Erich Wolfgang Korngold

«Straussiana» für Orchester

Dauer

6 Min.

Erich Wolfgang Korngold hatte immer ein besonderes Naheverhältnis zur Musik von Johann Strauß Sohn; seine Frau und lebenslange Gefährtin Luzi Korngold (1900–1962) nannte ihn gar einen «fanatischen Straußianer». Hubert Marischka, der Wiener Operettentenor und Direktor des Theaters an der Wien, bot Korngold 1923 an, Strauß’ Operette «Eine Nacht in Venedig» zu bearbeiten und zu dirigieren. Für Korngold war das ein «Riesenspaß», doch musste er sich damals deswegen offenbar auch rechtfertigen, denn er meinte, es wäre ganz und gar «keine Schande, sich für Johann Strauß einzusetzen» (Luzi Korngold). So entstand die erste seiner bald berühmten Strauß-Bearbeitungen, es folgten unter anderem neue Arrangements von «Cagliostro in Wien» (1927) und «Die Fledermaus» (1929). Korngold wurde zum Strauß-Experten. Heute, in einer Zeit von Urtextausgaben und authentischer Aufführungspraxis, sind seine «Eingriffe» in die Stücke eines anderen Komponisten kaum denkbar, damals jedoch bedeuteten sie für das Werk von Johann Strauß quasi eine «Lebensrettung». Korngold arrangierte aber ebenso die Werke anderer Komponisten neu, so etwa Franz Schuberts «Kindermarsch« (1917), Jacques Offenbachs «Die Schöne Helena» (1931), Leo Falls «Die geschiedene Frau» (1933), einen Tanz aus Felix Mendelssohn-Bartholdys «Sommernachtstraum» oder auch das «Urlicht» aus Gustav Mahlers «Zweiter Symphonie» aus Anlass von Max Reinhardts 70. Geburtstag (1943).

Auch in Hollywood verfasste Korngold 1942 mit der «Rosalinda» noch einmal eine Bearbeitung der «Fledermaus» von Strauß. Und schließlich sollte auch sein letztes Werk eine Hommage an den Wiener Komponisten werden: Korngold erhielt von einem amerikanischen Verleger den Auftrag, zwei Werke für kleines Orchester zu schreiben, die auch von Schüler- und Studentenorchestern gespielt werden konnten. Daraufhin entstanden «Thema und Variationen» op. 42, sein letztes gedrucktes Werk über ein eigenes Motiv, und «Straussiana», das ohne Opuszahl veröffentlicht wurde. Uraufgeführt wurde das Werk am 22. November 1953 im kalifornischen Inglewood. Hier verwendete Korngold drei weniger bekannte Stücke des von ihm so hoch geschätzten Komponisten: die Pizzicato-Polka «Fürstin Ninetta», die «Bitteschön-Polka» aus «Cagliostro in Wien» und einen Walzer aus «Ritter Pazman». Wieder einmal stellte Korngold damit unter Beweis, dass er ein gutes Gespür für Strauß’sche Musik besaß. Die Schlichtheit der «Straussiana» zeugt außerdem von seiner Sympathie für junge Musiker, für die das Stück ja gedacht war. Trotz der damit notwendigen Verein­fa­chung der instrumentalen Möglichkeiten gelang Korngold mit diesem Orchesterwerk eine glänzend klingende Bearbeitung von unbekannteren Strauß-Melodien.

© NÖ Tonkünstler Betriebsgesellschaft m.b.H. | Eva Maria Hois

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