  • Allegro

  • Andante

  • Rondeau. Allegro – Adagio – Allegro

Dauer

25 Min.

Entstehung

1782

«Die Concerten», setzte Wolfgang Amadeus Mozart seinem Vater 1782 in einem Brief auseinander, «sind eben das Mittelding zwischen zu schwer und zu leicht - sind sehr Brillant - angenehm in die ohren - Natürlich, ohne in das leere zu fallen - hie und da - können auch kenner allein satisfaction erhalten - doch so - daß die nichtkenner damit zufrieden seyn müssen, ohne zu wissen warum [...] um beyfall zu erhalten muß man sachen schreiben die so verständlich sind, daß es ein fiacre nachsingen könnte, oder so unverständlich - daß es ihnen, eben weil es kein vernünftiger Mensch verstehen kann, gerade deswegen gefällt.» Die angesprochenen Werke sind die drei Klavierkonzerte KV 413, 414 und 415. Entstanden für den eigenen solistischen Gebrauch im «Clavierland» Wien, verraten sie einen neuen, planvoll durchdachten Umgang mit der Gattung.

Das Konzert C-Dur KV 415 ist das prunkvollste dieser Trias und verlangt, ganz im Einklang mit dem festlichen Marschcharakter des ersten Satzes, Allegro, auch Pauken und Trompeten. Der vielgliedrige orchestrale Aufzug des Beginns, der sich aus dem Piano der ersten Geigen allein ins Tutti steigert und vorübergehend sogar nochmals in Pianissimo zurückfällt, bevor endlich der Solist auf den Plan tritt, spricht eine unverkennbare Sprache. Für heutige Ohren klingt dabei die Mitwirkung von Pauken und Trompeten so, als sei sie unbedingt von vornherein geplant gewesen, ja als wäre diese Musik ohne ihre herrschaftlichen Akzente gar nicht denkbar. Dabei arbeitete Mozart sie erst nachträglich in die Partitur ein, als sich allerhöchster Besuch für seine Akademie am 23. März 1783 im Theater nächst der Burg, dem sogenannten Alten Wiener Burgtheater, angesagt hatte: Kaiser Joseph II. Stolz schrieb der Komponist seinem Vater: «das theater hätte ohnmöglich völler seyn können, und alle logen waren besezt. - das liebste aber war mir, daß seine Mayestätt der kayser auch zugegen war, und wie vergnügt er war, und was für lauten beyfall er mir gegeben; - es ist schon bey ihm gewöhnlich daß er das geld bevor er ins theater kommt, zur Cassa schickt, sonst hätte ich mir mit allem recht mehr versprechen dürfen, denn seine zufriedenheit war ohne gränzen.»

Diese Zufriedenheit, überhaupt die Erwartungen des Publikums, sie werden zu Mozarts Spielball in dieser Partitur: Wie er die Vorfreuden belohnt oder bewusst nicht belohnt, also das Erhoffte hinauszögert oder durch Überraschungen ersetzt, bevor er doch wieder die «satisfaction» gewährt, das macht den enormen Reiz dieses Konzerts aus, das seinen offiziellen Festtagscharakter und intimen, kammermusikalischen Tonfall auf wundersame Weise ausbalanciert. Die Gefühlstiefe des Andante scheint sodann vom neckischen Humor des Rondeaus, Allegro, plötzlich zur Seite gerückt - wären da nicht die zwei c-Moll-Einschübe, die geradezu nach einer wehmütigen Opernarie klingen. Ungewöhnlich ist, dass Mozart diese Klänge ursprünglich für den Mittelsatz vorgesehen, aber dann dort auf sie verzichtet hatte. Statt eines triumphalen Schlusses freilich stiehlt sich dieses Finale auf Zehenspitzen davon.

© Niederösterreichische Tonkünstler Betriebsgesellschaft m.b.H.| Walter Weidringer

Ludwig van Beethoven

Symphonie Nr. 5 c-Moll op. 67

Sätze

  • Allegro con brio

  • Andante con moto

  • Allegro

Dauer

36 Min.

Entstehung

1803/04-08

Ludwig van Beethoven schuf mit den drei aufeinanderfolgenden Achtelnoten und der anschließenden halben Note um eine große Terz tiefer das wohl markanteste Motiv der klassischen Musik. «So pocht das Schicksal an die Pforte.» Diese Worte zum Motiv wurden Beethoven von seinem Vertrauten Anton Schindler in den Mund gelegt. Deshalb bekam die Symphonie Nr. 5 c-moll op. 67 den hochtrabenden Beinamen «Schicksalssymphonie». Bohrend, hartnäckig, unerbittlich zieht sich dieses «Klopf-Motiv» in verschiedenen Ausprägungen durch die Symphonie. Deutlich ist jedem Takt des Werkes das Ringen um die Exis­tenz anzuhören, das Ankämpfen gegen Leid, Schmerz, Schrecken und Unterdrückung. Geradlinig, unverhüllt, ja geradezu plakativ wie sonst nie formulierte hier Beethoven musikalisch seine Botschaft.

Die Symphonie c-moll, deren erste Skizzen bis ins Jahr 1803, als Beethoven noch an der «Eroica» arbeitete, zurückreichen und die in den Jahren 1806 bis 1808 teilweise parallel zur «Pastorale» ausgearbeitet wurde, bildet das Zentrum in einer Schaffensperiode Beethovens, in der er mit den Ideen der französischen Revolution beschäftigt war und den gewachsenen Befreiungskampf des Bürgertums gegen ständestaatliche Ungleichgewichte künstlerisch mitfocht. (Dabei geriet bekanntlich der ursprünglich bewunderte Feldherr Napoleon, nachdem er sich zum Kaiser ausgerufen hatte, in die Zornesmühle des Komponisten, der die Widmung der «Eroica» an den Franzosen widerrief.) Beethoven begeisterte sich über die Wirren der Kriege und Wechselhaftigkeit der täglichen Politik hinaus für ein humanistisches Weltbild und für die Verwirklichung brüderlicher Ideale.

Es ist also eine musikalisch-ideologische Absicht Beethovens gewesen, dass er in die 5. Symphonie – wie in andere Werke auch – offizielle Musikstücke der Französischen Revolution als Zitate aufnahm: Der Siegeshymne von Lacombe entspricht das Hauptthema im Finale der Symphonie, seine Fortführung ähnelt der so genannten «Hymne dithyrambique» von Rouget de l’Isle, in der die «Liberté» besungen wird. Melodisch sind des Weiteren Vorbilder bei dem in Paris wirkenden Italiener Luigi Cherubini und bei dem mit Revolutionsmusiken befassten Franzosen François Gossec auszumachen.

Mit einer Fermate (einem musikalischen Haltezeichen) ist der vierte Ton des «Klopf-Motivs» im ersten Satz (Allegro con brio) versehen. Damit bekommt das Motiv seine eigene Ordnung, wird über den gewohnten Lauf der Dinge hinausgehoben. Um die außerordentliche Bedeutung dieses Vorgangs zu unterstreichen, hat Beethoven den lang anhaltenden Ton beim zweiten Einsatz des Eröffnungsmotivs noch um eine halbe Note verlängert. Normale Zeitabläufe werden dadurch außer Kraft gesetzt. Wenn das Schicksal anklopft, ist «die Zeit gekommen» und dadurch verändern sich die Dinge einschneidend.In einer anderen Passage des ersten Satzes scheint Beethoven die Zeit anzuhalten und eine Melodie überhaupt aus dem existentiellen Ringen heraustreten lassen zu wollen: Das Oboen-Rezitativ am Beginn der Reprise im Adagio-Tempo wird von zwei Fermaten eingerahmt. Beethoven blendet dieses Oboensolo aus dem Geschehen aus. Hier erhebt über die Allgemeinheit hinweg ein einzelnes Individuum, als direkt Betroffener, von Leiden erfüllt seine Stimme. Als Hörer wird man zum Mitbetroffenen.

Dem unerbittlichen c-moll-Kopfsatz folgt ein nach C-Dur aufgehelltes Andante con moto, in dem sich ein zuversichtlich einherschreitendes Thema zwischendurch einem Triumphzug anschließt, sich dann aber wieder der Beschäftigung mit inneren Werten zuwendet. Die Apotheose des Finales klingt in den Forte-Passagen des Orchesters bereits prophetisch an.

Bevor aber der Schlussjubel ungehemmt ausbrechen kann, führt die Musik im Scherzo (Allegro) noch einmal in bedrohliche, düstere, unheimliche Sphären, in denen auch das «Klopf-Motiv» widerhallt. Im Trioteil ergreifen die Bässe und Violoncelli mit einem energischen Thema die Initiative, aber der Durchbruch zum Licht gelingt erst nach einer totalen Zurücknahme der Dynamik, aus der sich eine grandiose Steigerung entwickelt. Ein letztes Mal mahnt sogar in diesem jubelnden Finale (Presto) das «Klopf-Motiv», doch schließlich reiht sich auch das Schicksal in den nicht enden wollenden Triumphzug ein.

© NÖ Tonkünstler Betriebsges.m.b.H. | Rainer Lepuschitz