Archiv: Haydn & Bruckner

Wien Musikverein Großer Saal Musikverein | Großer Saal

Interpreten

  • Yutaka Sado, Dirigent

Programm

- Pause -

Sie sei seine «Keckste», stellte Anton Bruckner einmal fest – und traf mit dem Wortspiel das Wesen seiner Sechsten genau: In dieser knappsten, schneidigsten, schillerndsten unter seinen reifen Symphonien spielt er meisterlich mit Hell und Dunkel, indem er das strahlende A-Dur mit Elementen der phrygischen Kirchentonleiter eintrübt. Das bedeutet packende Auseinandersetzungen, bewegende Klagen und veritablen Spuk, bevor im Finale alle Kontraste nochmals geschärft, schließlich aber überwunden werden. Keck in den Kontrasten von Dur und Moll, vor allem in einem ganz besonderen Punkt, der hier nicht verraten werden soll, ist auch Joseph Haydns Symphonie Nr. 90: ein Konzert der Erheiterung ebenso wie der Erhabenheit.

TIPP 1: Chefdirigent Yutaka Sado signiert im Anschluss an die Konzerte am Sonntag, 21. Mai, und am Dienstag, 23. Mai, im Shop des Musikvereins die unter seiner Leitung eingespielten Tonkünstler-CDs.

TIPP 2: Mit Ihrer Pluspunkt-Vorteilskarte haben Sie die Möglichkeit, am Mittwoch, 17. Mai, eine unserer Orchesterproben zum Konzertprogramm zu erleben – bei freiem Eintritt natürlich. Um Voranmeldung im Kartenbüro wird gebeten.

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Joseph Haydn

Symphonie C-Dur Hob. I:90

Sätze

  • Adagio - Allegro assai

  • Andante

  • Menuet - Trio

  • Finale. Allegro assai

Dauer

24 Min.

Fürst Kraft Ernst zu Oettingen-Wallerstein unterhielt in seinem kleinen, zwischen Schwäbischer und Fränkischer Alb gelegenen Fürstentum im Nördlinger Ries eine hochwertige Hofkapelle, der einige der besten Musiker Europas - etwa der Violoncellist Joseph Reicha und der Kontrabassist und Komponist Franz Anton Rosetti aus Böhmen - angehörten. Joseph Haydn machte auf seiner ersten Reise nach London im Dezember 1790 Zwischenstation auf Wallerstein und war von der Qualität der Hofkapelle begeistert. Laut der Überlieferung von damals in Wallerstein anwesenden Musikern soll Haydn anlässlich seines Besuches gesagt haben, dass kein anderes ihm bekanntes Orchester seine «Sinfonien mit so viel Präcision» ausführe und «prima vista» (also vom Blatt) besser spielte, als seine eigene Kapelle in Esterháza nach mehreren Proben. Der überaus kunstsinnige Fürst Kraft Ernst zu Oettingen-Wallerstein seinerseits sparte auch nicht mit Lob, wenn es um die kompositorische Kunst Haydns ging. 1788 übermittelte er seinem Wiener Agenten die Bestellung von drei neuen Symphonien bei dem österreichischen Komponisten, «da bekanntlich Jos. Haydn der größte Synfonist ist und ich für seine Musik ganz eingenommen bin». Dem war seit der Jugend des Fürsten so. Er erhielt an der Herzöglichen Savoy'schen Ritterakademie in Wien seine Ausbildung und nahm aus der Kaiserstadt offensichtlich auch seine Begeisterung für die dort in Konzerten erlebte Musik mit.

Es dauerte fast zwei Jahre, bis Haydn die Bestellung des Fürsten zu Oettingen-Wallerstein erfüllte. Im Oktober 1789 schrieb der Komponist an den Agenten des Fürsten: «Endlich übermache Euer Wohl gebohrn die 3 Sinfonien für Se. Hochfürstl. Durchl. dem gnädigsten Fürsten Oeting v. Wallerstein.» Dabei handelte es sich um die im heutigen Konzert erklingende Symphonie C-Dur Hob. I:90 und die beiden folgenden Symphonien Es-Dur Hob. I:91 und G-Dur Hob. I:92.

Für die flache Ries-Landschaft, in der das Fürstentum Oettingen-Wallerstein lag, wurde 1960 der Einschlag eines Meteoriten vor ca. 14,6 Millionen Jahren nachgewiesen. Vor mehr als 200 Jahren schlugen Haydns Symphonien in den Musikmetropolen und Fürstenhäusern Europas wie Meteoriten ein. Verleger und Konzertveranstalter rissen sich um die Werke des Esterházy'schen Hofkomponisten. Etwa zeitgleich mit dem Auftrag des Fürsten zu Oettingen- Wallerstein ging etwa vom Comte d'Ogny aus Paris eine Bestellung von drei weiteren Symphonien ein, nachdem Haydn im Auftrag der «Loge Olympique» bereits sechs Symphonien komponiert und damit die Franzosen im Sturm erobert hatte. Comte d'Ogny erhielt dann dieselben Symphonien Hob.I:90 bis 92 von Haydn, obwohl Fürst Oettingen-Wallerstein diese zunächst exklusiv für seine Hofkapelle haben wollte. Damit nicht genug: Haydn schickte die Autographe nach Paris, während auf Schloss Wallerstein nur Kopien der einzelnen Instrumentenstimmen eintrafen. Als der Fürst die Partituren reklamierte, schrieb Haydn an dessen Agenten von Problemen mit seinen Augen während der Komposition der Symphonien und wollte damit offenbar andeuten, dass seine Autographe nur sehr schlecht lesbar seien. Der Fürst ließ die Ausrede gelten und bedankte sich bei Haydn mit der Zusendung einer goldenen Tabaksdose, die 50 Dukaten enthielt.

Einem C-Dur-Akkord des gesamten Orchesters folgen in der langsamen Einleitung zur Symphonie Hob. I:90 Tonsplitter, zunächst «piano», dann «forte». Die dann auftretende Figur, die aus sechs gleich bleibenden Tönen in Achtelnoten und drei stufenweise absteigenden Tönen besteht, stellt sich im folgenden Allegro-Teil als Hauptmotiv des gesamten ersten Satzes he-raus. Gehen aus dieser Figur in der Einleitung noch Seufzer in den Violinen hervor, bewegt sie sich im Allegro mit fröhlicher Energie. Haydn hat der Figur ein Lächeln auf ihr Antlitz gezaubert, mit dem sie auch manche etwas ernstere Passagen im Mittelteil gut übersteht. Freudige Stimmung verbreitet auch das von Flöte und Oboe nacheinander solistisch vorgetragene Seitenthema.

Die ersten vier Töne des folgenden Andantes legen die Vermutung nahe, dass diese Haydn-Symphonie Bestandteil des Repertoires jener Wiener Schul- und Liebhaberorchester war, in denen der junge Franz Schubert als Bratschist mitwirkte und für sie auch selber Werke komponierte. Schubert schien vielleicht der Anfang des langsamen Satzes aus Haydns Symphonie Nr. 90 in den Ohren zu klingen, denn die Wendung der ersten vier Töne im Andante seiner Symphonie Nr. 5 ist ident damit (wenn auch bei Schubert im 3 /4-Takt statt im 2/4-Takt). Haydn baut in diesem Andante eine so genannte Doppelvariation auf, das heißt, er wechselt die Variationen von Themen in F-Dur und f-moll ab. Auch hier schwankt das Wesen der Symphonie also zwischen Lächeln und Seufzen. Jeweils eine Variation teilt Haydn der Flöte und der Violoncellostimme zu, woraus vorübergehend aus der Symphonie beinahe ein Konzert wird.

Das Menuet macht Haydn zu einer repräsentativen Feier. In dieser grandiosen Erscheinung ist der höfische Tanz zu einer eigenständigen symphonischen Form geworden. Im Trio hat die Oboe einen munteren solistischen Auftritt.
Im Finale sind alle Instrumente nicht mehr zu bremsen. Sie sausen mit einem schwungvollen Thema dahin, zwischendurch noch zusätzlich angetrieben von einem Fanfaren-Rhythmus. Aber sogar in dieser symphonischen Jagd vermag Haydn noch satztechnische Kunststücke wie ein kontrapunktisches Thema zum Hauptthema einzubauen. Wirkungsvoll lässt er dann den Satz in einer zweifachen Fanfare des ganzen Orchesters kulminieren. Doch Halt! Noch nicht klatschen!
Wieder einmal narrt Haydn seine Hörerschaft. Nach viereinhalb Takten Generalpause setzen die Streicher und das 1. Fagott in einer völlig entlegenen Tonart wieder ein, die Oboe bläst etwas erstaunt zwei Mal das Fanfarenmotiv, die anderen Instrumente folgen nur zögerlich. Doch dann vereinigen sie sich doch noch alle zu einem wirkungsvollen Ausklang. Jetzt ist wirklich Schluss. Bitte klatschen!

© Niederösterreichische Tonkünstler Betriebsgesellschaft m.b.H.| Rainer Lepuschitz

Anton Bruckner

Symphonie Nr. 6 A-Dur

Sätze

  • Majestoso

  • Adagio.Sehr feierlich

  • Scherzo.Nicht schnell-Trio.Langsam

  • Finale.Bewegt,doch nicht zu schnell

Dauer

60 Min.

Anton Bruckner schrieb «Majestoso» (und nicht italienisch korrekt «Maestoso») über den ersten Satz der Symphonie Nr. 6 A-Dur. Wahrlich setzt nach zwei Takten, in denen ein dynamischer Grundrhythmus festgelegt wird, ein majestätisches Thema ein. Wüsste man nicht, dass Bruckner die Symphonie 1879 begonnen hat (laut Autograph am 24. September), könnte man spekulieren, mit diesem Thema hätte der Komponist Europas höchsten Berg, den Mont Blanc, musikalisch darstellen wollen. Im Sommer 1880 weilte der oberösterreichische Musiker während einerRundreise, die ihn zum Teil privat, zum Teil als konzertierenden Organisten durch Süddeutschland, die Schweiz und in die französischen Alpen führte, in Chamonix und betrachtete vom Fuße des Bergmassivs aus den Mont Blanc. Beendet hat er den ersten Satz der 6. Symphonie nach der Rückkehr von der Reise, die ihn auch auf den Schweizer Rigi-Kulm, an den Vierwaldstättersee und zu den Oberammergauer Passionsspielen in Bayern führte. Über den Abschluss einzelner Werkteile gibt ebenfalls das Autograph Auskunft: Am27. September 1880 war der erste Satz fertig, am 22. November das Adagio, am 3. September 1881 die Symphonie. Bruckner hat einige «majestätische» Themen geschrieben, aber eines von solcher Erhabenheit wie im ersten Satz der Sechsten sucht selbst in seinem Schaffen seinesgleichen. Filmmusikkomponisten in Hollywood wussten schon, bei wem sie Anleihe nehmen konnten; wer kann sich nicht zu einem Thema wie jenem der Sechsten ein Wagenrennen in «Ben Hur» oder die Breite des Flusses in «Der Tod auf dem Nil» vorstellen? Genug spekuliert.

Rein musikalisch betrachtet, entfaltet das Thema seine Wirkung durch die Kombination mit einem hartnäckigen Rhythmus, der in dieser Symphonie den sonst oft einleitenden, Brucknerschen «Tremolo-Nebel» ersetzt. Im Hauptthemenkomplex der Sechsten ist ein bestimmendes Kompositionsmotiv Bruckners enthalten: die Gegenüberstellung und Gleichzeitigkeit von geradem und ungeradem Metrum, also Zweier und Dreier-Rhythmen. In dieser Symphonie steigerte Bruckner die Synchronität zu polyrhythmischer Qualität. Nicht nur im Hauptthema, auch im fließenden Seitenthema laufen Dreier und Zweier-Einheiten parallel; das von der Oboe angestimmte «Klagethema» im Adagio wird von Triolen grundiert; in der Finalkoda erlebt die Gleichzeitigkeit von geradem und ungeradem Metrum eine Apotheose. Die halbtaktige, immer wiederkehrende Rhythmusformel der Symphonie besteht aus einer punktierten Achtelfigur und einer Achteltriole. Die punktierte Figur wird zu einem prägenden Baustein des gesamten Werkes: Sie dominiert das dritte Thema des ersten Satzes, ist prägend im Trauermarsch des Adagios enthalten, schneidet das Scherzo-Thema ab und gibt dem Hauptthema des Finales Ecken und Kanten.

Aber die motivischen Zusammenhänge gehen noch weiter. Eine rhythmische Umkehrung dieser punktierten Achtelfigur ergibt eine Auftaktfigur aus kurzem und etwas längerem Notenwert, die bereits im Grundrhythmus vorkommt und die eine besonders auffällige Rolle in der gesamten Symphonie spielt. Sie eröffnet das Haupt- und Seitenthema des ersten Satzes, prägt das «Klagethema» des Adagios und setzt dort den Trauermarsch in Bewegung. Das Trio des Scherzos besteht überhaupt zum größten Teil aus einer Kombination von Auftakt- und punktierter Achtelfigur. Im Finale unterbricht die Auftaktfigur Im massiven Blechpanzer die fließende Streichereinleitung und drängt den Satz zu seiner dynamischen Entfaltung; schließlich setzt sie ein Motiv in Gang, das – ganz untypisch für Bruckner – geradezu Rossinische Motorik und eine heitere Note ins symphonische Spiel bringt. Je mehr dieses Motiv auf das ganze Orchester übergreift, desto groteskere Züge nimmt es an. Blasen es erst einmal die Blechbläser in voller Montur, könnte man sich – mit dem musikalischen Erfahrungsschatz des frühen 21. Jahrhunderts – in einem Jazz Club wähnen, einer Bigband zuhörend. Auf dem Höhepunkt verbindet sich dieses Motiv mit dem Grundrhythmus der Symphonie aus dem ersten Satz: Urgestalt und ihre Parodie sind vereint. In der Koda des letzten Satzes folgt dem Rhythmus das dazugehörige «majestätische» Hauptthema aus dem ersten Satz, das mit dem Grundrhythmus des Final-Hauptthemas zum triumphalen Beschluss vereint wird.Genug analysiert. Die sechste führt in der Aufführungstradition der Bruckner-Symphonien ein gewisses Schattendasein zwischen der monumentalen fünften und der weihevoll-populären siebten Symphonie. Bruckner bezeichnete die sechste als seine «kühnste» Symphonie, vielleicht deswegen, weil er einige neue Wege ausprobierte. Ihr Aufbau zielt nicht so sehr auf eine finale Krönung und auch nicht auf einen Höhe- und Wendepunkt im Adagio ab, wie in den anderen Symphonien, sondern lässt dem erhabenen und überragenden ersten Satz drei in sich originell existierende Satzgestalten folgen, deren thematische und motivische Berührungspunkte mit dem Vorangegangenen nicht so sehr auf eine Gesamtentwicklung, sondern auf individuelle Umgestaltung abzielen. Anders ausgedrückt: Bruckner dreht und wendet das Material viel, betrachtet es aus verschiedenen Blickwinkeln und gibt ihm jeweils unterschiedliche Bedeutungen. In das Dur-Moll-System mischt sich immer wieder auch ein kirchentonaler Modus. Dies belässt einige Passagen – so auch schon den Beginn der Symphonie – in einem harmonisch nicht genau bestimmbaren Raum. Vieles ist da in der Schwebe. Diesen Eindruck unterstreicht Bruckner im dritten Satz noch durch eine fast impressionistische Klangmalerei der einzelnen Themenelemente: In dieser Symphonie entfernte sich der Oberösterreicher im Scherzo am weitesten von der urwüchsigen Tanztradition. Es erscheint als ein mehrschichtiges Gebilde.

Der Grund, warum Bruckner im Trio des Scherzos das Hauptthema aus der fünften Symphonie zitiert, liegt vielleicht darin, dass er auf gewisse rhythmische und melodische Verwandtschaften dieses Themas zur sechsten Symphonie hinweisen wollte; oder es hat ihm ganz einfach gut hineingepasst. Das vorangehende Adagio ist der vielleicht geheimnisvollste Satz Bruckners überhaupt. Der an sich schon klagende Tonfall, den die Oboe mit dem Anfangsthema einbringt, wird durch einen leisen Trauermarsch an dritter Themenstelle bekräftigt. Auf die ganz große Steigerung verzichtet Bruckner in diesem Adagio, sie ebbt, bevor sie noch einen Höhepunkt erreicht, im Gesäusel der begleitenden Sextolen ab. Die hohe Schule des Tonsatzes beweist der inzwischen als Lektor an die Wiener Universität berufene Komponist in einer konzentrierten viertaktigen Passage des Adagios, die eigentlich nur aus drei Tonleitern abwärts der ersten Violinen besteht, die aber in verschiedenen harmonischen Zusammenhängen stehen. In ihrem formalen Aufbau betrat Bruckner mit der Sechsten bereits das weite Land seines symphonischen Spätstils. Er entwickelte in klarer Übersichtlichkeit Formmodelle, die er dann in den darauf folgenden Symphonien ausbreitete, besonders im Finale der Siebten und im ersten Satz der Neunten. In ihrer Melodik hingegen, oder auch in der Verarbeitung des Hauptthemas hin zu einer Choralpassage, ähnelt die Sechste noch stärker einer ihrer Vorgängerinnen, der Vierten. Eine Symphonie des Übergangs also, die – einmal erhaben, dann trauernd und schließlich temperamentvoll-heiter – durch die Gegenwart schreitet, dabei die Vergangenheit und die Zukunft in sich tragend. Bruckner hat die Symphonie nur einmal in ihrer Ganzheit gehört: bei einer Durchspielprobe der Wiener Philharmoniker im Musikverein im Herbst 1882, die in freundlich-anerkennender Atmosphäre verlief, wie man aus einem Brief von Bruckner an Leopold Hofmeyr herauslesen kann: «Die Philharmoniker haben nun meine 6. Symphonie angenommen (...) Als ich mich dem Dirigenten (Director der Hofoper) vorstellte, sagte er, dass er zu meinen innigsten Verehrern zähle. (...) Die Philharmoniker fanden an dem Werke solches Wohlgefallen, dass sie heftig applaudierten und einen Dusch (sic!) machten.» Das Ergebnis stellte Bruckner offenbar vollauf zufrieden, denn so wie sonst nur bei der Fünften, sah er auch bei der Sechsten von Nachbearbeitungen und Neufassungen ab.

Ganz «angenommen» haben die Philharmoniker die Symphonie dann doch nicht, denn im Februar 1883 fand unter der Leitung von Hofoperndirigent Wilhelm Jahn, der auch schon die Durchspielprobe der ganzen Symphonie geleitet hatte, ein Konzertaufführung nur der beiden Binnensätze statt. Die Uraufführung der Symphonie in ihrer viersätzigen Gestalt ging erst nach Bruckners Tod im Februar 1899 mit den Wiener Philharmonikern unter der Leitung von Gustav Mahler über das Podium, allerdings mit Kürzungen und mit Retuschen der Orchestrierung.

Ungekürzt erklang die Symphonie erstmals in einem Konzert der Stuttgarter Hofkapelle im März 1901. Der Uraufführung der Binnensätze widmete Hans Paumgartner (der Vater des nachmaligen Präsidenten der Salzburger Festspiele und Dirigenten Bernhard Paumgartner) in der Wiener Zeitung vom 5. Februar 1883 eine Besprechung, die zeigt, dass Bruckner nicht nur Feinde in der Musikkritikerzunft hatte: «Das Adagio (...) ist ein Stück voll weihevollster Empfindung und rührendster Innigkeit. Von großer Schönheit ist das zuerst in E-Dur und späterhin in F-Dur (...) in den Celli auftretende eigentliche Gesangsmotiv des Adagio. (...) Bruckner ist eine hoch bedeutsame, das Durchschnittsmaß weit überragende künstlerische Persönlichkeit, deren Schöpfungen jederzeit das ungeteilte Interesse aller wirklichen Kunstfreunde für sich haben werden.» Daran hat sich bis heute nichts geändert.

 © NÖ Tonkünstler Betriebsgesellschaft m.b.H. | Rainer Lepuschitz