Leos Janácek

Suite aus der Oper «Jenufa» (Bearbeitung: Manfred Honeck und Tomas Ille)

Dauer

22 Min.

Entstehung

1894-1903/1915/2013

Lange Zeit wurde der Name Leoš Janácek vorwiegend mit nur einem Werk verbunden: mit der Oper «Jenufa», die seinen Ruhm begründete. Das hat sich geändert, und man begegnet im Konzert- und Opernleben nun doch einer ganzen Reihe von Werken dieses sehr eigenständigen Vertreters tschechischer Musik im 20. Jahrhundert, etwa den Opern «Katja Kabanowa» und «Das schlaue Füchslein», der wirkungsvollen «Sinfonietta» und der «Glagolitischen Messe». Was ist das Charakteristische in der Tonsprache Janáceks? Er ist «modern», aber nicht in einem doktrinären Sinne; seine Musik ruht auf tonalem Fundament, weitet dieses aber im Sinne dramatischer Expressivität stark aus, und immer bleibt die spezifische «Färbung» durch das heimatliche Idiom spürbar.

In «Jenufa» steht ein Dorfmädchen im Mittelpunkt eines Geschehens, das von Tragik und gesellschaftlichen Zwängen bestimmt ist: Jenufa, die als Ziehtochter der Küsterin des Ortes aufwächst, erwartet ein Kind von ihrem Geliebten Števa; dieser weigert sich jedoch, sie zu heiraten. An seine Stelle tritt sein Stiefbruder Laca und erklärt der Küsterin seine Liebe zu Jenufa. Um dieser die Heirat zu ermöglichen, tötet die Küsterin das Kind, das Jenu°fa heimlich zur Welt gebracht hat – während der Hochzeit wird die Tat offenbar, und vor der Dorfgemeinschaft bekennt die Küsterin sich schuldig. Jenu°fa verzeiht ihr und verbindet sich mit Laca, dessen Liebe über alle Tragik siegt. Die Oper, die mit ihrem tragisch-realistischen Sujet durchaus dem zeitüblichen «Verismo» entspricht, wird am 21. Jänner 1904 im Tschechischen Nationaltheater in Brünn uraufgeführt; ihre Breitenwirkung beginnt jedoch erst mit der Prager Aufführung am 26. Mai 1916, der 1918 die deutschsprachige Erstaufführung
an der Wiener Hofoper mit Maria Jeritza in der Titelpartie folgt – nun ist der Weg auf die Bühnen der Welt frei.

Die Musik zu «Jenufa» führt uns eine Welt der Gegensätze vor Augen: Hier die Not, das Leid und die Hoffnungen Jenufas, dort das ausgelassene Treiben der «Außenwelt», eindrucksvoll verkörpert in Tänzen, die die Atmosphäre eines mährischen Dorfes erlebbar machen. Um diese Musik auch konzertant erklingen zu lassen, wurden charakteristische Teile zu Orchestersuiten zusammengefasst – nicht vom Komponisten selbst, sondern von Dirigenten der Folgezeit. Die hier präsentierte Suite basiert auf einer Konzeption von Manfred Honeck und wurde vom tschechischen Komponisten TomᚠIlle arrangiert. Sie schildert in abwechslungsreichen Bildern das tragische Schicksal Jenufas, beginnend mit dem gleichförmigen Tönen der Mühle, in der das Mädchen aufwächst – nur die vagierenden Harmonien verraten
uns, dass nicht alles «in Ordnung» ist. Dieser verinnerlichten Gefühlswelt stehen wilde, ausgelassene Tanzszenen gegenüber: Števa, der Kindesvater, feiert mit Freunden, weil es ihm gelungen ist, der Einberufung zum Militär zu entgehen. Mehrmals treffen diese musikalischen Gegensatzpaare aufeinander, verbunden durch ein Ostinato-Thema im Xylophon, das bereits am Beginn erscheint und die gesamte Suite gleich einem Leitmotiv durchzieht. Zwei markante Szenen bilden den Abschluss: eine Sturmszene, symbolisch für den gewaltsamen Tod von Jenufas Kindstehend, gefolgt von einem versöhnlichen Ausklang. Die Instrumentierung entspricht weitgehend der Originalversion Janáceks, womit all jenen, die «Jenufa» nicht kennen, ein authentischer Blick in die farbenreiche musikalische Welt dieser Oper gewährt wird.

© Niederösterreichische Tonkünstler Betriebsgesellschaft m.b.H. | Thomas Leibnitz

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