Joseph Canteloube

«Chants d'Auvergne» für Solostimme und Orchester, Auswahl

Sätze

  • L'Antoueno

  • Malurous qu'o uno fenno

  • Passo pel prat

  • Lou Boussu

  • Lo Fiolairé

  • Obal, din lou Limouzi

Dauer

14 Min.

Trois bourrées:a. L’Aïo dè rotsob. Ound’ onorèn gorda?c. Obal, din lou LimouziLa DelaïssádoPasso pel pratBaïlèroTè, l’co tè !Malurous qu’o uno fenno

Joseph Canteloube schrieb 1923 auf ein Manuskript: «Chants d’Auvergne No. 1, , in einem Zug auf dem Weg nach Montauban verfasst.» Canteloube konnte damals wohl weder ahnen, dass sich diese Sammlung von ihm zunächst transkribierter, dann orchestrierter und arrangierter Volkslieder auf fünf Bände auswachsen würde, noch, dass deren Erfolg sein sonstiges kompositorisches Schaffen (darunter zwei Opern, symphonische Werke und Kammermusik) einst völlig überstrahlen sollte. Doch sie hatten es ihm angetan: die Auvergne an sich, jene nach dem gallischen Stamm der Arverner benannte, landwirtschaftlich dominierte historische Provinz im Herzen Frankreichs, mit ihrer noch heute relativ unberührten, vulkanisch geprägten Natur, den Käse-Spezialitäten (Bleu d’Auvergne, Cantal und St. Nectaire), dem Mineralwasser (Vichy), den Weinen der Côtes d’Auvergne – und vor allem die dort verwurzelten Volkslieder.

«Ich war völlig von ihrem Charme, ihrer Poesie, ihrer Großartigkeit und ihrer Schönheit eingenommen; ich fühlte und stellte Vermutungen darüber an, was sie über die Jahrhunderte hinweg absorbiert hatten, und widmete mich der Aufgabe meiner Sammlung und erweiterte diese, um ganz Frankreich mit einzubeziehen. Ich wurde nicht so sehr durch den folkloristischen Aspekt, sondern eher durch die musikalische Schönheit des Großteils dieser Lieder eingenommen. Und deshalb verpflichtete ich mich, mein Wissen über sie zu erweitern und ihren vollen Wert hervorzubringen, indem ich sie bei meinen Vertonungen mit so viel ihrer natürlichen Poesie wie möglich umgab, anstatt ihnen eine gewöhnliche, rhetorische Begleitung zukommen zu lassen.»

Fünf Jahrzehnte lang frönte Canteloube seiner Leidenschaft als Volksliedsammler. Ähnlich wie Béla Bartók in Ungarn dokumentierte er die Lieder direkt aus ihrer lebendigen Tradition und schrieb sie nach dem Gehör nieder. Den Komponisten in ihm verlangte es jedoch darüber hinaus, jede dieser Melodien in ein kunstvolles orchestrales Gewand aus spätromantischer Naturschilderung und impressionistischem Zauber zu kleiden – und gerade das Zusammenwirken von unmittelbar zugänglicher, im besten Sinne einfacher Kantilene, gesungen im Dialekt, und raffinierter Begleitung macht den besonderen Reiz der Chants d’Auvergne aus. «Wenn der Bauer während der Arbeit oder der Ernte singt», erklärte Canteloube seine kompositorischen Beweggründe, «so ist sein Lied von einer Begleitung umgeben, die von denjenigen, die lediglich ein akademisches Interesse haben, nicht wahrgenommen wird … Diese Begleitung ist die Natur selbst, die Erde – und der Bauer mit seinem Lied lässt sich davon nicht trennen ... Allein die nicht-materielle Kunst der Musik kann die erforderliche Atmosphäre heraufbeschwören, mit ihren Timbres und Rhythmen und ihren unfassbaren, sich ändernden Harmonien.»

Den Gesängen auch im Konzertsaal die spezifische Schönheit von Wäldern, Feldern und Bergen zu sichern, das ist der Sinn der orchestralen Farbenpracht.

Der französische Tanz der Bourrée hat eine ihrer Wurzeln in der Auvergne, wobei es sich ursprünglich um «eine Art amouröser Verfolgungsjagd» (Richard Langham Smith) handelte. Die Trois bourrées werden durch pastorale Zwischenspiele von Oboe und Klarinette verbunden, und die fröhlich rustikal tönenden Holzbläser dominieren auch die Begleitung der heiteren Singstimme. «La Delaïssádo» bringt sodann einen Stimmungswechsel: Die Trauer einer vom Geliebten verlassenen Hirtin wird vom Tag bis zum Funkeln der Sterne mit melancholischer Schönheit in Musik gesetzt. Den Zauber eines Sommertags in glücklicher Zweisamkeit verströmt «Passo pel Prat», während «Baïlèro» überhaupt eines der schönsten Lieder der ganzen Sammlung darstellt: Canteloube erzählte, wie er in sommerlicher Abenddämmerung eine Hirtin dieses Lied singen hörte, worauf ihr eine zweite Stimme vom Hügel jenseits des Tales antwortete. Weniger ein Lied als eine turbulente Szene, bei der der Hirtenhund eine auf Abwege geratende Kuh wieder zur Herde zurückbringt, spielt sich in «Tè, l’co tè!» ab, während «Malurous qu’o uno fenno» schließlich auf humoristische Art mit Beziehungsproblemen umgeht.

© Walter Weidringer | NÖ Tonkünstler Betriebsges.m.b.H.

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