Johannes Brahms

Symphonie Nr. 3 F-Dur op. 90

Sätze

  • Allegro con brio

  • Andante

  • Poco Allegretto

  • Allegro

Dauer

36 Min.

Entstehung

1883

Johannes Brahms war ein klarer Gegner der Neudeutschen Schule und bekundete dies, gemeinsam mit seinem Freund, dem Geiger Joseph Joachim und zwei anderen Komponisten, auch in einer Erklärung, die 1860 in der Berliner Zeitschrift «Echo» veröffentlicht wurde. Darin hielten sie fest, dass sie «die Produkte der Führer und Schüler der so genannten Neudeutschen Schule … als dem innersten Wesen der Musik zuwider, nur beklagen oder verdammen» könnten. Eine eindeutige Absage an die Neuerer, anhand derer man Brahms leicht zum Rückständigen abstempeln könnte. Doch dies würde ihm in keiner Weise gerecht werden, denn sein Weg war ein anderer: Im Gegensatz zu den meisten anderen Komponisten reifte er nicht durch Versuche in verschiedenen Stilen oder Gattungen; vielmehr hatte er schon früh zu seinem persönlichen Stil gefunden, den er in der Folge nur noch festigte und vertiefte.

Erinnern wir uns: Bereits 1853 war er, gerade 20 Jahre alt, zu Robert und Clara Schumann gekommen, um sich ihnen vorzustellen, mit einer Handvoll Klavierkompositionen im Gepäck – und hatte das Ehepaar auf Anhieb für sich eingenommen. Und es waren gerade die Klaviersonaten, die Robert begeisterten: er nannte sie «verschleierte Symphonien». Tatsächlich komponierte Brahms dort bereits symphonisch, in einem bald vollgriffig-orchestralen, bald klanglich subtilen Klaviersatz. Wenige Jahre später folgte das erste der beiden Klavierkonzerte – und hier ergänzte er das Klavier durch das Orchester und verschmolz beide miteinander zu einem Symphoniekonzert großen Ausmaßes, das selbst den Symphoniker par excellence Bruckner zu Begeisterung hinriss. Doch immer noch sollten Jahre vergehen, bis Brahms sich dann wirklich der Symphonie zuwandte – das erste Werk dieser Gattung war 1876 vollendet worden (obwohl die ersten Skizzen in das Jahr 1862 zurückreichen). Brahms hatte also nie seine Bahnen verlassen, sondern sie vervollkommnet und reifen lassen – und dies ist auch in der Abfolge seiner Symphonien erkennbar.

Nachdem Brahms seine ersten beiden Symphonien komponiert hatte, pausierte er zunächst auf diesem Gebiet, um sich anderen Werken zu widmen: so entstanden etwa, neben etlichen Klavierwerken und Liedern, das Violinkonzert und das 2. Klavierkonzert sowie die Akademische Festouverture und die Tragische Ouverture. Im Sommer 1883, dreißig Jahre nach seinem sensationellen Auftritt bei den Schumanns, vollendete er in Wiesbaden, wohin er sich zur Erholung zurückgezogen hatte, die 3. Symphonie; zurückgekehrt nach Wien, präsentierte er sie seinen Freunden in einer Fassung für zwei Klaviere – eine für ihn gängige Praxis: so konnte er das gesamte Werkkonzept noch einmal beurteilen lassen. Bald darauf begannen aber auch schon die Vorbereitungen für die Uraufführung, noch aus dem Manuskript heraus, die dann am 2. Dezember im Rahmen eines philharmonischen Konzertes unter Hans Richter im Wiener Musikverein stattfand. Es sollte ein großartiger Erfolg werden – und es scheint, als ob ausgerechnet die Brahms-Gegner ungewollt die Begeisterung des Publikums anheizten … eine Fangruppe der Neudeutschen Schule, angeführt von Hugo Wolf (!), enthüllte nämlich ein Transparent im Saal und meldete sich mit Buhrufen und Zischen; doch das Publikum antwortete auf diese Provokation mit Beifallsstürmen, die sämtliche Unmutsäußerungen übertönten. Und auch die anschließenden Wiederholungen in Deutschland und Amsterdam ließen an Erfolg nichts zu wünschen übrig. In Druck ging die Symphonie dann 1884.

Wenngleich Brahms auch in dieser Komposition ganz dem klassischen Symphonieschema folgt, ist doch gegenüber den ersten beiden Symphonien ein Unterschied zu bemerken: Der Komponist löste sich zunehmend von seinem klassizistischen Vorbild Beethoven und ließ damit seinem persönlichen Stil freieren Lauf. Und dieser heißt: dichter konzipierte Abschnitte, stärker ausgearbeitete Kontraste in Klangfarben, Instrumentation, Tonartenspiel und Metrik, größere zyklische Geschlossenheit des Werkes durch ein Kernmotiv, das den ersten Satz einleitet und sich durch alle vier Sätze zieht.

Der Kontrastreichtum spiegelt sich schon im ersten Satz wider, genauer: in seinen zwei gegensätzlichen Themen, dem heroisch-kraftvollen ersten, eingeleitet von dem Kernmotiv in wuchtigen Bläserakkorden, und dem lyrisch-versonnenen Seitenthema. Während die kurze Durchführung sich mehr dem zweiten Gedanken und dem Kernmotiv widmet, verarbeitet die Koda das Hauptthema.

Wunderschön gestaltet sich der zweite Satz – geprägt von einer an ein Volkslied gemahnenden schlichten Melodie und einer unglaublichen, klanglich fast schon kammermusikalisch zu nennenden Transparenz. Eine überzeugende Leistung des Lyrikers Brahms!

Entgegen aller Vermutung bricht kein wildes Scherzo mit der vom Andante erzeugten Atmosphäre: der dritte Satz umfasst ein elegisches Hauptthema und einen atmosphärisch aufgehellten tänzerischen Mittelteil in der parallelen Durtonart.

Der Schlusssatz, in Sonatenhauptsatzform, knüpft in seiner Dramatik wieder an den Beginn an, wobei er die Stimmungskontraste, aber auch motivische Anklänge aller Themen einbezieht: Nach einem düsteren Unisono-Beginn bricht das Orchester in voller Kraft aus, und erst nach Durchführung und Reprise ebbt das Geschehen ab und lässt das Werk in innerer Ruhe ausklingen.

© NÖ Tonkünstler Betriebsges.m.b.H. | Astrid Schramek

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