Wolfgang Amadeus Mozart

Konzert für Klavier und Orchester C-Dur KV 467

Sätze

  • Allegro maestoso

  • Andante

  • Allegro vivace assai

Dauer

30 Min.

Wohin Mozart mit seinen Klavierkonzerten gefunden hat, ist eindeutig: zu einer vollkommen neuen Form des Konzertierens in einem tragfähigen Konzept, das von Komponisten bis ins 20. Jahrhundert in seinen Grundzügen beibehalten werden konnte.

Das Woher hingegen ist rätselhaft. Es gibt kein Vorbild für diesen Konzerttypus, keine wirklichen Vorprägungen, keine Entwicklungslinien, die dahin verlaufen. Zwar hat es Cembalo- und Klavierkonzerte auch schon vor Mozart gegeben, man denke nur an Johann Sebastian Bachs stark am italienischen Stil orientierte Sammlung und an die galanten Beiträge Johann Christian Bachs zur Gattung. Doch Mozart lieferte von seinen ersten Klavierkonzerten an vollkommen ausgereift einen Prototyp: Das Soloinstrument erhält ein riesiges Sortiment an bis dahin ungekannten Äußerungsformen von speziellen Trillern bis zu dramatischen und einfühlsamen Floskeln, das Orchester ist nicht mehr nur thematischer Aufbereiter und stützender Begleiter, sondern gleichwertiger Dialogpartner, sei es in farbenfrohen Tuttipassagen oder in vielfältigen solistischen Aufgaben besonders der Holzbläser, die sich mit dem Klavier vermischen oder Frage- und Antwortsituationen durchlaufen, und schließlich prägte Mozart die Gestalt der konzertierenden Sonatenform mit Expositionen des Orchesters und des Soloinstruments und mit deutlichem Themendualismus.

In keiner anderen Gattung äußerte sich Mozart zudem so privat, intim, emotional und unmittelbar wie in den Klavierkonzerten. Er schien in ihnen sein Verhältnis zur Umwelt auszuleben, Gefühlsangelegenheiten zu klären, erörterte aber auch geistige Fragen.

Im Konzert C-Dur KV 467 taucht bei Mozart, der das Werk 1785 in Wien komponierte, gleich am Beginn des ersten Satzes aus der Ferne eine Erinnerung an seine Salzburger Zeit an: Ein Marschthema, wie aus einer Einleitung zu einer der vielen Serenaden, mit denen Mozart in der Salzburger Bevölkerung für so viel musikalische Stimmung gesorgt hatte. Plötzlich ist er ganz zurückgekehrt in die Heimat, das Marschthema erklingt in vollem Ornat und großer Lautstärke. Aber es ist auch bald verknüpft mit einem neuen Gedanken, einer nach oben strebenden Gegenmelodie von großer Ausdrucksstärke – eine Polyphonie der Gefühle und (musikalischen) Gedanken. Auch das folgende Seitenthema wird von Fanfaren eingeleitet, prunkvoll gespielt von Hörnern und Trompeten, danach in die Ferne geleitet von zart spielenden Holzbläsern.

Denn jetzt kommt die individuelle Kraft ins Spiel, das Soloklavier, das sich mit einem innigen, eigenen Thema in die Umwelt des Orchesters einführt. Die Erinnerung an die Jugendzeit in Salzburg rückt in den Hintergrund, das Klavier setzt dem Marschtonfall eine Fülle von melodischen Gedanken entgegen, in denen die Gefühle nur so durcheinanderpurzeln: Glück, Sehnucht, ja in einer Wendung, die schon den Beginn der berühmten g-moll-Symphonie vorwegnimmt, sogar Schmerz. Von der strahlenden Grundtonart C-Dur driftet Mozart in entlegene Bereiche, zum Teil in nachdenklichem Moll, ab. Doch dann kehrt sie wieder, die Salzburger Erinnerung: Die Serenadenmusiker marschieren wieder auf, die Sterne am nächtlichen Himmel und das flackernde Licht der Fackeln vermischen sich zu hellen Klängen. Jetzt spielt sogar das Klavier selber das Marschthema.

Im Mittelsatz kommt überhaupt Notturno-Stimmung auf: Über gezupften Bässen stimmen die Geigen eine süße, zarte Melodie an, deren leiser verführerischer Kraft auch die Holzbläser nicht widerstehen können und in die schließlich auch das Klavier einstimmt. Das ist aber keine Erinnerung an Vergangenes mehr, sondern eine wunderbare Vision vom nächtlichen Zauber, der den Alltag entschweben lässt und der in eine romantische Stimmung versetzt. Mozart macht hier, wie so oft, keinen Unterschied zwischen konzertanter und opernhafter Musik: Die Arie, die in diesem Satz von den Instrumenten gesungen wird, nimmt schon die Stimmung vorweg, die Mozart einige Monate später im nächtlichen vierten Akt der Oper «Die Hochzeit des Figaro» ausbreitete und dabei komplizierte Liebesangelegenheiten beinahe ins Elfenhafte auflöste.

Aus dieser idyllischen Welt gelangt Mozart im abschließenden Rondo mit einem espritgeladenen Motiv leichtfüßig in ein brillantes und spielerisches Treiben. Auch in diesem Finalsatz muss man an die Opernbühne denken, aber nun sind es schnelle Bewegungen und rasch wechselnde Gesten von Figuren, die eine bunte Komödie entfachen: Überraschend halten sie plötzlich inne, setzen ihr Spiel umso temperamentvoller fort und reichen sich zu kontrapunktisch eng verflochtenen Ritornellen die Hände. Ariose Bläserstimmen regen das Soloklavier zu erregten und virtuos geführten Dialogen an – das Leben ist ein immerwährender Austausch von Gedanken und Gefühlen    zwischen den Wesen. Jedes Individuum tanzt seinen Tanz – und ein Kehraus bedeutet ja noch lange nicht das Ende, sondern löst neue Energien der Heiterkeit aus.

Auch das Konzert C-Dur KV 467 schrieb Mozart für eine seiner zahlreichen Akademien, in denen er dem Wiener Publikum seine Werke vorführte und sich selbst als Pianist in seinen Klavierkonzerten präsentierte. Er spielte das C-Dur-Werk am 10. März 1785 im k.u.k. National-Hof-Theater zu Wien. Mozart wurde meist sehr spät mit den Werken für seine Akademien fertig, einiges im Klaviersatz, den er ja ad hoc spielte, ist daher in diesem C-Dur-Konzert nicht voll ausgeschrieben, sondern skizzenhaft geblieben. Da wird jeder Pianist, der das Werk spielt, zum interpretierenden und schöpferischen Künstler zugleich.

© Rainer Lepuschitz | Tonkünstler

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