Archiv: Schubert & Poulenc

Wiener Neustadt Sparkassensaal Sparkassensaal

Interpreten

  • Wayne Marshall, Orgel, Dirigent

Programm

Franz Schmidt
Variationen und Fuge über ein eigenes Thema in D-Dur (Königsfanfaren aus «Fredigundis») für Orgel solo
- Pause -

Für Francis Poulenc war die Orgel ein Instrument, mit dem er vollkommen neue Klangwelten erschaffen konnte. Sein Konzert für Orgel, Streicher und Pauke hat das Publikum bereits bei der Uraufführung 1939 von den Sitzen gerissen: ein effektvolles, bombastisches und doch immer wieder fein atmendes Stück. Der britische Orgelvirtuose Wayne Marshall setzt es in Szene, um sich dann den Komponisten Franz Schmidt und thematisches Material aus dessen Oper «Fredegundis» in einer Adaption für Orgel solo vorzunehmen. Im zweiten Konzertteil steht Franz Schuberts fünfte Symphonie auf dem Programm, die er mit nur 19 Jahren komponierte – ein virtuoser Rekurs auf Wolfgang Amadeus Mozart und gleichsam der Versuch, eine eigene musikalische Sprache zu finden.

Mein Besuch

0 Einträge Eintrag

Voraussichtliche Besuchszeit

Liste senden
Francis Poulenc

Konzert für Orgel, Streicher und Pauke g-Moll

Sätze

  • Andante - Allegro giocoso - Andante moderato - Allegro, molto agitato - Très calme. Lent - Tempo de l´Allegro initial - Tempo Introduction. Largo

Dauer

25 Min.

Entstehung

1938

In Francis Poulencs Konzert g-Moll für Orgel, Streicher und Pauke stellen schon die ersten Takte klar, wer musikalisch das Sagen hat: Kaum ist das Orgelthema präsentiert, mischt sich auch schon die Pauke ein und manifestiert - unisono unterstützt vom Pizzicato der Kontrabässe ? Metrum und Tonart der Komposition. Auch die Frage nach dem Rückbezug von Besetzung, formalem Aufbau und Tonart seines Konzerts beantwortet Poulenc in den ersten Sekunden: Der stramme g-Moll-Akkord in der Orgel, umschlossen vom Grundton im Bass und im Diskant, holt sogleich den Beginn der berühmten g-Moll-Fantasie aus BWV 452 von Johann Sebastian Bach ins Ohr des Zuhörers - ebenso wie die übergebundenen Notenwerte, die Punktierungen und die Zweiunddreißigstel-Figuren als quasi ausgeschriebene Verzierungen.

Sehr zu Recht gehört das 1938 entstandene Orgelkonzert des französischen Komponisten Francis Poulenc zu den meistgespielten Werken für Orgel und Orchester. Das farbenreiche, lebensbejahende und überaus sympathische Stück spiegelt die Zugehörigkeit Poulencs zur «Groupe des Six» mit deren Postulat nach «Gleichgewicht von Gefühl und Vernunft» in der Musik und den durchaus üblichen Rückgriffen auf die alten Meister aus Barock und Klassik ebenso wider wie die Bekehrung des Komponisten zum katholischen Glauben: Nachdem er gegen Ende der 1930er Jahre den südfranzösischen Wallfahrtsort Rocamadour besucht hatte, wandte sich Poulenc auch komponierend religiösen Inhalten zu, schrieb geistliche Vokalmusik, darunter Motetten, ein «Stabat mater» und Messen. Der Musikschriftsteller Claude Rostand kommentierte diese Entwicklung so: «In Poulenc finden wir den Mönch und den Straßenjungen.»

Die Komposition des Orgelkonzerts beruht auf einer Idee der Prinzessin Edmond de Poliniac, millionenschwere Erbin des amerikanischen Nähmaschinenfabrikanten Singer und Mäzenin des damaligen französischen Musiklebens. Ihr ist das Stück auch «sehr respektvoll gewidmet». Poulenc tat sich mit dem Schreiben ausgesprochen schwer und ließ die Prinzessin schon 1936 wissen: «Das Konzert hat mir viel Schmerz bereitet - Es ist nicht vom gefälligen Poulenc des Konzerts für zwei Klaviere, sondern eher vom Poulenc auf dem Weg ins Kloster, sehr nach Art des 15. Jahrhunderts, wenn man so will.» Kein Geringerer als der Komponist und Organist Maurice Duruflé entwickelte für Poulenc die Registrieranweisungen und hob das Werk auch aus der Taufe. In der barocken Form der Fantasie geborgen, lässt sich das einsätzige Konzert in sieben Abteilungen gliedern. In ihnen offenbart sich nicht weniger als ein emotionaler Kosmos von tiefsinniger Einkehr bis zu abrupten Ausbrüchen, von nostalgischer Melodie-Verliebtheit bis zu lärmendem Humor. Bleibt die Frage, warum Poulenc auf den kompletten Bläserapparat verzichtet hat. Nun: Die Klangkombination von Orgel und Bläsern erschien ihm wie ein musikalischer Pleonasmus.

«Très doux et intense», schrieb Poulenc über den zarten, aus Klangflächen geschichteten Abschnitt der Komposition, der den majestätischen Eingangstakten folgt, «sehr zart und intensiv». Diesem Andante lässt er ein Allegro giocoso folgen, in dem nun auch die Streicher eine charakteristische Rolle zugewiesen bekommen: Im verschmitzten Wechsel werfen sich Streicher-und Orgelpartien die thematischen Bälle zu, wozu die ersten Violinen den etwas abgewandelten Rhythmus des anfänglichen Orgelmotivs zitieren und die Orgel mit Skalen und wuchtigen Akkordschichtungen beeindrucken darf.

Schlicht und volksliedhaft kommt dagegen der dritte Teil des Werkes, Andante moderato, daher - zunächst jedenfalls, wenn sich Orgel und mittlere Streicher im melodischen Überschwang einer anrührenden Legato-Linie quasi gegenseitig ins Wort fallen. Pulsierende Achtelbegleitungen in den zweiten Violinen und Bratschen, später beschwichtigende Viertelschläge in der Pauke begleiten diesen Instrumentalgesang bis hin zu einem gemeinsamen hitzigen Anlauf, der in den nächsten Teil der Komposition, Allegro, molto agitato, führt. Ein Wettlauf in Sextolen und Triolen beginnt, quer über die Manuale und Saiten, zu dem die Pauke fast vollständig schweigt.

Eine kurze Kadenz der Orgel leitet über ins Lento - und was jetzt kommt, ist ganz großes Kino. Die Celli haben ihren großen Klangauftritt, «doucement intense» steht über ihrer Espressivo-Passage. Als sich die Orgel nach einigen schauerlichen Akkorden der Tonart vergewissert hat und von g-Moll über G-Dur nach D-Dur gelangt ist, nimmt das Konzert in dieser Dominant-Tonart wieder Fahrt auf und führt durch ein ausgelassenes Tempo de l´Allegro initial, dessen quirlige Anmutung mit ein bisschen Fantasie die vorlaute Präsenz einer Drehorgel auf einem Jahrmarkt nahelegt.

Doch Spaß beiseite: Am Ende steht die Rückbesinnung auf die Herkunft der «Königin der Instrumente» aus der Kirchenmusik und religiösen Zusammenhängen. Mit einem dreistimmigen Choral schwingt die Orgel im Dreivierteltakt auf die sehr zu Herzen gehende Kantilene der Solobratsche im letzten Abschnitt, Tempo Introduction. Largo ein, flankiert von gemessen schreitenden Vierteln in den übrigen Streichern. Die letzten Takte gehören nochmals der Orgel - und der namensgebenden Tonart, notiert in bis zu vierfachem Fortissimo! Doch entfaltet das akkordgewaltige g-Moll nun in der Coda eine völlig andere Wirkung als in den ersten Takten des Konzerts.

© Niederösterreichische Tonkünstler Betriebsgesellschaft m.b.H. | Ute van der Sanden

Franz Schubert

Symphonie Nr. 5 B-Dur D 485

Sätze

  • Allegro

  • Andante con moto

  • Menuetto

  • Allegro vivace

Dauer

27 Min.

Entstehung

1816