Richard Strauss

«Das Rosenband» op. 36/1

Dauer

2 Min.

Entstehung

1898

Richard Strauss komponierte den größten Teil seines umfangreichen Liedschaffens als junger Mann – noch bevor er in «Salome» (1904) seinen persönlichen Musiktheaterstil und in Hugo von Hofmannsthal (mit «Elektra», 1908) dann auch jenen Dichter-Librettisten gefunden hatte, der seinen Vorstellungen, kreative Auseinandersetzungen einmal dahingestellt, in idealer Weise entsprach. Dennoch begleitete ihn das Lied ein Leben lang, sogar noch über die «Vier letzten Lieder» (1948) hinaus: Das Lied «Malven» auf einen Text von Betty Wehrli-Knobel, das erst 1982 im Nachlaß von Maria Jeritza entdeckt wurde, sollte seine letzte vollendete Komposition bleiben. Und ein so eminenter Strauss-Kenner wie Dietrich Fischer-Dieskau äußerte sogar einmal die Ansicht, daß gerade aus dem Liedschaffen «ein Bild der Persönlichkeit ihres Schöpfers zu gewinnen» sei: «Der Komponist verwirklicht sich dort auf eine intime, ja decouvrierende Weise, die uns mehr über ihn selbst erfahren läßt, als das auf der Bühne oder im Symphoniekonzert der Fall ist. Universale Bildung läßt sich ebenso herauslesen wie die Sicherheit des Auftretens in den Salons jener Zeit. Der Bajuware kann sich genauso wenig verleugnen wie der Versender geradlinigen und lausbübischen Humors. Die Lust am Experiment kommt so häufig zum Ausdruck wie die Meisterschaft virtuosen Satzes, die sozusagen mit der linken Hand in der Hosentasche erreicht wird. Und schließlich kann auch ein Quantum an Lust am Gefallen bei diesem Musiker abstoßend oder sympathisch gefunden werden. Eine ganze Versammlung von Widersprüchen also, die sich in seiner Persönlichkeit zum Reichtum vereinen.»

Das Opus 36 greife «mit Gedichten von Klopstock und Rückert und mit ‹Wunderhorn›-Liedern in die Vergangenheit zurück, und es scheint, als habe der Komponist die Gedichte nicht aus innerer Nähe zu ihrem Gehalt gewählt, sondern als habe ihn gerade das Problem der Distanz interessiert, das bewußt unternommene Experiment, wieweit ein Musiker von 1898 sich in vergangene poetische Zeitstile einfühlen, wieweit die moderne Tonsprache dem dichterischen Wort von einst gerecht werden könne», vermutet der Lied-Experte Werner Oehlmann: «Das ist das Interesse des Dramatikers, der auf der Bühne das Bild einer fernen und fremden Zeit beschwört und doch den Menschen dieser Zeit die volle Präsenz lebendiger künstlerischer Wirklichkeit zu geben hat.»

Ganz im Sinne einer solchen Einfühlung über eine historische Distanz hinweg gelungen erscheint «Das Rosenband» op. 36/1 nach Friedrich Gottlieb Klopstock, einem Dichter der Empfindsamkeit, der neben der Rationalität der Aufklärung auch die Gefühlswelt zu ihrem Recht kommen lassen wollte. Strauss kleidet die Liebenden in tonal weit voneinander entfernte Sphären, ihn in A-Dur, die Schlummernde aber in Es-Dur, die freilich nach dem Erwachen gleich in seine Welt hinübergleitet. Nach dem zu einer Arabeske ausgespannten Schlusswort «Elysium» bildet ein Violinsolo den zärtlichen Nachspann.

© Niederösterreichische Tonkünstler Betriebsgesellschaft m.b.H. | Walter Weidringer

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