Carl Maria von Weber

Konzert für Klarinette und Orchester Nr. 1 f-Moll op. 73

Sätze

  • Allegro

  • Adagio ma non troppo

  • Rondo. Allegretto

Dauer

23 Min.

Entstehung

1811

Carl Maria von Webers Werke für Klarinette sind, wie jene Wolfgang Amadeus Mozarts zuvor oder Johannes Brahms’ danach, der Begeis­terung für die Künste eines bestimmten Musikers zu danken. Während Mozart durch Anton Stadler und später Brahms durch Richard Mühlfeld den Reizen des sanftmütigen Rohrblattinstruments erlegen waren, inspirierte Weber der Münchner Klarinettist Heinrich Joseph Baermann zu einer ganzen Reihe von Kompositionen, darunter ein Quintett für Klarinette und Streichquartett, ein Concertino, einige weitere Kammermusikwerke – und nicht zuletzt zwei Konzerte für Klarinette und Orchester. Hinzu kommt, dass die beiden Freunde Weber und Baermann auch zusammen auf Konzertreisen ihre Künste pflegten.

Diese Tourneen dienten zur damaligen Zeit nicht allein der Vorstellung der eigenen Fähigkeiten oder der Anhäufung von Ruhm und Anerkennung. Ganz im Gegenteil mussten Musiker, ohne nach heutiger Manier ein großes Plattenlabel hinter sich zu wissen oder dank ausgeklügelter Werbemaschinerien quasi über Nacht berühmt werden zu können, in vielen, oft beschwerlichen Reisen durch die Lande selbst für ihr Weiterkommen sorgen und Proben ihres Könnens jeweils vor Ort ablegen. Weber reiste über Jahre durch die deutschen Städte und erwarb sich dabei auch einen Ruf, der sich spätestens mit der Komposition des «Freischütz» (Uraufführung: 1821) über ganz Europa ausbreitete. Zehn Jahre zuvor jedoch, 1811, hatte der aufstrebende Musiker und Komponist bereits einige Kapellmeisterstellen (in Breslau und am Hofe Eugen von Württembergs) hinter sich gelassen und pendelte als Pianist zwischen Leipzig, München, Berlin, Gotha sowie Weimar hin und her.

Das erste Werk für Baermann, das Concertino Es-Dur op. 26 (1811), führten Klarinettist und Komponist 1811 vor König Maximilian von Bayern (im Volke «König Max» genannt) auf. Dieser zeigte sich von Werk und Spiel derart beeindruckt, dass er Weber umgehend beauftragte, zwei Konzerte für die Klarinette zu verfassen. Weber ließ sich, laut Friedrich Wilhelm Jähns, einem Weber-Forscher der ersten Stunde (er erstellte u. a. das erste komplette Weber-Werkverzeichnis, das bis heute Gültigkeit hat), «durch die unvergleichliche Schönheit, Feinheit und Noblesse in der virtuosen Behandlung des Instruments durch seinen Freund Baermann» bei der Komposition der neuen Werke anregen. Knapp hintereinander entstanden so das heute gespielte Konzert f-moll op. 73 und das Konzert Es-Dur op. 74. Beide Werke brachten Baermann und Weber noch im selben Jahr zur Uraufführung. Im Druck erschienen sie jedoch erst später – und zwar im Jahr 1822, als Webers Werke durch den überwältigenden Erfolg seines im Jahr zuvor uraufgeführten «Freischütz» plötzlich stark an Nachfrage gewonnen hatten. Doch war der Erfolg des «Freischütz» gewiss nicht der einzige Grund für die Verzögerung der Drucklegung der beiden Konzerte: Die Klarinette war damals noch ein relativ junges Konzertinstrument – erst im Laufe des späten 18. Jahrhunderts etablierten die Tonschöpfer das edle Instrument im Orchester und teilten ihm erst langsam, sicher auch angeregt durch Werke wie Mozarts Klarinettenkonzert u. a. Stücke, immer mehr Aufgaben auch solistischer Natur zu.

Das Klarinettenkonzert f-moll op. 73 erkundet, genau wie sein Schwesterwerk, den ganzen Tonumfang des Soloinstruments, teilt ihm dabei ausdrucksvolle Kantilenen ebenso zu, wie fulminante Läufe und Verzierungen – die Nähe zur virtuosen Oper ist unüberhörbar, zumal gleich viele Elemente des ersten Satzes (Allegro) an eine Gesangsszene erinnern. Das von Celli und Kontrabässen unter pochenden Achteln der übrigen Streicher vorgestellte Hauptthema, eine Zerlegung des f-moll-Dreiklangs mit charakteristischer Punktierung und schmerzlichem Sekundvorhalt, wirkt schroff und streng. Die knappen Triller, die sich gleich darauf in den zweiten Violinen als vorantreibendes Element anfügen, scheinen gemeinsam mit der allgemein düsteren Stimmung beinahe die Wolfsschluchtszene aus dem «Freischütz» vorwegnehmen zu wollen. Nach der Tutti-Wiederholung des Hauptthemas wird die Bühne frei für die Solostimme: «Con duolo», mit Schmerz also, ergeht sie sich in einer innigen Melodie, die bald darauf mit den Motiven des Hauptthemas in Wechselrede tritt. Das setzt sich in der dramatischen Durchführung fort und erfährt noch eine Steigerung durch den Widerstreit von feuriger Brillanz mit ausdrucksvollem Singen, welchen die Klarinette zum Ausdruck bringt. Nach einer groß angelegten Wiederkehr des Hauptthemas findet der Satz, der übrigens ohne eine Solokadenz auskommt, überraschend früh sein sanft verdämmerndes Ende. Die Idylle des «Freischütz», noch dazu in der selben Tonart C-Dur, scheint auch der zweite Satz (Adagio, ma non troppo) zu atmen, in der über sanft wiegender Streicherbegleitung die Klarinette ein weiträumiges, edles Thema anstimmt. Doch auch hier erweist sich der selbstvergessene Frieden als trügerisch: Ein herber Mittelteil in c-moll mit erregten Figuren des Soloinstruments bricht herein – und wird doch rasch vom romantischen Zauberklang der drei Hörner vertrieben, die nach dem kurzen Sturm nun eine ruhevolle C-Dur-Kantilene strömen lassen, zu welcher die Klarinette als vierte im Bunde tritt. Damit ist der Weg frei in eine knappe Wiederkehr des idyllischen Anfangsthemas, wobei die Klarinette nun auch von den Hörnern begleitet wird. Ausgelassenen Humor verbreitet schließlich das Rondo-Finale (Allegretto) mit seinem kecken Hauptthema, das immer wieder eulenspiegelhaft grinsend um die Ecke lugt in diesem Satz voll zündender Virtuosität.

© NÖ Tonkünstler Betriebsges.m.b.H. | Markus Hennerfeind

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