Details und Tickets

Interpreten

  • Rudolf Buchbinder, Klavier
  • Yutaka Sado, Dirigent

Programm

«Musik war für ihn die Luft, die er atmete, die Speise, die ihn nährte, der Trank, der ihn erfrischte. […] es kann kein Zweifel darüber bestehen, dass er ein großer Komponist war. Was er vollbrachte, kam nicht nur der amerikanischen Musik zugute, sondern war ein Beitrag zur Musik der ganzen Welt.» Als George Gershwin 1937, mit knapp 39 Jahren an einem Gehirntumor gestorben war, würdigte ihn Arnold Schönberg, ein Kollege und Freund mit diesen Worten gewürdigt. Zu Schönbergs 150. Geburtstag bringt die Eröffnung des Grafenegg Festivals wieder Freunde zusammen – nicht nur Rudolf Buchbinder, die Tonkünstler, Yutaka Sado und das Publikum, sondern im übertragenen Sinne auch Gershwin und Schönberg: mit dem jazzigen «Concerto in F» und der opulent-spätromantischen Tondichtung «Pelleas und Melisande»: eine einmalige Chance, diese spätromantische Komposition am Wolkenturm zu erleben!

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George Gershwin

Konzert für Klavier und Orchester in F

Sätze

  • Allegro

  • Adagio - Andante con moto

  • Allegro agitato

Dauer

33 Min.

Entstehung

1925
Arnold Schönberg

«Pelleas und Melisande» Symphonische Dichtung op. 5

Dauer

45 Min.

Entstehung

1903

Arnold Schönberg war rund um die Komposition seiner ersten Arbeit für großes Orchester noch auf der Suche nach seiner eigentlichen musikalischen Ausdruckswelt. Von einer Loslösung von der Tonalität oder gar der Entwicklung der Reihentechnik konnte noch nicht die Rede sein. Die berühmten Zeitgenossen Richard Strauss und Gustav Mahler waren nach wie vor der Tonsprache des 19. Jahrhunderts verhaftet – und wie sollte es auch anders sein 1902/03? Das neue Jahrhundert steckte noch in den Kinderschuhen, die politischen Systeme waren jahrhundertealten Traditionen verpflichtet – das Ende der Monarchie etwa konnte sich zu dieser Zeit noch niemand ernsthaft vorstellen.

Schönbergs private Umstände liefen in einigermaßen geordneten Bahnen: 1901 heiratete er Mathilde Zemlinsky, 1902 kam die Tochter Gertrude zur Welt. Richard Strauss schätze Schönberg und empfahl ihn als Harmonielehrer ans Stern’sche Konservatorium nach Berlin. Im März 1902 spielte das Rosé-Quartett die Uraufführung der Streichsextett-Fassung seiner «Verklärten Nacht», Schönberg arbeitete an den «Gurreliedern» und instrumentierte für seine Komponistenkollegen der leichteren Muse (Oscar Straus, Viktor Holländer u. a.) deren Operetten. Im April 1902 schließlich begann er, begeistert von Maeterlincks Drama, mit der Vertonung von «Pelleas und Melisande» für großes Orchester, als Tondichtung, ohne Text und Gesang – womit Schönberg in die Fußstapfen von Richard Strauss trat. «Mahler und Strauss waren auf der Musikszene erschienen, und ihr Auftreten war so faszinierend, daß jeder Musiker sofort gezwungen war, Partei zu ergreifen, pro oder contra. Da ich damals erst 23 Jahre alt war, sollte ich leicht Feuer fangen und damit beginnen, symphonische Dichtungen in einem ununterbrochen Satz vom Umfang der durch Mahler und Strauss vorgegebenen Modelle zu komponieren», schrieb Schönberg 1949 in einem ausführlichen Rückblick, der auch einen Leitfaden durch das Werk bietet. Das erste tatsächlich auch ausgeführte Projekt dieser Art sollte nun «Pelleas und Melisande» sein: «Abgesehen von nur wenigen Auslassungen und geringfügigen Veränderungen in der Reihenfolge der Szenen, versuchte ich jede Einzelheit widerzuspiegeln», erläutert Schönberg sein Vorgehen. «Die drei Hauptpersonen werden durch Themen in der Art Wagnerscher Leitmotive dargstellt, nur nicht so kurz.» Die Hilflosigkeit und die wechselnden Stimmungen von Melisande, ein Hornthema, das Golaud repräsentiert, und im Gegensatz dazu ein Pelleas zugehöriger, jugendlich-ritterlicher Gedanke. Hinzu kommt schließlich noch ein «Schicksals»-Motiv, das in vielerlei Gestalt auftritt. «Melisandes Spiel mit dem Ring, der auf den Grund des Brunnens fällt, wird in einem Scherzo-Teil ausgedrückt.» Golauds Eifersucht ist ebenso prägnant motivisch dargestellt.

«Die Szene, in der Melisande ihr Haar aus dem Fenster hängen lässt ist ausführlich geschildert. Der Abschnitt beginnt mit Flöten und Klarinetten, die sich einander in kurzem Abstand imitieren. Später treten die Harfen hinzu, Soloviolinen spielen Melisandes Motiv, das Solocello spielt Pelleas’ Thema. Geteilte hohe Streicher und Harfen spielen weiter.Als Golaud Pelleas zu den furchterregenden unterirdischen Gräbern führt, wird ein musikalischer Klang hervorgebracht, der in vieler Hinsicht bemerkenswert ist, aber vor allem deshalb, weil hier zum ersten Mal in der Musikliteratur ein bisher unbekannter Effekt gebraucht ist: Posaunen-Glissando.» Eine breit angelegte Melodie eröffnet die Liebesszene. Der Tod Pelleas’ ist durch ein neues Motiv dargestellt. «Der Eintritt des Dieners als Vorahnung von Melisandes Tod wird durch ein choralartiges Thema in Trompete und Posaune widergespiegelt, das mit einer Gegenmelodie kombiniert ist.»

Die 1902 begonnene Komposition stellte Schönberg 1903 fertig. Dass bereits im April 1902 in Paris Debussys gleichnamige Oper ihre Uraufführung erlebt hatte, war Schönberg damals noch nicht bekannt. Dabei waren ihm eigentlich selbst andere Pläne vorgeschwebt mit dem Stoff: «Ich hatte ursprünglich daran gedacht, ‹Pelleas und Melisande› als Oper zu vertonen, diesen Plan später jedoch aufgegeben – obwohl ich nicht wußte, daß Debussy gleichzeitig an seiner Oper arbeitete. Ich bedaure immer noch meine ursprüngliche Intention nicht realisiert zu haben. Möglicherweise wäre die wundervolle Aura des Dramas nicht in jenem Maße eingefangen worden, ich hätte jedoch mit Sicherheit die Charaktere sanglicher gestaltet.»

Die von Schönberg selbst dirigierte Uraufführung 1905 im Wiener Musikverein «rief große Unruhe beim Publikum und selbst bei den Kritikern hervor. Die Kritiken waren ungewöhnlich heftig, und einer der Kritiker schlug vor, mich in eine Irrenanstalt zu stecken und Notenpapier außerhalb meiner Reichweite aufzubewahren. Erst sechs Jahre später unter Oskar Frieds Leitung wurde Pelleas und Melisande ein großer Erfolg und hat seither bei den Zuhörern keinen Ärger mehr verursacht.» Schönberg war kurz vor der Uraufführung die Partitur mit Gustav Mahler durchgegangen, der sie «enorm kompliziert» gefunden hatte.

«Thematische Gedanken», hält Therese Muxeneder fest, «prägend für einzelne Szenen oder Personen, bilden – der dramatischen Leitmotivik vergleichbar – die Bausteine einer symphonischen Entwicklung, welche in der Waldzene als Einleitung zum ersten Satz (Golos Begegnung mit Melisande, Heirat) ihren Ausgang nimmt und über die Binnenabschnitte Scherzo (Szene am Springbrunnen, Melisande verliert ihren Ehering, Begegnung mit Golos Halbbruder Pelleas) und Adagio (Abschieds- und Liebesszene zwischen Pelleas und Melisande, Golo tötet Pelleas) bis zur Rekapitulation des Themenmaterials im Finale (Tod der Melisande) führt.»

© NÖ Tonkünstler Betriebsges.m.b.H. | Markus Hennerfeind