Manuel de Falla

«Noches en los jardines de España» | «Nächte in spanischen Gärten» Symphonische Impressionen für Klavier und Orchester

Sätze

  • Im Garten Generalife

  • Entfernter Tanz

  • In den Gärten der Sierra Córdoba

Dauer

25 Min.

Entstehung

1915

Manuel de Falla hatte in seiner Heimatstadt Cádiz ein prägendes musikalisches Erlebnis, das einen Bogen zur Wiener Klassik schlägt. Er hörte Joseph Haydns 1786 für die Kirche Santa Cueva in der südspanischen Hafenstadt als Auftragswerk für den Karfreitagsgottesdienst komponierte instrumentale Meditation über «Die Sieben Letzten Worte des Erlösers», die seit ihrer Uraufführung eine ritualische Aufführungstradition an ihrem Bestimmungsort hat. Nach der Übersiedlung mit den Eltern nach Madrid studierte Manuel de Falla dort am Konservatorium und schien zunächst eine standesgemäße spanische Komponistenlaufbahn einzuschlagen: Er komponierte Zarzuelas, iberische Operetten. Dann aber wurde de Falla von seinem Mentor Felipe Pedrell angeregt, anspruchsvollere Kompositionen mit Bezügen zur ursprünglichen spanischen Musik zu schreiben. De Falla wandte sich zunächst neuerlich dem Musiktheater zu und komponierte die Oper «La vida breve», die aber erst nach seiner Rückkehr von einem mehrjährigen Paris-Aufenthalt durch Aufführungsserien in Spanien populär wurde.

In den Jahren in Paris fand de Falla Anschluss an die bestimmenden französischen Komponisten und ihre stilistischen und technischen Neuerungen. Der Spanier schaffte es, die damals vorherrschenden musikalischen Strömungen mit seinen eigenen Intentionen zu verschmelzen. So erinnern seine Werke teilweise durchaus an den Impressionismus Ravels, an Debussys Klangfeinsinn und an den Neoklassizismus und die Bitonalität Strawinskis, aber dominierend ist immer ein ganz eigenständiger, vom Puls spanischer Tänze und von iberischen Stimmungen erfüllter Tonfall. Dabei gab sich Manuel de Falla keineswegs mit der Übertragung spanischer Folklorismen in die Kunstmusik zufrieden, vielmehr machte er Tanzrhythmen in Abwandlungen und typische melodische Wendungen zum kompositorischen Material, auf dem er aufbaute.

Das Heimweh nach Spanien, genauer gesagt, nach Andalusien, löste in Paris die Komposition von Nocturnes für Soloklavier aus, die de Falla dann zu symphonischen Impressionen für Klavier und Orchester mit dem Titel «Noches en los jardines de España» («Nächte in spanischen Gärten») ausweitete. «Ich war so fern von Spanien, dass ich die Nächte vielleicht noch schöner malte, als sie in Wirklichkeit sind – das liegt an Paris», erinnerte sich de Falla später im argentinischen Exil von Córdoba an die Entstehungszeit der «Impressionen», seinem ersten großen Instrumentalwerk, dem wenig später die Ballette «El amor brujo» («Der Liebeszauber») und «El sombrero de tres picos» («Der Dreispitz») folgten. Für eine Londoner Produktion von «Der Dreispitz» arbeitete de Falla 1919 mit damals führenden Künstlern wie Pablo Picasso, der das Bühnenbild entwarf, dem Ballett-Impresario Serge Diaghilew und dem Dirigenten Ernest Ansermet zusammen. De Falla galt nun als einer der herausragenden zeitgenössischen Komponisten.

Beeindruckend für Kenner der spanischen Musiktradition muss beim Hören der «Nächte in spanischen Gärten» sein, wie stark Manuel de Falla im Cante Jondo und Flamenco verwurzelt war. Er lebte mehrere Jahre in Granada und organisierte dort 1921 gemeinsam mit dem Dichter Federico García Lorca den ersten Cante Jondo-Wettbewerb. Aus der Kraft und dem Geist dieser Musik sind fast alle Themen und Motive der «Impressionen» gewonnen, die kein Klavierkonzert im herkömmlichen Sinn darstellen, sondern in denen das Klavier in dominierender Rolle in den Orchesterklang integriert ist.

Mit den eröffnenden Akkorden löst de Falla im ersten Satz «Im Garten Generalife», der in die Sommerresidenz der maurischen Könige Granadas oberhalb der Alhambra führt, eine flimmernde Stimmung aus – noch ist die drückende Hitze des Tages nicht ganz verloschen. In den Variationen über ein arabisches Thema, für das die kleinen Intervallschritte typisch sind, lösen heftigere Klavier-Figurationen dann die ersten funkelnden Impressionen der Nacht aus. In den später wirbelnden Klavierakkorden kann man auch das Spiel einer Gitarre hören. Zwischendurch kehrt die drückende Stimmung vom Anfang wieder und geht mit Streicher-Tremoli in eine geheimnisvolle Spannung über, doch mehrmals noch rauscht die Nacht in sinnenbetörenden Düften, schwärmerischen Melodien und festlichen Hymnen auf.

Den zweiten Satz, «Entfernter Tanz», eröffnen flirrende Streicherpassagen und dunkle Flötengesänge, die einen fantastischen Tanz auslösen. Flamencotänzer erkennen darin eine Malagueña. Sie wechselt mit einem einfacheren, leisen, motorischen Cante-Jondo-Thema ab. Nach einem Blick in die unendliche Dunkelheit der Nacht werden die Tanzschritte immer heftiger, die Musik dreht sich ohne Unterbrechung in die «In den Gärten der Sierra de Cordoba». In dem nächtlichen Fest brilliert das Klavier mit einem Fandango, der direkt in das Stampfen der Zapateadotänzer übergeht. Nach einem wehmütigen Zwischengesang blitzt noch einmal der Fandango auf und schwillt die Nacht an, ehe die Stille alles zudeckt und das Horn des Nachtwächters erklingt.

© NÖ Tonkünstler Betriebsges.m.b.H. | Rainer Lepuschitz

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