Richard Strauss

«Wiegenlied» für Gesang und Orchester op. 41/1

Dauer

5 Min.

Entstehung

1899

Richard Strauss komponierte den größten Teil seines umfangreichen Liedschaffens als junger Mann – noch bevor er mit «Salome» (1904) seinen persönlichen Musiktheaterstil und in Hugo von Hofmannsthal («Elektra», 1908) dann auch jenen Dichter-Librettisten gefunden hatte, der seinen Vorstellungen, kreative Auseinandersetzungen einmal dahingestellt, in idealer Weise entsprach. Dennoch begleitete ihn das Lied ein Leben lang, sogar noch über die einzig-artig wehmütigen «Vier letzten Lieder» (1948) hinaus: Das Lied «Malven» auf einen Text von Betty Wehrli-Knobel, das erst 1982 im Nachlass von Maria Jeritza entdeckt wurde, sollte seine letzte vollendete Komposition bleiben. Und ein so eminenter Strauss-Kenner wie Dietrich Fischer-Dieskau äußerte sogar einmal die Ansicht, dass gerade aus dem Liedschaffen «ein Bild der Persönlichkeit ihres Schöpfers zu gewinnen» sei: «Der Komponist verwirklicht sich dort auf eine intime, ja decouvrierende Weise, die uns mehr über ihn selbst erfahren läßt, als das auf der Bühne oder im Symphoniekonzert der Fall ist. Universale Bildung läßt sich ebenso herauslesen wie die Sicherheit des Auftretens in den Salons jener Zeit. Der Bajuware kann sich genauso wenig verleugnen wie der Versender geradlinigen und lausbübischen Humors. Die Lust am Experiment kommt so häufig zum Ausdruck wie die Meisterschaft virtuosen Satzes, die sozusagen mit der linken Hand in der Hosentasche erreicht wird. Und schließlich kann auch ein Quantum an Lust am Gefallen bei diesem Musiker abstoßend oder sympathisch gefunden werden. Eine ganze Versammlung von Widersprüchen also, die sich in seiner Persönlichkeit zum Reichtum vereinen.»

Solch großen Reichtum versammelt jedenfalls auch Strauss’ Opus 27, das der Komponist 1894 seiner Braut zum Hochzeitstag zugeeignet hat und aus dem gleich mehrere Lieder zu den beliebtes­ten aus seiner Feder geworden sind: Die Sopranistin Pauline de Ahna (1863 – 1950) war eine geradezu berüchtigt resolute, kapriziöse Frau, mit der Strauss freilich eine lebenslang glückliche Ehe führte und deren inspirierendem Wesen er gleich mehrere musikalische Denkmäler setzte – ein rein instrumentales etwa im Violinsolo der ironisch-autobiographischen Tondichtung «Ein Heldenleben» (1898) sowie ein szenisches in der Gestalt der Kapellmeistergattin Christine Storch in seiner heiteren Oper «Intermezzo (1924), deren Libretto er selbst nach dem Vorbild eines häuslichen Zwists schrieb.

Das gilt auch für die weit gespannte, schwebende Ruhe des «Wiegenlieds» op. 41/1, in dem «eine innige, von zarten Arpeggien getragene Melodie» (Werner Oehlmann) die Zeit aufzuheben scheint. Der Text stammt von Richard Dehmel (1863 – 1920), einem der bedeutendsten Dichter an der Wende zum 20. Jahrhundert, von dessen Werken sich zahlreiche Komponisten inspirieren ließen, darunter Max Reger, Arnold Schönberg, Anton Webern oder Kurt Weill.

© Niederösterreichische Betriebsgesellschaft m.b.H. | Walter Weidringer

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