Archiv: Beethoven mit David Fray

Grafenegg Wolkenturm Wolkenturm

Interpreten

  • David Fray, Klavier
  • Yutaka Sado, Dirigent

Programm

Ferragosto mit dem Tonkünstler-Orchester: An einem der wichtigsten italienischen Feiertage dirigiert Yutaka Sado am Wolkenturm Meisterwerke, die Lust auf den Süden wecken: Ottorino Respighi gilt als grandioser musikalischer Stimmungsmacher – in seinen anschaulichen symphonischen Dichtungen kann man sogar Pinien sich im Wind wiegen hören. Im ersten Teil des Programms stellt sich der französische Pianist David Fray am Wolkenturm vor. Seit vielen Jahren ist er Garant für kompromissloses Musizieren und konzertiert regelmäßig mit den führenden europäischen und amerikanischen Orchestern.

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Ludwig van Beethoven

Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 c-Moll op. 37

Sätze

  • Allegro con brio

  • Largo

  • Rondo. Allegro

Dauer

35 Min.

Entstehung

1800-1802

Wie seinerzeit schon Wolfgang Amadeus Mozart wollte auch Ludwig van Beethoven sich als Virtuose und Komponist präsentieren, als er 1792 im Alter von 22 Jahren auf Einladung Joseph Haydns nach Wien kam. Er wusste längst aus eigenem Erleben, wie das Publikum zu beeindrucken war: Bereits 1784 hatte er als junger komponierender Pianist mit seinem unveröffentlichten Klavierkonzert Es-Dur, von dem nur die Klavierstimme erhalten blieb, für Aufsehen gesorgt. Gleichwohl war für ihn das Klavierkonzert Mozart’scher Prägung der Maßstab für die Artikulation eigener kompositorischer und interpretatorischer Ansprüche. Insbesondere das c-moll-Konzert KV 491 war ihm teuer. Für Beethovens Suche nach der eigenen musikalischen Sprache ist seine harte Selbstkritik exemplarisch, der er beispielsweise seine beiden frühen Konzerte, das in C-Dur (1795) und das B-Dur-Konzert (1788) ob ihrer Unvollständigkeit unterzog – noch acht Jahre nach ihrer Veröffentlichung schrieb er für beide Konzerte, jeweils für den 1. Satz neue Kadenzen.

Von seinen fünf Klavierkonzerten kommt dem dritten eine zentrale Stellung zu. Dessen Entstehungsprozess allerdings zog sich über etliche Jahre hin. Erste Skizzen gehen bereits auf Mai/Juni 1796 zurück. Ursprünglich hatte Beethoven es für seine erste eigene Akademie vorgesehen, die am 2. April 1800 stattfinden sollte. Aus welchen Gründen auch immer brach er die Arbeit daran jedoch frühzeitig ab und spielte stattdessen das C-Dur-Konzert. Zwei Jahre später sollte, wiederum im April, eine Akademie der Tonkünstler-Societät im Hofburgtheater stattfinden. Sie war Beethoven Anlass, sich des Konzerts erneut anzunehmen, eine Aufführung jedoch kam nicht zustande. Erst als Beethoven am 5. April 1803 den Saal des Theaters an der Wien für eine eigene Akademie erhalten sollte, machte er sich nochmals an die Arbeit. Das Programm war geballt. Zwei Uraufführungen: die Symphonie Nr. 2 D-Dur op. 36 und das Klavierkonzert Nr. 3 c-moll op. 37. Dazu noch die Symphonie Nr. 1 C-Dur op. 21 und das Oratorium «Christus am Ölberge» op. 85 – Beethoven hatte also nur wenig Zeit für die Niederschrift des neuen Konzerts. Die Orchesterstimmen waren fertig, nicht aber der Solopart, den er bei der Uraufführung selbst spielte. Ignaz von Seyfried, der mit Beethoven befreundete Dirigent und Komponist, der das Umblättern übernommen hatte, staunte nicht schlecht, als er statt der fertigen Stimme nur skizzierte Angaben zu deren Verlauf vorfand.

Das dreisätzige Werk steht wohl nicht zufällig in der Tonart c-moll, der gleichen, wie auch das von Beethoven so geschätzte Mozart’sche Konzert KV 491. Der erste Satz (Allegro con brio) eröffnet mit der Orchesterexposition, die zugleich sein Fundament ist. Piano beginnen die Streicher mit dem ersten Thema: einem gebrochenen c-moll-Akkord mit anschließender, abwärts geführter Melodie in rhythmisch prägnanter Figur, die in den nächsten vier Takten erhalten bleibt, wenn das Thema leicht variiert von den Holzbläsern wiederholt wird. Unmittelbar darauf folgt eine fast lyrische Ausschmückung dieser ersten acht Takte mit ihrem zusammenhängenden musikalischen Gedanken. Ab Takt 50, wir sind noch in der Orchesterexposition, wird das zweite Thema, fast Mozart’scher Prägung, vorgestellt, ehe nach weiteren 25 Takten das vor allem durch seinen Rhythmus charakteristische erste Thema wiederkehrt und über den ganzen Satz hin präsent bleibt. So auch beim nun einsetzenden Soloinstrument, das mit einer rasanten c-moll-Skala über drei Oktaven zu eben diesem Thema findet. Es ist der Charakter des Klavierparts, seine Entschlossenheit im Auftritt, die sich dem Zuhörer einprägt – ohne dass das Klavier mit einem neuen Thema den Satz bereichern müsste. Es zehrt vom Material der Orchesterexposition, selbst noch in der Kadenz zum Ende des ersten Satzes. Hier sorgt ein merkwürdiger Kontrast, wenngleich von kurzer Dauer, für Verwunderung: ein fast zärtlicher, im pianissimo geführter Dialog zwischen Klavier und Pauke.

Beim Largo nun, dem ungemein bewegenden und anrührenden zweiten Satz, übernimmt es das Klavier solistisch, getragen und einfühlsam das Thema vorzugeben. Es wird anschließend vom Orchester aufgenommen, dem diesmal die weitere thematische Arbeit zukommt. In dem in einfacher A-B-A-Form aufgebauten Satz beschränkt sich das Klavier, nachdem es die thematische Vorarbeit geleistet hat, auf den Part des Umspielens, etwa des Dialogs zwischen Fagott und Flöte. Dies freilich geschieht mit virtuosem Anspruch für die spielerische Bewältigung der perlenden Skalen.

Ganz ungewöhnlich und deshalb bemerkenswert ist die Tonart des Largos: E-Dur. Sie hat im Tonartenverhältnis so gar nichts mit der Ausgangstonart c-moll zu tun, in der sowohl der erste als auch der dritte Satz, das Rondo, stehen. Dieses wird wiederum vom Klavier, diesmal aber frisch und spielerisch eröffnet, das mit dem Thema sogleich die Linie vorgibt. Weniger dramatisch als der erste Satz präsentiert sich das Rondo gleichwohl mit einigen Auffälligkeiten. Zu ihnen gehören der kontrastreiche Ausdrucksverlauf, die Durchführung des Hauptthemas, die fugenartig durch die Streicher, beginnend mit den Celli, eingeleitet wird und die Coda. Sie fasst noch einmal die thematische Vorlage zusammen und schließt im Presto und 6/8-Takt dieses Konzert ab.

© Grafenegg Kulturbetriebsges.m.b.H. | Thomas Otto

Ottorino Respighi

«Feste Romane» Symphonische Dichtung

Sätze

  • Circenses (Zirkusspiele)

  • Il Giubileo (Das Jubeljahr)

  • L'Ottobrata (Oktoberfest)

  • La Befana (Dreikönigsnacht)

Dauer

23 Min.

Entstehung

1928
Ottorino Respighi

«Pini di Roma» Symphonische Dichtung

Sätze

  • I pini di Villa Borghese (Die Pinien der Villa Borghese)

  • Pini presso una catacomba (Pinien bei einer Katakombe)

  • I pini del Gianicolo (Die Pinien auf dem Gianicolo)

  • I pini della Via Appia (Die Pinien der Via Appia)

Dauer

20 Min.

Entstehung

1924

Ottorino Respighi ist uns in erster Linie für seine «Römische Trilogie» bekannt, zu denen neben den heute aufgeführten «Pini di Roma» auch noch die «Fontane di Roma» und die «Feste Romane» zählen. Alle drei symphonischen Dichtungen besingen in einer klassizistisch-romantischen Klangsprache die Schönheit der Stadt Roms und gemahnen, teils in einer schon zur Entstehungszeit nicht mehr angemessenen und rückwärts gewandten Ästhetik an Ereignisse aus der italienischen Geschichte.

Respighi ist aber mehr als «nur» ein Bewahrender. Neben seinen «römischen» Werken ist er auch für sein gregorianisches Schaffen bekannt. Dazu gehören etwa die vier sinfonischen Impressionen «Antiche Danze ed Arie per liuto» (1917, 1924, 1932), das «Concerto Gregoriano» (1921) und die Oper «Lucrezia» (1937), die mit ihren dramatischen Rezitativen entfernt an Monteverdi erinnert. Anders als bei Debussy wurde Ottorino Respighi die Liebe zur Musik schon in die Wiege gelegt. 1879 als Sohn eines Klavierlehrers in Bologna geboren, erhielt er bereits als Kind Violin- und Klavierunterricht. Von 1891 bis 1899 studierte er am Liceo musicale in Bologna Violine und Viola bei Federico Sarti sowie Komposition bei Luigi Torchi und Giuseppe Martucci. Nach seinem Abschluss am Liceo hatte er eine kurze Anstellung als Bratschist im Orchester der Stadt Bologna und nahm dann 1900/01 und nochmals 1902/03 ein Engagement an die Opera Italiana im Theater in Sankt Petersburg an. Dort begegnete er Nikolai Rimski-Korsakow, bei dem er einige Kompositionsstunden nahm und dessen farbige Orchesterbehandlung ihn stark beeinflusste. 1902 studierte er außerdem kurz bei Max Bruch in Berlin. Von 1903 bis 1908 arbeitete er wieder als Orchestermusiker in Bologna und trat dabei zunehmend mit eigenen Kompositionen sowie mit Bearbeitungen barocker Werke hervor. Ein zweiter Aufenthalt in Berlin 1908/09, wo er seinen Lebensunterhalt als Pianist in einer Gesangsschule verdiente, weitete seinen musikalischen Horizont nochmals und brachte ihm erste kompositorische Anerkennung außerhalb Italiens ein. Mit der Aufführung seiner Solokantate «Aretusa» 1911 wandte sich Respighi verstärkt der Klavierbegleitung zu. Da seine Hoffnung auf eine feste Anstellung am Liceo musicale in Bologna nicht in Erfüllung ging, nahm er 1913 eine Professur für Komposition am Liceo musicale di Santa Cecilia in Rom an. Zu seinen Schülern gehörte ab 1915 die Komponistin und Sängerin Elsa Olivieri Sangiacomo, die Respighi 1919 heiratete. Sie dürfte ihn beflügelt haben: 1916 schaffte er den Durchbruch als Komponist – mit den «Fontane di Roma». Vor allem sein in Koloristik und Instrumentation virtuoser Orchesterstil, der auch zarte Stimmungen und expressive Ausbrüche ermöglicht, wurde immer wieder gerühmt - etwa von Altmeister Giacomo Puccini. Seine Kunst verstand er in einer nationalen, nicht aber nationalistischen Weise, was sich in der Verwendung alter Volksthemen zeigt. Außerdem steht sie für eine Abwendung vom Verismo in Italien. Gemeinsam mit Alfredo Casella, Ildebrando Pizzetti und Gian Francesco Malipiero entsteht eine zeitgenössische Musikkultur, die Einflüsse aus ganz Europa verarbeitet. In seinen späteren Jahren unternahm Respighi zahlreiche Reisen im In- und Ausland zur Aufführung seiner Werke, wobei er sowohl als Dirigent als auch als Klavierbegleiter (meist seiner Frau), gelegentlich auch als Solopianist auftrat. Seine Musik erfreute sich auch bei der faschistischen Regierung großer Beliebtheit, ohne dass sich Respighi jedoch enger mit ihr einließ. Ab 1933 konnte Respighi aus gesundheitlichen Gründen keine neuen Originalwerke mehr vollenden. Er starb im Alter von knapp 57 Jahren an einem Herzleiden. Seine Frau Elsa überlebte ihn um 60 Jahre und kümmerte sich während dieser Zeit intensiv um die Pflege seines musikalischen Erbes. Die «Pini di Roma» («Römische Pinien») entstanden 1923/24 als zweiter Teil seiner «Römischen Trilogie» und bestehen aus vier ineinander übergehenden Stimmungsgemälden, die aber inhaltlich kontrastieren: Das erste Bild, die «Pinien der Villa Borghese», zeigt Kinder, die im Borghese-Garten (einer Parkanlage in Rom, Anm.) spielen, die Musik macht ihr Getrappel und Geblödel hörbar. Das zweite Bild hat einen melancholischeren Anstrich: Die «Pinien in der Nähe der Katakomben» werden zu Wächtern des Todes, die zwei Tenor-Posaunen und die Bass-Posaune singen wie Priester. Das dritte Bild, «Pinien des Gianicolo» liefert nächtliche Stimmung: Es ist in der Nähe des Janus-Tempels am Gianicolo angesiedelt – Janusköpfige Götter öffnen Türen und Tore und markieren damit den Beginn eines neuen Jahres. Eine Nachtigall kräht – von einer CD, zur Zeit der Entstehung von einer anderen künstlichen Schallquelle. Respighi war der erste, der einen Tonträger in seine Komposition einbaute - und die Klangmalerei kurzerhand zur Klangfotografie machte. Das vierte Bild, «Pinien der Via Appia» beginnt im Morgengrauen: Römische Legionäre ziehen im Gefunkel der Morgensonne über die einstige römische Schicksalsstraße. Trompeten ertönen und die Armee zieht triumphierend auf das Capitol. © Grafenegg Kulturbetriebsges.m.b.H. | Daniela Tomasovsky (Bearbeitung: Alexander Moore)