Richard Strauss

Symphonische Fantasie aus der Oper «Die Frau ohne Schatten» op. 65a

Dauer

22 Min.

Es waren alles andere als günstige äußere Umstände, die der Uraufführung von Richard Strauss’ Oper «Die Frau ohne Schatten» vorangingen: Am 11. November 1918 hatte Kaiser Karl I. die Thronverzichtserklärung unterzeichnet, tags darauf war die Ausrufung der Republik erfolgt. Am 15. November 1918 hatte die sich laut «Neue Freie Presse» schon «im Zustande der Liquidation» befindliche Generalintendanz der k. k. Hoftheater den Dirigenten Franz Schalk zum Direktor der nunmehrigen Oper ernannt, deren Schicksal ungewiss war. Sie zählte zum hofärarischen Vermögen, also zum Besitz des Kaiserhauses, und ging erst im April 1919 in das Eigentum der Republik über. Die Leitung wurde in eine Doppeldirektion – von Franz Schalk und Richard Strauss – umgewandelt, die sich nach der Beilegung von internen Turbulenzen einem großen Projekt zuwandte.

Die seit 1903 bestehende kongeniale Zusammenarbeit zwischen Strauss und Hugo von Hofmannsthal hatte zu überwältigenden Erfolgen geführt – mit «Elektra», «Der Rosenkavalier», «Ariadne auf Naxos» und der Ballett-Pantomime «Josephs Legende», zu denen später noch «Die ägyptische Helena» und «Arabella» kommen sollten. Zwei Monate nach der «Rosenkavalier»-Premiere stellte Hofmannsthal dem Komponisten die Idee zu einem «phantastischen Schauspiel» vor, «ein Zaubermärchen, worin zwei Männer und zwei Frauen einander gegenüberstehen».

Noch im März 1911 vereinbarten Strauss und Hofmannsthal die Arbeit an diesem Werk, das den Titel «Die Frau ohne Schatten» tragen sollte und deren Protagonisten, in Anlehnung an Wolfgang Amadeus Mozarts «Zauberflöte», zwei kinderlose Paare aus der Geister- und der Menschenwelt waren. In der Folge schrieb Strauss eine der farbigsten Partituren der Opernliteratur: «Im Jahre 1913 […] brachte mir Hofmannsthal das Buch, dessen große ethische Idee mich sofort gefangennahm. Den ganzen folgenden Winter beschäftigte mich die poetische Dichtung und ich konnte es kaum erwarten, an die Arbeit zu gehen. […] Ich war bei der Komposition sehr angeregt und glaube, auch den richtigen Stil gefunden zu haben: eine Verbindung der Elektra mit der Ariadne.» Er arbeitete «mit großer Lust und Hingabe an dieser meiner Oper, die also im Jahre 1917 vollendet war. Ich ließ ihre Aufführung nicht zu, weil mir die Kriegsstimmung nicht günstig schien […]. ‹Die Frau ohne Schatten› ist meine erste romantische Oper, sie sprießt aus dem Boden des Märchens, verlangt ein ruhiges Genießen, Friedensstimmung», berichtete der Komponist in einem Interview der Wiener Monatszeitschrift «Moderne Welt».

Am 10. Oktober 1919 kam es zur umjubelten Uraufführung. «Die Schwierigkeiten, die das neue Werk […] stellt, sind ungeheuer, oft überhaupt nicht zu besiegen. Dass die Wiener Oper sie beinahe alle ganz besiegte, mag mehr zu ihrem Lobe sprechen als anerkennende Worte. […] Der Erfolg der neuen Oper bedeutet natürlich Sensation, Jubel für Strauss. Auch darin ist Strauss Strauss geblieben; eine Art Rattenfänger des modernen Opernpublikums, das ihm unwillig folgt, aber doch folgt», konstatierte die Musikzeitschrift «Signale für die Musikalische Welt». Strauss dankte dem Opernorchester in einem Schreiben in der «Neuen Freie Presse»: «Die Vereinigung von höchster Virtuosität mit größter Klangschönheit hat meinen kühnsten Komponistenwünschen eine glückliche Erfüllung gebracht, und ich kann nur auf das herzlichste danken für die Aufopferung, mit der Sie meinem Werke gedient, und die schöne Erfüllung, die Sie meinen künstlerischen Hoffnungen gegeben haben.»

Da die Zahl der Aufführungen dieser anspruchsvollen Oper abnahm, erstellte Strauss, «der als ein beinahe schon mythischer Vollender der Musik des neunzehnten Jahrhunderts riesengroß in unsere Gegenwart hineinragt» (Wiener Kurier), eine Orchesterfantasie, die anhand der wichtigsten Themen die unüberbietbare Instrumentationskunst des Meisters demonstriert und dem Orchester Gelegenheit zur Entfaltung höchster Klangpracht bietet. Am 26. Juni 1947 wurde die Manfred Mautner Markhof gewidmete «Symphonische Phantasie aus ‹Die Frau ohne Schatten›» im Konzerthaus von den Wiener Symphonikern unter der Leitung von Karl Böhm uraufgeführt.

© Niederösterreichische Tonkünstler Betriebsgesellschaft m.b.H. | Clemens Hellsberg

Mein Besuch

0 Einträge Eintrag

Voraussichtliche Besuchszeit

Liste senden