Sergej Rachmaninow

Symphonische Tänze op. 45

Sätze

  • Non allegro

  • Andante con moto (Tempo di valse)

  • Lento assai - Allegro vivace

Dauer

35 Min.

Entstehung

1940

Sergej Rachmaninow, der gefeierte Pianist und populäre Komponist von Klaviermusik, beschloss sein kompositorisches Schaffen mit zwei reinen Orchesterstücken: der Symphonie Nr. 3 a-moll op. 44 und den Symphonischen Tänzen op. 45. In beiden Werken fällt in der Klanggebung eine Neuorientierung hin zu schärferen Kontrasten und in der thematischen Gestaltung hin zu knapperen Formulierungen auf. Das Klavier kommt nur noch als Orchesterinstrument im Kopfsatz der Tänze vor, in deren Instrumentierung besondere Farbtupfer wie das Glockenspiel und ein Saxophon eingesprenkelt sind.

Die ungewöhnliche Verbindung von symphonischer und tänzerischer Musik hat ihren Grund in der Motivation zu der Komposition. Die «Paganini-Rhapsodie», vor den beiden letzten symphonischen Werken als Konzertstück für Klavier und Orchester entstanden, fand einen ungewöhnlichen Interpreten. Michail Fokin, der große russische Choreograf, der schon Strawinskis frühe Meisterwerke «Der Feuervogel» und «Petruschka» auf die Bühne gebracht hatte, sah sich von Rachmaninows Rhapsodie zu einer Choreografie angeregt, die 1939 am Londoner Covent Garden gezeigt wurde.

Die fruchtbare Zusammenarbeit mit Fokin löste einen Schaffensschub bei Rachmaninow aus, und er konzipierte in Hinblick auf eine weitere Tanzproduktion drei «Fantastische Tänze» mit den Titeln «Mittag – Dämmerung – Mitternacht», die aber dann keine Umsetzung durch Fokin fanden. Rachmaninow veröffentlichte das Werk als Symphonische Tänze und widmete sie seinem Dirigentenfreund Eugene Ormandy und dessen Philadelphia Orchestra, die das Werk am 3. Jänner 1941 zur Uraufführung brachten.  Zwar ist der Mittelsatz (Andante con moto) im Tempo eines Walzers gehalten, aber Rachmaninow komponierte nicht explizit eine Abfolge von Tänzen, sondern er charakterisierte das Moment des Tänzerischen an und für sich und betonte rhythmisch-tänzerische Impulse. Das erbrachte eine gestenreiche und ausdrucksstarke Orchestermusik mit Marschanklängen im 1. Satz, dem walzerhaften Mittelsatz im 6/8-Takt und einem Finale in derselben Taktart, das sich zu einer Art Danse macabre steigert.

Intuitiv ließ Rachmaninow, der Ende März 1943 einem kurz zuvor diagnostizierten Krebsleiden erlag, in die Symphonischen Tänze, die sein Schwanengesang werden sollten, Motive des Abschieds und der Reminiszenz einfließen. Am Ende des dreiteiligen Kopfsatzes (A-B-A, Non allegro) spielen die Streicher als zarten Hymnus das Hauptthema aus der 1. Symphonie des Komponisten, gebettet auf glitzernde Arpeggien von Glockenspiel, Klavier und Harfe. Eine sentimentale Erinnerung an die symphonischen Anfänge vier Jahrzehnte zuvor.

Im dritten Satz (Lento assai – Allegro vivace) taucht die gregorianische «Dies irae»-Sequenz, also das Thema des Jüngsten Tages, auf. Allerdings sind Tonschritte aus diesem Motiv in vielen der sequenzhaften Themen Rachmaninows enthalten, so auch im zitierten Hauptthema der 1. Symphonie und im dynamischen Allegro des Finales der Symphonischen Tänze. Daraus wächst dann das «Dies irae» glanzvoll in den Blechbläsern heraus und geht am Ende in das von Glocken eingeläutete «Allelujah» aus der russisch-orthodoxen Kirchenmusik über. Auch dies ist ein Nachklang: Das «Allelujah» hat Rachmaninow 1915 in seine Choralvesper «Nacht-Vigilie» einkomponiert.

© NÖ Tonkünstler Betriebsges.m.b.H. | Rainer Lepuschitz

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